Celaenas Geschichte 4 - Throne of Glass
die Hände beiläufig in die Taschen seiner silbernen Tunika. »Hast du ihm die Wahrheit gesagt, wo du herkommst? Ich habe das Gefühl, das würde er gern wissen. Und zwar vielleicht bevor er sein Leben auf dich ausrichtet.«
Celaena konzentrierte sich darauf, gleichmäßig zu atmen, und deutete wieder auf die Tür. » Geh jetzt .«
Arobynn zuckte nur mit den Achseln, wedelte mit der Hand, als wollte er die Fragen, die er aufgeworfen hatte, verscheuchen, und ging zur Wohnungstür. Celaena beobachtete jede seiner Bewegungen, registrierte jeden Schritt und jede Verlagerung der Schultern, nahm wahr, worauf er den Blick richtete. Bereits mit der Hand auf dem Messing-Türknauf, drehte er sich zu ihr um. Seine Augen – diese silbergrauen Augen, die sie wahrscheinlich für den Rest ihres Lebens verfolgen würden – leuchteten.
»Ganz gleich, was ich getan habe, ich liebe dich wirklich, Celaena.«
Die Worte trafen sie wie ein Schlag auf den Kopf. Das hatte er noch nie zu ihr gesagt. Noch nie.
Langes Schweigen trat ein.
Arobynn schluckte, was deutlich zu sehen war. »Was ich tue, tueich, weil du mir Angst machst … und weil ich nicht weiß, wie ich meine Gefühle ausdrücken soll.« Er sprach so leise, dass sie es kaum hörte. »All das habe ich getan, weil ich eine Wut auf dich hatte. Wegen dir und Sam.«
Sprach da der König der Assassinen oder der Vater oder der Liebhaber, der sich nie offenbart hatte?
Arobynns sorgsam aufrechterhaltene Maske fiel ab und in seinen wunderschönen Augen flackerte die Kränkung, die sie ihm zugefügt hatte. »Bleib bei mir«, flüsterte er. »Bleib in Rifthold.«
Celaena schluckte, doch der Kloß in ihrem Hals blieb. »Ich gehe.«
»Nein«, widersprach er sanft. »Tu’s nicht.«
Nein .
Genau dasselbe hatte sie zu ihm gesagt an dem Abend, als er sie verprügelt hatte, kurz vor dem ersten Schlag, als sie noch dachte, er würde auf Sam losgehen und nicht auf sie. Und dann hatte er sie so furchtbar zusammengeschlagen, dass sie ohnmächtig geworden war. Anschließend hatte er auch noch Sam verprügelt.
Tu’s nicht .
Genau dasselbe hatte Ansel in der Wüste zu ihr gesagt, als Celaena ihr das Schwert ins Genick gepresst hatte und kurz davor gewesen war, das Mädchen, das sie als Freundin bezeichnet hatte, aus Schmerz über Ansels Verrat umzubringen. Doch dieser Verrrat war nichts verglichen mit dem, was Arobynn ihr angetan hatte: Er hatte sie mit einer List dazu gebracht, Doneval zu töten, einen Mann, der zahllose Sklaven hätte befreien können.
Arobynn benutzte Worte als Ketten, um sie wieder an sich zu fesseln. Im Lauf der Jahre hatte er so viele Gelegenheiten gehabt, ihr zu sagen, dass er sie liebte – er hatte gewusst , wie sehr sie sich nach diesen Worten sehnte. Doch er sprach sie erst aus, als er sie als Waffe einsetzen musste. Und nun, da sie Sam hatte, Sam, der diese Wortesagte, ohne etwas dafür zu erwarten, Sam, der sie aus Gründen liebte, die sie noch immer nicht verstand …
Celaena legte den Kopf schräg, das einzige Warnsignal für Arobynn, dass sie weiterhin auf Kampf eingestellt war. »Verlass meine Wohnung.«
Arobynn sah sie ein letztes Mal an und nickte langsam, bevor er ging.
Das Wirtshaus »Zum schwarzen Schwan« war brechend voll, wie fast jeden Abend. Celaena, die mit Sam an einem Tisch in der Mitte saß, hatte nicht wirklich Appetit auf den Rindfleischeintopf, der vor ihr stand. Oder Lust zu reden, obwohl Sam ihr alles berichtet hatte, was er über Farran und Jayne in Erfahrung gebracht hatte. Arobynns Überraschungsbesuch hatte sie nicht erwähnt.
Nicht weit von ihnen saß ein Grüppchen junger Frauen, die sich kichernd darüber unterhielten, dass der Kronprinz zur Erholung an die Küste von Suria gereist war und wie gern sie alle sich dem Prinzen und seinen flotten Freunden anschließen würden und so weiter und so fort, bis Celaena in Erwägung zog, ihren Löffel nach ihnen zu werfen.
Aber im »Schwarzen Schwan« ging es friedlich zu. Hier wurden Leute beköstigt, die Wert auf gutes Essen, gute Musik und gute Gesellschaft legten. Es gab keine Schlägereien, keine undurchsichtigen Geschäfte und keine Prostituierten auf Kundenfang. Vielleicht war es das, was sie und Sam fast jeden Abend zum Essen herführte – es fühlte sich so normal an.
Noch ein Ort, den sie vermissen würde.
Als sie nach dem Essen zu Hause ankamen und die Wohnung sich nun, nach Arobynns Eindringen, seltsam fremd anfühlte, ging Celaena direkt ins Schlafzimmer und zündete
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