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Cécile

Cécile

Titel: Cécile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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davon noch in petto hat. Er konnte mich doch nicht gleich in seine letzten Intimitäten einweihen. Aber sieh nur...«
    Und ein Windstoß, der eben in das große, mit Zentifolien dicht besetzte Rondel gefahren war, trieb eine Wolke von Rosenblättern auf Cécile zu.
    »Sieh nur«, wiederholte der Oberst, und im selben Augenblicke sanken die herangewehten Blätter, denen das Fliedergebüsch den Durchgang wehrte, zu Füßen der schönen Frau nieder.
    »Ah, wie schön«, sagte Cécile. »Das ist mir eine gute Vorbedeutung.«
    Und sie bückte sich nach einem der Blätter, um es auf ihre Lippen zu legen. Dann aber erhob sie sich und schritt, in guter Laune St. Arnauds Arm nehmend, auf das Hotel zu.
     

Elftes Kapitel
     
    Es war noch eine gute Weile bis Mittag. St. Arnaud, der die Kartenpassion hatte, beabsichtigte, sich in eine Harz-Karte zu vertiefen, Cécile dagegen wollte ruhen und zog, als sie sich auf die Chaiselongue gestreckt hatte, den über ihre Füße gebreiteten Shawl höher hinauf und sagte: »Wecke mich, Pierre. Nicht länger als zehn Minuten.« Und gleich danach schlief sie, die linke Hand unter dem schönen Kopf, während ihre Rechte noch das Tuch hielt. –
    Zwei Stunden später erschien man an der Table d'hôte, wo der die Neigungen und Wünsche seiner Gäste beständig scharf im Auge habende Wirt eine Neuplacierung hatte stattfinden lassen. Die St. Arnauds saßen an alter Stelle, Gordon aber, statt gegenüber von Cécile, war links neben diese gesetzt worden, während der Emeritus den erledigten Vis-à-vis-Platz und der in seiner Erscheinung etwas aufgebesserte Privatgelehrte (denn das war er) den Platz neben dem Geistlichen erhalten hatte. Rosa fehlte. Gordon erschien erst, als man die Suppe schon herumgab, und als Soldat ein wenig verlegen über die Verspätung, noch verlegener aber über das Neuarrangement, das er vorfand, wandt er sich mit der Bemerkung an Cécile, »daß er nicht recht wisse, wodurch er sich, der er doch viel mehr ein Sodawasser- als ein Champagner-Gast sei, diese wirtliche Bevorzugung verdient habe« – eine Bemerkung, bei der der alte Emeritus jovial und lebemännisch lächelte, während der Privatgelehrte mit einem schon den Ernst der Historie streifenden Interesse seine Hornbrille höherschob und mehr forscherhaft-wissenschaftlich als landesüblich-artig zu Gordon hinüberstarrte. Dieser selbst indes war durch die schöne Frau viel zu sehr in Anspruch genommen, um für das Lächeln des Emeritus oder gar für den Forscherblick des askanischen Spezialisten irgendwie Sinn und Auge zu haben, und gab der Erregung, in der er sich nach wie vor befand, durch allerlei rasche Fragen Ausdruck, die sich auf die kleinen Vorkommnisse der Quedlinburger Partie bezogen, auf die Krypta, den Roland und das Klopstock-Haus, »das« (und Cécile lachte jetzt mit) »nur leider zu grün gewesen sei«. Noch andere Fragen drängten sich, und nur der Äbtissinnen, und speziell des Bildes der schönen Gräfin Aurora, wurde von seiten Gordons mit keinem Worte gedacht.
    »Aber ich schwatze soviel«, unterbrach er sich plötzlich selbst, »und versäume darüber die Hauptsache,
die
, mich nach dem Befinden der gnädigen Frau zu erkundigen, das mir, auf der Rückfahrt, in der Tat ernstlich gefährdet erschien, denn ich entsinne mich nicht, etwas Ähnliches von Zug erlebt zu haben, nicht einmal auf amerikanischen Bahnen, die bekanntlich in ›frischer Luft‹ ein Äußerstes tun. Oh, wie haß ich diese großen Salonwagen, wo jede Vorsicht, auch die sorglichste, scheitert, weil einem das
eine
geschlossene Fenster, auf das man einen reglementsmäßigen Anspruch hat, zu rein gar nichts hilft – man bleibt eben immer noch im Kreuzfeuer von sechs anderen, die sich der Kontrolle durch allerhand Zwischenbauten entziehen, eine wahre Perfidie der Wagenbaukonstrukteure. Sahen Sie gestern wohl den dicken kleinen Herrn in dem Nachbarcompartiment? Der war schuld. Mit einem wahren Krach ließ er alle noch geschlossenen Fenster in die Versenkung niederfahren und sah sich dabei so stolz und herausfordernd um, daß mir der Mut entsank, ihn in seinem mörderischen Tun zu hindern. O diese Ventilations-Enthusiasten!«
    »Und doch weiß ich nicht«, sagte St. Arnaud, »ob sein Antagonist, der Ventilations-Hasser, nicht vielleicht noch schlimmer ist als der Ventilations-Enthusiast.«
    »Aufs letzte hin angesehen, also Extrem gegen Extrem, ganz unbedingt. Zuviel Luft ist immer besser als zuwenig. Aber sehen wir von solch

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