Caylebs Plan - 6
Idioten doch eine hinreichend deutliche Warnung gewesen sein. Euer Volk nämlich hat nicht vergessen, was Eurem Vater widerfahren ist, wisst Ihr!«
»Ich ebenfalls nicht«, gab Sharleyan düster zurück.
»Nein, natürlich nicht«, sagte Alahnah, und auch ihr Blick war nun hart wie Stein. »Ich freue mich regelrecht darauf, Hektor Daykyn unsere Schulden zurückzuzahlen. Voll und ganz, mit Zins und Zinseszins!«
»Das geht uns allen so, Mutter«, erwiderte Sharleyan und rief sich noch einmal ins Gedächtnis zurück, dass niemand in Chisholm bislang von der Ermordung Hektors wusste. Oder besser: niemand sonst in Chisholm außer ihr. Das würde sich natürlich sehr bald ändern. Allmählich aber wusste Sharleyan den Vorteil von Merlin Athrawes' so genannten Visionen richtig zu schätzen. Die Möglichkeit, Informationen über gewaltige Entfernungen hinweg fast augenblicklich zu übermitteln, war ebenso von enormem Wert.
Ganz zu schweigen davon, wie höllisch schwer es Cayleb gefallen sein muss, diese Informationen nicht sofort mit mir zu teilen.
»Das Wichtigste, abgesehen davon, dass Ihr noch lebt, ist nun, jeden hier in Chisholm wissen zu lassen, wer tatsächlich hinter diesem Anschlag gesteckt hat«, sagte Green Mountain. »Eure Frau Mutter hat Recht mit dem, was sie über Eure Entscheidung, nach Hause zu kommen, gesagt hat. Keine Nachricht, die Ihr hättet schicken können, wäre für das Volk so überzeugend gewesen, wie Euch tatsächlich mit eigenen Augen zu sehen, hier, auf chisholmianischem Boden. Es ist sehr gut, dass Ihr schon so kurz nach den ersten Berichten eingetroffen seid. Den ersten Fünftag lang nach Bekanntwerden des Attentats lag wirklich immense Skepsis in der Luft. Beinahe wäre Halcoms Plan aufgegangen, einen Keil zwischen Chisholm und Charis zu treiben! Und wenn es ihm gelungen wäre, Euch tatsächlich zu töten, dann wäre diese Infamie gelungen!«
»Ich weiß. Genau das hatte ich von Anfang an befürchtet«, gestand Sharleyan. »Deswegen habe ich meine Rückreise zumindest so lange aufgeschoben, bis Baron Wave Thunders Untersuchungen wenigstens einige der Details bestätigt haben. Ich musste in der Lage sein, dem Volk sagen zu können, wer diesen Angriff geplant hatte ... und warum.«
»Und ihm von dem Preis erzählen, den deine charisianischen Leibgardisten dafür gezahlt haben, diesen Plan zu vereiteln«, warf ihre Mutter leise ein. »Ich werde diesen tapferen Gardisten nie vergessen, was sie für dich getan haben, Schätzchen.«
»Ich auch nicht.«
Sharleyan spürte, dass ihr erneut Tränen in den Augen brannten. Sie zwang sich dazu, tief Luft zu holen.
»Ich auch nicht«, wiederholte sie. »Aber da es ihnen gelungen ist, mein Leben zu retten, ist es jetzt wohl für uns drei an der Zeit, sich an die Arbeit zu machen.«
»Selbstverständlich, Eure Majestät«, bestätigte Green Mountain sehr förmlich, was Sharleyan zum Lächeln brachte.
»Zunächst einmal, Mahrak«, begann sie, »möchte ich mit Ihnen darüber sprechen, wie Ihrer Ansicht nach Onkel Byrtryms Verbündete im Rat auf das alles hier reagieren werden. Dann würde ich gerne Ihre persönliche Meinung - und deine auch, Mutter -, darüber hören, welche Reaktion von den hiesigen Tempelgetreuen wohl zu erwarten sind. Danach gibt es noch einige Fragen die Finanzen betreffend. Ich habe Baron Ironhill versprochen, ich würde mich darum kümmern. Es ist längst an der Zeit, dass Cayleb und ich eine einheitliche kaiserliche Währung einführen, und jetzt, da das Kaiserliche Parlament so gut wie durchorganisiert ist, können wir uns neuen Dingen zuwenden. Deswegen ...«
Mit konzentrierten Mienen lehnten sich die Mutter und der Erste Ratgeber der Kaiserin von Charis zurück, als Sharleyan sich forsch an die Arbeit machte.
Sharleyan blickte auf, als Edwyrd Seahamper die Tür öffnete und sich höflich räusperte.
»Ich bitte um Verzeihung, Eure Majestät, aber es ist gerade ein Kurier Seiner Kaiserlichen Majestät eingetroffen.«
»Tatsächlich?« Die Kaiserin hob die Augenbrauen, und Seahamper nickte ernsthaft. Ohne, so ging es Sharleyan durch den Kopf, auch nur mit einer einzigen Regung zu verraten, dass Sharleyan und er schon längst von dem Mann gewusst und ihn erwartet hatten.
Wenigstens mit einer Person kann ich über Merlins Technologie reden, ohne mir Sorgen machen zu müssen, sagte sie sich. Cayleb mag ja Merlin haben, aber ich habe Edwyrd, und das ist fast genauso gut.
»Er sagt, seine Depeschen seien dringend,
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