Celaenas Geschichte 4 - Throne of Glass
ein paar Kerzen an. Sie war bereit, diesen Tag abzuschließen. Bereit, Jayne und Farran umzubringen und dann abzureisen.
Sam tauchte in der Tür auf. »Ich habe dich noch nie so still erlebt«, sagte er.
Celaena sah sich im Spiegel über dem Toilettentisch an. Die Narbe auf ihrer Wange von ihrem Kampf mit Ansel war verblasst und die an ihrem Hals war ebenfalls fast verschwunden.
»Ich bin müde«, erwiderte sie. Das war nicht gelogen. Sie begann, ihre Tunika aufzuknöpfen, wobei sich ihre Finger seltsam unbeholfen anfühlten. War Arobynn deshalb hergekommen? Weil er gewusst hatte, welche Wirkung es auf sie haben würde? Sie richtete sich auf. Diese Vorstellung hasste sie so sehr, dass sie am liebsten den Spiegel kaputt geschlagen hätte.
»Ist was passiert?«
Als sie beim letzten Knopf anlangte, zog sie ihre Tunika nicht aus, sondern wandte sich Sam zu und sah ihn von Kopf bis Fuß an. Würde sie ihm jemals alles sagen können ?
»Sprich mit mir«, sagte er, nur Besorgnis in den braunen Augen. Keine verqueren Absichten, keine Gedankenspiele …
»Erzähl mir dein größtes Geheimnis«, bat sie leise.
Sams Augen wurden schmal, doch er betrat den Raum und setzte sich auf den Bettrand. Nachdenklich fuhr er sich mit der Hand durch die Haare, sodass sie kreuz und quer abstanden.
Endlich fing er an. »Das einzige Geheimnis, das ich in meinem Leben je hatte, ist, dass ich dich liebe.« Er warf ihr ein kleines Lächeln zu. »Ich dachte schon, ich würde es mit ins Grab nehmen.« Seine Augen waren so voller Licht, dass Celaena bei dieser Schönheit beinahe das Herz stehen blieb.
Sie ging zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Wange und kämmte ihm mit der anderen durch die Haare. Sam drehte den Kopf, um ihre Handfläche zu küssen, als würde ihm das unsichtbare Blut, das an ihren Händen klebte, nichts ausmachen. Ihre Blicke trafen sich wieder. »Und was ist deins?«
Der Raum fühlte sich zu klein und die Luft zu dick an. Celaena schloss die Augen. Sie brauchte eine volle Minute und mehr Mut, als sie gedacht hatte, doch schließlich sprach sie es aus. Es war immer da gewesen – flüsterte im Schlaf zu ihr, hinter jedem Atem, eine dunkle Last, der sie nie würde entrinnen können.
»Im Grunde meines Herzens«, sagte sie, »bin ich ein Feigling.«
Sams Augenbrauen wanderten nach oben.
»Ich bin ein Feigling«, wiederholte sie. »Und ich habe Angst. Ich habe die ganze Zeit Angst. Ständig.«
Sam nahm ihre Hand von seiner Wange, um ihre Fingerspitzen zu küssen. »Ich habe auch Angst«, murmelte er auf ihre Haut. »Willst du was Lächerliches hören? Immer wenn ich total Schiss habe, sage ich mir: Mein Name ist Sam Cortland … und ich werde keine Angst haben . Das mache ich seit Jahren.«
Nun war es an Celaena, die Brauen zu heben. »Und das funktioniert?«
Sam lachte, ihre Finger noch immer an seinen Lippen. »Mal ja, mal nein. Aber meistens fühle ich mich irgendwie besser. Oder ich muss wenigstens ein bisschen über mich lachen.«
Das war nicht die Art von Angst, die sie gemeint hatte, aber …
»Das gefällt mir«, erklärte sie.
Er verflocht seine Finger mit ihren und zog sie auf seinen Schoß. » Du gefällst mir«, sagte er und Celaena ließ zu, dass er sie küsste, bis sie die dunkle Last, die sie immer verfolgen würde, wieder vergessen hatte.
5
R ourke Farran war ein viel beschäftigter Mann. Am nächsten Morgen warteten Celaena und Sam vor Sonnenaufgang unauffällig einen Häuserblock von Jaynes Haus entfernt – beide in diskreter Kleidung und Umhängen mit Kapuzen, die so tief über ihre Gesichter hingen, dass sie weitgehend verdeckt waren. Noch bevor die Sonne ganz aufgegangen war, verließ Farran das Haus. Sie folgten seiner Kutsche durch die Stadt, beobachteten ihn bei jedem Halt. Es war ein Wunder, dass er überhaupt dazu kam, sich seinen sadistischen Vergnügungen zu widmen, denn Jaynes Geschäfte nahmen offensichtlich einen Großteil seiner Zeit in Anspruch.
Er fuhr überall mit derselben schwarzen Kutsche hin – ein weiterer Beweis seiner Überheblichkeit, denn dadurch machte er sich zu einer leichten Beute. Anders als Doneval, der rund um die Uhr bewacht gewesen war, schien Farran ganz bewusst ohne Leibwächter unterwegs zu sein und Angriffe regelrecht herauszufordern.
Sie folgten ihm zur Bank, zu den Restaurants und Wirtshäusern, die Jayne gehörten, zu den Bordellen und den in schmuddeligen Gassen versteckten Schwarzmarkt-Buden, dann wieder zurück zur Bank. Zwischendurch legte er
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