Celinas Tochter
stamme.«
Er schob sie unsanft weg. Sie fing sich an einer Boxtür. »Ich bin überzeugt, daà Ihnen keiner das Versagen Ihres Vaters vorhält.«
»Glauben Sie das? Aber in kleinen Städten ist das nun mal so, Baby. Das finden Sie noch schnell genug heraus, weil die Leute Sie mit Celina vergleichen werden.«
»Das macht mir nichts aus. Mir sind die Vergleiche willkommen.«
»Sind Sie sich da so sicher?«
»Ja.«
»Vorsicht. Wenn Sie um eine unübersichtliche Ecke gehen, sollten Sie wachsam sein.«
»Würden Sie so freundlich sein, deutlicher zu werden?«
»Es gibt zwei Möglichkeiten, wie das läuft. Entweder halten Sie dem Vergleich nicht stand, oder Sie finden raus, daà es gar nicht so toll ist, wie Celina zu sein.«
»Und welche wird es sein?«
Sein Blick streifte sie von oben bis unten. »Wie bei ihr merkt ein Mann, daà er ein Mann ist, wenn er Sie ansieht. Und wie sie nutzen Sie das zu Ihrem Vorteil.«
»Das heiÃt?«
»Sie war keine Heilige.«
»Das hab ich auch nicht erwartet.«
»Ach ja?« sagte er mit gefährlich sanfter Stimme. »Ich glaube doch. Ich glaube, Sie haben sich eine Phantasiemutter zusammengebastelt und erwartet, daà Celina diese Rolle für Sie erfüllt.«
»Das ist lächerlich.« Ihr heftiger Widerspruch klang kindisch und starrköpfig. Sie sagte etwas ruhiger: »Es stimmt, daà GroÃmama Graham dachte, Celina wäre der Nabel der Welt. Ich wurde in dem Glauben erzogen, sie wäre der Inbegriff einer jungen Frau gewesen. Aber jetzt bin ich selbst reif genug zu wissen, daà meine Mutter auch nur aus Fleisch und Blut war, mit Fehlern, wie alle Menschen.«
Er musterte einen Augenblick lang ihr Gesicht. »Vergessen Sie nur nicht, daà ich Sie gewarnt habe«, sagte er leise. »Sie sollten zurück ins Westerner fahren, Ihre Designerklamotten einpacken samt Ihren Aktennotizen und Gas geben Richtung Austin! Lassen Sie die Vergangenheit ruhen. Keiner hier möchte sich an diesen schwarzen Flecken in der Geschichte von Purcell erinnern â ganz besonders, wo diese Lizenz noch in der Schwebe ist. Sie würden Celina lieber tot in diesem Stall liegenlassen, als...«
»In diesem Stall?« Alex schnappte nach Luft. »Meine Mutter wurde hier getötet?«
Ganz eindeutig war ihm das unwillentlich herausgerutscht. Er fluchte leise und sagte dann knapp: »Richtig.«
»Wo? In welcher Box?«
»Es spielt keine Ro...«
»Zeigen Sie mirâs, verdammt noch mal. Ich hab die Nase voll von Ihren halben Antworten und Ausflüchten. Zeigen Sie mir, wo Sie an jenem Morgen ihre Leiche gefunden haben,
Sheriff.« Sie betonte das letzte Wort scharf, er muÃte an seinen Eid zu schützen und zu dienen erinnert werden.
Reede drehte sich wortlos um und schritt auf die Tür zu, durch die sie den Stall betreten hatte, blieb an der zweiten Box in der Reihe stehen und sagte: »Hier.«
Alex hielt an, dann ging sie langsam weiter, bis sie auf gleicher Höhe mit ihm war. Sie drehte sich zur Box. Es lag kein Stroh drin, nur der mit Gummi belegte Boden. Die Tür war ausgehängt, weil hier kein Pferd stand. Die Box sah unschuldig aus, fast steril.
»Seit es passiert ist, blieb der Platz leer.« Dann fügte er abfällig hinzu: »Angus hat eine sentimentale Ader.«
Alex versuchte sich eine blutige Leiche in der Box vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. Sie sah Reede fragend an.
Die Haut über seinen Backenknochen schien zum ZerreiÃen gespannt, und die Falten über seinem Mund klafften tiefer als vorhin, als er wütend gewesen war. Dieser Besuch des Tatorts nahm ihn mehr mit, als er zugeben wollte.
»Erzählen Sie mir, wie es war. Bitte.«
Er zögerte kurz, dann sagte er: »Sie lag diagonal da, den Kopf in der Ecke, die FüÃe ungefähr hier.« Er berührte eine Stelle mit der Spitze seines Stiefels. »Sie war voller Blut, in den Haaren, auf ihren Kleidern, überall.« Alex hatte erlebt, wie abgebrühte Detectives vom Morddezernat blutige Mordszenen mit mehr Gefühl beschrieben. Reedes Stimme war hohl und monoton, aber sein Gesicht schmerzverzerrt. »Ihre Augen standen noch offen.«
»Um welche Zeit war das?« fragte sie heiser.
»Als ich sie gefunden habe?« Sie nickte, hatte Schwierigkeiten zu sprechen. »Im Morgengrauen. Gegen halb sieben.«
»Was haben Sie denn
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