Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Celinas Tochter

Celinas Tochter

Titel: Celinas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
Vom Netzwerk:
ihm voller Neugier. Am Abend vorher waren sie nicht gerade als Freunde geschieden. Trotzdem gab er sich heute morgen Mühe, gastfreundlich zu sein. Nachdem das alles nicht zusammenpaßte, beschloß Alex, die plötzliche Freundlichkeit mit Vorsicht zu genießen.

    Als sie auf der unteren Ebene angelangt waren, ließen die Deputies im Dienstraum wie auf Kommando ihre Arbeit liegen und starrten sie an. Es war, als wären sie vor einen Fotografen getreten.
    Reede ließ kurz den Blick durch den Raum schweifen, und alle setzten ihre Tätigkeiten fort. Er hatte kein einziges Wort gesagt, genoß aber augenscheinlich absolute Autorität bei seinem Personal. Entweder fürchteten oder respektierten sie ihn. Alex vermutete das erstere.
    Reede ging um sie herum, öffnete eine Tür links von der Treppe und trat beiseite, damit sie vorangehen konnte. Sie betrat ein kleines, viereckiges, fensterloses Büro. Es war kalt wie ein Kühlhaus, der Schreibtisch so verbeult und zerkratzt, als hätte man ihn aus Schrott produziert. Die Schreibunterlage war mit Tintenflecken übersät und voller Löcher, auf der ein überquellender Aschenbecher thronte sowie ein schwarzes Telefon. Dahinter stand ein wenig vertrauenerweckender Drehstuhl.
    Â»Es gehört Ihnen, wenn Sie’s benutzen wollen«, sagte Reede. »Ich schätze, Sie sind feudalere Büros gewohnt.«
    Â»Nein. Um ehrlich zu sein, mein Kabäuschen in Austin ist nicht viel größer als dies. Bei wem darf ich mich bedanken?«
    Â»Bei der Stadt Purcell.«
    Â»Aber da steckt doch jemand dahinter. Sie, Reede?«
    Â»Und wenn?«
    Â»Na, dann möchte ich mich bei Ihnen bedanken.«
    Â»Keine Ursache.«
    Sie versuchte die Feindseligkeit, die er ihr entgegenbrachte, mit einem Lächeln und einer scherzhaften Bemerkung zu entschärfen: »Jetzt, wo wir im selben Gebäude sind, kann ich Sie besser im Auge behalten.«
    Er ging zur Tür hinaus und zog sie langsam hinter sich zu. »Umgekehrt, Counselor. Ich kann Sie besser im Auge behalten.«

    Â 
    Alex warf ihren Kugelschreiber beiseite und rubbelte ihre durchgefrorenen Arme. Der Elektroheizer, den sie in der Eisenwarenhandlung gekauft hatte, lief auf vollen Touren, nützte aber nicht viel. Der Bürokäfig war eisig und scheinbar der einzige modrige, feuchte Platz in einem sonst trockenen Klima.
    Sie hatte sich zuvor mit Material eingedeckt: Papier, Stifte, Füller, Büroklammern. Der Raum war alles andere als komfortabel, aber zumindest benutzbar. Außerdem lag er viel zentraler als ihr Zimmer im Westerner Motel.
    Nachdem sie überprüft hatte, daß der Heizer tatsächlich auf vollen Touren lief, beugte sie sich wieder über ihre Notizen. Den ganzen Nachmittag hatte sie dazu gebraucht, sie zu sammeln und nach beteiligten Personen zu ordnen.
    Sie begann mit Angus und las ihre Zusammenfassungen noch einmal durch. Unglücklicherweise waren sie nicht konkreter geworden oder besser mit Fakten belegt als beim ersten halben dutzendmal Prüfen.
    Alles, was sie hatte, waren nur Vermutungen und Gerüchte. Die wenigen Tatsachen hatte sie bereits gehabt, als sie Austin verließ. Bis jetzt stellte die Reise eine Verschwendung von Geldern des Steuerzahlers dar, und es war bereits eine Woche von Gregs Frist verstrichen.
    Für den Augenblick wollte sie den Umstand »Gelegenheit« beiseite lassen. Sie mußte Motive finden. Das einzige, was sie bis jetzt erfahren hatte, war, daß alle drei Männer Celina angebetet hatten – nicht unbedingt ein Motiv für Mord!
    Sie hatte nichts, keine Beweise, nicht mal einen hieb- und stichfesten Verdächtigen. Sie war überzeugt, daß Buddy Hicks ihre Mutter nicht getötet hatte, trotzdem war sie der Lösung der Täterfrage keinen Schritt nähergekommen.
    Nachdem sie einige Zeit allein mit Angus, Junior und Reede verbracht hatte, war Alex überzeugt, daß ein Geständnis von einem der drei einem Wunder gleichkäme. Weder paßten Zerknirschtheit und Reue in ihre Persönlichkeitsprofile, noch würde einer gegen den anderen aussagen. Ihre Loyalität
war eisern, obwohl freilich ihre Freundschaft nicht mehr dieselbe war wie früher. Das ergab auch schon wieder einen Hinweis. Hatte Celinas Tod ihre Clique zerschlagen und sie doch aneinandergekettet?
    Sie hoffte immer noch, daß der Mann, der vor ein paar Tagen angerufen hatte, tatsächlich ein Augenzeuge

Weitere Kostenlose Bücher