Celaenas Geschichte 1 - Throne of Glass: Roman (German Edition)
dreißig morgens. Bald mussten sie in Aktion treten. Wenn man bedachte, wie voll das Wirtshaus war und wie viele der Piraten schon halb besinnungslos waren, glich es einem Wunder, dass es in Skull’s Bay überhaupt noch Bier gab. Wenn Arobynn oder Rolfe sie nicht sowieso schon umbrachten, weil sie die Sklaven befreit hatte, konnte Rolfe sie immer noch umbringen, weil sie Freibier ausgeschenkt hatte und nicht annähernd genug Geld besaß, um die Rechnung zu bezahlen.
Celaena beugte sich näher zu Rolfe. »Wenn Ihr meinem Meister und mir so viel Geld einbringt, wie Ihr sagt, zeige ich Euch mein Gesicht.«
Rolfe richtete den Blick auf die tätowierte Landkarte auf seinen Händen.
»Habt Ihr wirklich Eure Seele dafür verkauft?«, fragte Celaena.
»Wenn Ihr mir Euer Gesicht zeigt, sage ich Euch die Wahrheit.«
Celaena streckte die Hand aus. »Abgemacht.« Rolfe schlug ein. Sam hob seinen Krug – durch das kleine Loch im Boden war schon ein guter Zentimeter abgelaufen – und beide Männer prosteten auf das Versprechen, bevor sie tranken. Celaena zog Spielkarten aus der Tasche ihres Umhangs. »Lust auf eine Runde Kings ?«
»Wenn Ihr nach dieser Nacht noch nicht bankrott seid«, sagte Rolfe, »dann spätestens, wenn Ihr gegen mich spielt.«
Celaena schnalzte mit der Zunge. »Oh, das möchte ich sehr bezweifeln.« Sie öffnete die Karten, mischte dreimal und teilte dann aus.
Die Stunden vergingen bei Gläserklirren und hervorragenden Kartenfolgen, gemeinsamem Singen und Geschichten aus nahen und fernen Ländern, und während die Uhr von der unaufhörlichen Musik übertönt wurde, lehnte Celaena an Sams Schulter und lachte über Rolfes derbe und absurde Geschichte über die Farmersfrau und ihre Zuchthengste.
Prustend knallte sie die Faust auf den Tisch – und das war nicht nur gespielt. Als Sam ihr die Hand um die Hüfte legte und seine Berührung eine helle, heiße Flamme durch ihren Körper schickte, musste sie sich fragen, ob er eigentlich auch immer noch spielte.
Was die Karten anging, so entpuppte sich Sam als derjenige, der sie beide nach Strich und Faden ausnahm, und als die Zeiger der Uhr fünf zeigten, war Rolfes Laune im Keller.
Zu seinem Pech sollte diese Laune gleich noch schlechter werden. Sam nickte Celaena zu und daraufhin brachte sie einen vorbeigehenden Piraten zum Stolpern. Dieser kippte sein Getränk über einen bereits streitlustigen Mann, der ihm seinerseits einen Kinnhakenverpassen wollte, stattdessen jedoch den Mann neben ihm traf. Zum Glück fiel in diesem Moment einem anderen Mann eine gezinkte Karte aus dem Ärmel und eine Prostituierte ohrfeigte eine Piratenbraut. Im Wirtshaus brach eine Schlägerei los.
Die Leute rauften miteinander und gingen zu Boden. Manche Piraten zogen Schwert oder Messer, um sich mit Gewalt einen Weg durch die Meute zu bahnen. Andere sprangen vom Zwischengeschoss, um sich ins Getümmel zu stürzen, schwangen sich übers Geländer, entweder um auf einem Tisch zu landen oder nach dem eisernen Kronleuchter zu greifen und ihn glatt zu verfehlen.
Die Musik spielte noch immer, die Musiker standen auf und zogen sich weiter in die Ecke zurück. Sam legte im Aufstehen die Hand an den Schwertgriff. Celaena nickte ihm zu, bevor sie ihr Schwert zog und auf die zankende Menge losging.
Mit geschickten Bewegungen aus dem Handgelenk ritzte sie jemanden in den Arm und riss einem anderen das Bein auf, tötete aber niemanden. Ihr war nur wichtig, dass die Schlägerei weiterging – und genug eskalierte –, damit alle Augen auf die Stadt gerichtet blieben.
Als sie zum Ausgang schlüpfen wollte, packte jemand sie an der Hüfte und warf sie so heftig gegen eine Holzsäule, dass sie wusste, sie würde einen Bluterguss bekommen. Sie versuchte sich aus dem Griff des rotgesichtigen Piraten zu winden, würgte fast, als sein saurer Atem durch ihre Maske drang. Schließlich bekam sie ihren Arm frei und konnte ihm den Griff ihres Schwerts zwischen die Beine stoßen. Er ging zu Boden wie ein Stein.
Celaena war kaum einen Schritt weiter, da landete eine behaarte Faust an ihrem Kinn. Schmerz blendete sie wie ein Blitz und sie schmeckte Blut im Mund. Rasch tastete sie nach ihrer Maske, um sich zu vergewissern, dass sie nicht beschädigt war oder sich gleich lösen würde.
Dem nächsten Schlag ausweichend, schwang sie den Fuß hinter das Knie des Mannes und beförderte ihn taumelnd in einen Haufen johlender Huren. Sie wusste nicht, wo Sam war, aber wenn er sich an den Plan hielt,
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