Caylebs Plan - 6
Wichtigste, habe ich bei den genannten Gesandten keinerlei Vorbehalte hinsichtlich der Rechtmäßigkeit Eures Kampfes gegen die Tempelgetreuen entdeckt. Ein paar mögen sich zwar durchaus darum sorgen, wohin genau wir im theologischen Sinne steuern - was etwa die Dogmatik angeht. Aber sie unterstützen unzweifelhaft unsere Grundhaltung, was die Korruption betrifft, die Mutter Kirche innewohnt. Erzbischof Pawals Brief zeigt, dass er genauso empfindet und durchaus bereit ist, die existierende Hierarchie der Kirche von Charis und den Primat des Erzbischofs von Tellesberg zu akzeptieren. Das allein schon ist ja nun wirklich nicht zu verachten! Emerald hat natürlich bereits das Gleiche getan. Aber trotz der Verlobung von Prinzessin Mahrya mit Zhan lässt sich nicht wegdiskutieren, dass ein Großteil der Welt Emerald lediglich als eroberte Provinz ansehen wird. Clyntahn und Trynair werden in der Lage sein, recht überzeugend darzulegen, dass Cayleb die Kirchendiener von Emerald dazu genötigt habe, die Kirche von Charis zu akzeptieren.
Für Chisholm aber gilt das nicht. Zumindest nicht in einem annähernd vergleichbaren Maß. Das macht Erzbischof Pawals Bereitschaft, offen und willentlich die Position der Kirche von Charis zu vertreten, innerhalb der kirchlichen Hierarchie zugleich deutlich wertvoller und ungleich mutiger. Er kann sich nicht hinter der Behauptung verstecken, die Charisianer hätten ihn mit Bajonetten bedroht. Er kann nicht so tun, als hätten wir ihn zu einem solchen Bekenntnis gezwungen. Und trotzdem hat er sich offen für das Schisma entschieden und für alles, was das mit sich bringt. Die Einstellung seiner Repräsentanten bringt mich auch zu der Überzeugung, sein Schreiben sei ganz und gar aufrichtig. Bitte vergesst nicht, er hat schon mehrmals meine Aufmerksamkeit auf Fragen Chisholm betreffend gelenkt, deren Beantwortung sowohl Entschlossenheit als auch Geduld - und Behutsamkeit - erfordert! Aber alles in allem ist es ihm doch gelungen, einen Großteil meiner drängendsten Sorgen zu zerstreuen.
Ich habe allerdings einen Grund, dieses Thema hier und jetzt anzuschneiden. Ich habe die Anweisungen gelesen, die er seinen Repräsentanten hinsichtlich des Kaiserlichen Parlaments mitgegeben hat. Im Prinzip sind die Repräsentanten gehalten, sich an meinem Verhalten zu orientieren, sowohl was politische wie auch anderweitige weltliche Belange betrifft, und er hat ihnen unmissverständlich mitgeteilt, er wünsche - und hier spreche er als ihr Erzbischof -, dass sie der Krone in jeder nur erdenklichen Art und Weise behilflich seien.«
»Oh, das ist gut.« Zufrieden nickte Sharleyan. »Mahrak - Baron Green Mountain - und Mutter haben mir schon gesagt, dass sie etwas in dieser Art von ihm erwarteten. Es freut mich, dass sie wirklich Recht hatten.«
»Das hatten sie zweifellos, Eure Majestät.«
»Und«, setzte Gray Harbor hinzu, und die Befriedigung war ihm deutlich anzumerken, »die Abgeordneten aus dem Unterhaus sind bereits jetzt damit beschäftigt, eine Zusammenarbeit mit ihren Kollegen hier in Charis vorzubereiten. Zhak Blackwyvern und Sir Samyl Waismyn haben mir berichtet, sie hätten sich bereits mit einem gewissen Wyllym Watsyn und einem Tobis Samylsyn besprochen.«
»Die beiden kenne ich gut.« Wieder nickte Sharleyan. »Vor allem Watsyn gehörte jahrelang zu Mahraks engeren Verbündeten im Unterhaus. Es überrascht mich nicht im Mindesten, dass er auch hier in Tellesberg die Initiative ergreift.«
»Es scheint mir, als sei es wirklich genau das, was er hier tut«, pflichtete Gray Harbor ihr bei. »Auch wenn Zhak mir berichtet hat, er habe den Eindruck, Meister Samylsyn habe hinsichtlich unserer ›schismatischen Politik‹ doch deutlich mehr Vorbehalte als Meister Watsyn.«
»Tatsächlich?« Sharleyan legte die Stirn in Falten, dann schüttelte sie kurz den Kopf. »Das ist durchaus möglich. Tobis ist von Natur aus ein äußerst treuer Bursche. Er mag vielleicht nicht der hellste unter Gottes Sonne sein. Aber er ist ungewöhnlich ausgeglichen, was einer der Gründe dafür ist, dass er und Watsyn normalerweise zusammenarbeiten. Watsyn hat hin und wieder geradezu brillante Einfälle. Aber er kann immer einmal wieder ein wenig ... über das Ziel hinaus schießen. Tobis hilft ihm dabei, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Aber Tobis' Begriff von Treue geht über die zur Krone hinaus. Das gehört sogar zu den Dingen, die ich an ihm immer besonders geschätzt habe: Er bringt die gleiche
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