Caylebs Plan - 6
voneinander getrennt sind.«
»Deine Mutter und du seid nicht die Einzigen, die die räumliche Entfernung zwischen uns bedauern«, gab Cayleb sehr liebevoll zurück. »Ganz abgesehen von der Notwendigkeit, einen Thronerben zu haben.«
»Also, wann wirst du endlich in meiner Tür stehen, damit wir anfangen können, dieses kleine Problem zu lösen?«, fragte Sharleyan, und es entging Cayleb nicht, dass ihr Tonfall recht anzüglich klang.
»Schon bald, denke ich«, gab er deutlich ernster zurück. »Heute Abend treffe ich mich zum fünften Mal mit Tartarian und Anvil Rock. Es gibt noch einige Dinge, über die sie mit mir sprechen wollen. Aber ihnen ist ganz offenkundig klar, dass sie letztendlich keine andere Wahl haben, als brav zu unterschreiben. Sie werden unterschreiben, Sharleyan, und sobald das geschehen ist, werde ich General Chermyn hier unten als Interims-Vizekönig einsetzen, und die Kaiserin von Chans und ich werden zur Cherry Bay aufbrechen.«
»Gut!«
»Die einzige Frage, die mich jetzt noch beschäftigt, lautet: Wie wird man mich begrüßen, wenn ich eintreffe?«
»Falls du im Palast meinst, so glaube ich, dass es jedem Einzelnen hier gänzlich egal ist, ob du nun Hektor hast ermorden lassen oder nicht«, gab Sharleyan zurück. »Ach, ein paar Leute werden sich natürlich darum sorgen, und noch mehr werden angesichts dieser Vorstellung so tun, als wären sie furchtbar entsetzt. Aber die Wahrheit ist, dass jeder hier weiß, Hektor hätte dich und deinen Vater sofort umbringen lassen, wenn er geglaubt hätte, damit durchzukommen. Tatsächlich gehe ich davon aus, dass mindestens die Hälfte des Adels von Chisholm glaubt, er habe etwas mit Tirians Mordanschlag zu tun gehabt, was auch immer Nahrmahn - oder du - dazu sagt. Und die Möglichkeit, du könntest diesen Mord tatsächlich befohlen haben, kommt uns in mancherlei Hinsicht sogar richtig entgegen. Es würde mich nicht im Mindesten überraschen, wenn Merlins SNARCs uns meldeten, die Angehörigen des Adels, die sich noch am ehesten zusammen mit den Tempelgetreuen gegen uns verschwören könnten, würden ihre Positionen ... überdenken. Es schüchtert doch ungemein ein, wenn man davon ausgehen muss, man würde einfach aus dem Weg geräumt, falls man sich zu einem allzu großen Problem für dich auswachsen sollte.«
»Na wunderbar!« Sharleyan konnte sich sehr gut vorstellen, wie Cayleb dabei die Augen verdrehte. »Wer war noch dieser Politiker und Autor auf Terra, den Ihr letztlich erwähnt hattet, Merlin?«
»Machiavelli«, erwiderte Merlin. Seine Stimme klang noch klarer als Caylebs, und das, so wurde Sharleyan jetzt klar, lag daran, dass sie unmittelbar von Merlins eingebautem Kommunikator übertragen wurde.
»Genau den meine ich«, bestätigte Cayleb. »Ich denke, ich werde wohl selbst herausfinden müssen, ob er damit Recht hatte, ein Regent werde besser gefürchtet als geliebt.« Er seufzte. »Naja, Vater hat immer gesagt, es sei unerlässlich, dass die Feinde einen fürchteten. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob mir die Vorstellung zusagt, auch meine eigenen Untertanen könnten mich fürchten.«
»Ich glaube, da musst du dir nur Sorgen wegen des Adels machen«, beruhigte Sharleyan ihn. »Das gemeine Volk ist zwar noch eher bereit zu glauben, du hättest Hektor umbringen lassen, aber im Unterschied zum Adel hat man dort keine Probleme damit, wenn es wirklich so wäre. Die haben sogar Freudenfeuer entzündet, als die Nachricht von Hektors Tod hier eingetroffen ist - und zugleich brannten diese Feuer auch dir zu Ehren. Ich habe doch sicher gelegentlich erwähnt, dass Hektor hier in Chisholm nicht sonderlich beliebt war, oder?«
»Gelegentlich«, gestand Cayleb ein.
»Na bitte, da siehst du's!« Sharleyan zuckte mit den Schultern. »Die ›Vierer-Gruppe‹ wird das für ihre Propaganda gegen uns nutzen, keine Frage. Aber dagegen etwas unternehmen, können wir eh nicht! Es spielt dabei nicht einmal eine Rolle, ob die Kirche, also eigentlich Clyntahn, Auftraggeber für den Doppelmord war oder nicht. Ihre Propaganda gegen uns wird sich in beiden Fällen, da haben Nahrmahn und Merlin sicher Recht, gleich heftig ausnehmen. Allerdings dürfte bei der Mehrheit unserer Untertanen in Charis und Chisholm, aber besonders hier, dieser Propagandaangriff ins Leere laufen: Man scheint nämlich nicht nur Hektors Ermordung für eine gute Sache zu halten, sondern man sieht darin sogar eine angemessene Rache an Halcom, weil er mich ermorden lassen
Weitere Kostenlose Bücher