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Celinas Tochter

Celinas Tochter

Titel: Celinas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Daddy war der Stadtsäufer, eine Witzfigur, eine wertlose armselige Karikatur von einem menschlichen Wesen. Ich hab nicht mal geweint, als ich hörte, daß er tot ist, sondern atmete auf. Er war ein elender, mieser Hundesohn, der nie irgendwas für mich bedeutet hat, außer daß ich mich für so einen Vater schämen mußte. Und er war über mich ebensowenig glücklich. Schwanzunkraut hat er mich genannt, meist bevor er mir eine runterhaute. Ich war eine lästige Verantwortung für ihn.
    Aber wie ein Narr hab ich mir weiterhin was vorgemacht, mir gewünscht, wir wären eine Familie. Ich hab ihn ständig gebettelt, zu kommen und sich anzusehen, wie ich bin beim Football. Eines Abends ist er bei einem Spiel aufgetaucht. Er hat eine Riesenszene hingelegt, ist über die Markierungen gestolpert, hat eins von den Bannern runtergerissen, ich wär am liebsten im Boden versunken. Wäre er doch bloß nicht gekommen! Ich hab ihn gehaßt. Gehaßt«, wiederholte er zischend.
    Â»Ich konnte keine Freunde zu mir nach Hause einladen, weil es ein solcher Schweinestall war. Wir haben aus Dosen gegessen. Ich hab nicht gewußt, daß es so etwas wie Teller auf
dem Tisch gibt und saubere Handtücher im Bad, bis ich zu anderen Kindern nach Hause eingeladen wurde. Ich hab versucht, wenigstens ordentlich auszusehen, wenn ich in die Schule ging.«
    Alex bedauerte, daß sie diese schwärende Wunde geöffnet hatte, war aber froh, daß er jetzt ungehemmt drauflosredete. Seine Kindheit erklärte viel über den Mann. Aber er schilderte einen Ausgestoßenen, und das paßte nicht zu dem, was sie von ihm wußte.
    Â»Mir hat man erzählt, Sie wären ein Anführer gewesen, dem die anderen Kinder folgten. Sie haben die Regeln gemacht und die Orientierung bestimmt.«
    Â»Ich hab mir diese Position erkämpft«, sagte er. »In der Grundschule haben sich die anderen über mich lustig gemacht, alle außer Celina. Dann bin ich größer und stärker geworden und hab gelernt zu kämpfen. Ich hab allerhand Tricks benutzt, und sie haben aufgehört zu lachen. Es wurde sicherer für die Jungs, mein Freund zu sein als mein Feind.«
    Er verzog verächtlich den Mund. »Das wird Ihnen die Schuhe ausziehen, Miss Anklägerin. Ich war ein Dieb. Ich hab alles gestohlen, von dem ich glaubte, ich könnte es brauchen. Wissen Sie, mein alter Herr hat keinen Job länger als ein paar Tage ausgehalten, bis er wieder auf Sauftour ging. Dann hat er das, was er verdient hat, genommen, ein oder zwei Flaschen organisiert und sich bewußtlos getrunken. Schließlich hat er nicht mal mehr versucht zu arbeiten. Ich hab uns mit dem ernährt, was ich nach der Schule mit Hilfsarbeiten verdienen, und mit dem, was ich ungestraft stehlen konnte.«
    Es gab nichts dazu zu sagen, das hatte er gewußt. Deshalb hatte er ihr soviel erzählt. Er wollte, daß sie sich mies und kleinkariert fühlte. Er ahnte ja nicht, daß ihrer beider Kindheit ziemlich ähnlich gewesen war, nur hatte sie nie hungern müssen. Merle Graham hatte für ihre körperlichen Bedürfnisse gesorgt, aber ihre emotionalen vernachlässigt. Alex war aufgewachsen mit dem Gefühl, minderwertig und ungeliebt zu sein. Sie sagte voller Mitgefühl: »Schlimm für Sie, Reede.«
    Â»Ich will Ihr gottverdammtes Mitleid nicht. Das Leben hat mich hart und bösartig gemacht, und ich mag es so. Ich habe früh gelernt, für mich selbst zu sorgen, weil eins verdammt sicher war, nämlich, daß kein anderer einen Finger für mich rühren würde. Ich verlasse mich nur auf mich selbst. Für mich ist nichts selbstverständlich, besonders Menschen nicht. Und ich bin entschlossen, nie so tief zu sinken wie mein alter Herr.«
    Â»Sie machen sich zuviel daraus, Reede, liefern sich den Leuten aus.«
    Â»Mmhm. Ich möchte, daß sie vergessen, daß Everett je gelebt hat. Ich will nicht, daß irgend jemand mich mit ihm in Verbindung bringt. Unter keinen Umständen.«
    Er fletschte die Zähne und zog sie an ihrem Revers dicht vor sein wütendes Gesicht. »Ich habe dreiundvierzig Jahre damit verbracht, die unglückliche Tatsache, daß ich sein Sohn bin, auszumerzen. Und jetzt, wo gerade Gras anfängt darüber zu wachsen, kommen Sie daher und stellen neugierige Fragen, lassen tote Probleme wieder aufleben, erinnern alle daran, daß ich aus der Gosse

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