Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
hatte. Tiberius packte seine Sachen zusammen und reiste ins Winterlager ab.
Dass Vipsania darauf bestanden hatte mitzukommen, machte Tiberius glücklich. Mochten die anderen doch um den Princeps herumscharwenzeln – er würde mit seiner geliebten Frau im Winterlager sein und von allen Schleimern verschont bleiben.
Es war März und der Winter neigte sich dem Ende zu. Der Schnee begann bereits zu schmelzen und das Treibeis auf dem Rhenus war verschwunden. Tiberius betrat das große Arbeitszimmer. Dort warteten schon die höchsten Offiziere der Legion. Varus, der Legat der Augusta, und die Lagerpräfekten saßen am Tisch. Die Primipili hatten an der Seite Aufstellung genommen und standen dort wie Denkmäler. Mit Ausnahme der beiden senatorischen Tribune Quirinius und Gallus hielten sich die anderen Tribune im Hintergrund. Sie würden sich nur zu Wort melden, wenn ihnen besondere Aufgaben übertragen werden würden.
Es gab nur wenige Punkte auf Tiberius’ Liste, die besprochen werden sollten, aber die waren wichtig.
Zuerst berichteten die Primipili über den Ausbildungsstand in beiden Legionen und in den Hilfstruppen. Nach ihrer Aussage war dieser zufriedenstellend, beide Legionen waren einsatzbereit. Tiberius fragte sich im Stillen, ob ein Centurio einen Ausbildungsstand jemals besser als zufriedenstellend nennen würde. Würde er den Tag erleben, an dem ein Centurio die Leistung eines Legionärs als „gut“ oder gar „sehr gut“ bezeichnete?
Danach erstatteten die Präfekten Bericht. Die Abgelegenheit Basilias machte die Beschaffung von Vorräten nicht leicht. Getreide, Speck, Dörrfleisch, Gemüse und Wein waren in ausreichender Menge vorhanden, aber man hätte sich noch eine größere Reserve gewünscht. Mitte April erwartete man noch Lieferungen aus den Depots von Lugdunum. Insgesamt war die Versorgungslage der Legion ebenfalls zufriedenstellend. An dieser Stelle hielt Galarius in seinem Vortrag erstaunt inne und betrachtete seinen Feldherrn, der aus einem unerfindlichen Grund plötzlich einen Heiterkeitsausbruch hatte. Auch die anderen sahen Tiberius erstaunt an, dieser gab aber keine Erklärung, sondern winkte Galarius nur zu, mit seinem Bericht fortzufahren. Katapulte und Ballisten waren, zerlegt und transportfertig, in größerer Stückzahl parat.
Schließlich ging es noch um die Verteilung der Hilfstruppen. Ein letztes Mal wurden die Aufstellungen durchgesehen, das Für und Wider abgewogen. Am Ende beschloss man aber, die bereits im vergangenen Herbst getroffene Entscheidung beizubehalten.
Bis auf die Ala Atectorgian und die Ala Gallorum würden alle vier anderen Reiterverbände mit der Gallica ziehen. Dafür würden der Augusta die
cohortes allobroges
und
helvetes
zugeteilt werden. Da sie tiefer in die Berge eindringen sollten, würden sie diese Kohorten notwendiger brauchen als die Gallica. Um die beiden Centurien syrischer Bogenschützen entspannte sich eine hitzige Debatte. Schließlich wurde jeder Legion eine Centurie zugeteilt.
„Wie sieht es mit den Vorbereitungen für die
equirria
, die Wagenrennen, aus?“, fragte Tiberius am Ende der Besprechung.
Varus zeigte auf einen der Tribune: „Quintus Poppaeus hat sich für die Augusta um alles gekümmert!“
Tiberius nickte ihm zu. „Also, berichte!“
Quintus Poppaeus Sabinus trat vor und befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen. „Ich habe mit Sextus Picensus den Platz für das Wagenrennen ausgemessen und vorbereitet. Die Fahrer für die Streitwagen sind aus Massilia eingetroffen. Sie sind zwar erfahrene Rennfahrer, doch trainieren konnten sie bisher kaum! Aber …“
Er machte eine Pause und Tiberius runzelte die Stirn. Jupiter Optimus, musste der Tropf so herumstammeln, konnte er nicht einfach sagen, was er wollte? „Aber?“, hakte er ungeduldig nach.
Sabinus riss sich zusammen und fuhr fort: „Momentan ist der Boden noch gefroren, aber wenn es taut, wird er sich in Morast verwandeln. Es kommt einem Würfelspiel gleich, auf so einem Boden ein Rennen zu veranstalten.“
„Solange nicht alle Schiffbruch erleiden!“, warf Quirinius trocken ein. „Das fehlt uns noch, dass die Fahrer stürzen und die Legionen darin ein böses Vorzeichen sehen.“
Tiberius’ Gesicht hatte sich bei dieser Meldung verdüstert. Er hasste es, wenn nicht alles so lief, wie es sollte. Warum mussten die Dinge immer so kompliziert sein? „Und das Opfer?“, fragte er knapp. Der Tribun der Gallica, Sextus Picenus, antwortete: „Der Altar für die Opfer
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