Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Neuigkeiten:
„Ich kann dir außerdem berichten, dass ein Feldzug gegen die Germanen immer wahrscheinlicher wird. Erinnerst du dich noch an die Affäre mit der I Augusta in Hispanien? Sie verlor doch in Folge dieser Angelegenheit ihren Namen. Kurz darauf wurde sie nach Gallien verlegt. Wie ich erfahren habe, erhält sie einen neuen Namen: Er lautet Germanica. Was sagst du nun?
Außerdem berichtete mir dieselbe Quelle, dass die XIV Gemina, du weißt, die, die außerdem noch Martria Victrix genannt wird, im Laufe dieses Jahres von Illyrien nach Gallien verlegt wird, dafür soll die IX Hispanische nach dem Feldzug nach Illyrien gehen. Findest du nicht auch, dass diese Truppenverschiebungen sehr interessant sind?
In den drei Gallien stehen bereits sechs Legionen. Eine weitere wird in Kürze dazustoßen. Drei stehen in Gallia Cisalpina, von wo aus sie über die Alpen ziehen werden
.
So viele waren seit dem göttlichen Julius nicht mehr an unserer Nordgrenze. Warum sollten sie dort zusammengezogen werden, wenn nicht zur Eroberung Germaniens? Es sind immerhin mehr als ein Drittel aller Legionen. Lucius Tarius Rufus hat die Sarmaten geschlagen, die über den Danuvius gekommen sind, und sie haben sich über den Fluss zurückgezogen. Gegen sie kann diese Truppenkonzentration also nicht gerichtet sein. Es gibt Gerüchte, die besagen, es gehe um die Eroberung Britanniens, aber da Agrippa wieder in den Osten abreisen wird, ist dies wohl nur dummes Geschwätz. Ein maritimes Unternehmen ohne den Sieger von Naucholos und Actium? Undenkbar! Denk an meine Worte, demnächst wirst du wohl durch die Wälder Germaniens ziehen!“
Lucius schluckte einmal schwer. Er las sich die Passage ein zweites Mal durch und musste seinem Bruder beipflichten. Eine solche Konzentration der Legionen konnte nur auf einen weiteren Feldzug hindeuten und in diesem Teil des Imperiums gab es nur zwei Ziele: Britannien und Germanien.
Tiberius überflog im Gehen den Brief von Piso. Dieser hielt sich zurzeit in Mediolanum auf. Er hatte Rom sofort nach der Einführungszeremonie zum Konsul verlassen und war nach Gallia Cisalpina gereist. Er schrieb über letzte Details der Vorbereitungen für den Feldzug. Piso hatte keine großen Neuigkeiten zu berichten, doch Tiberius hatte auch keine erwartet. Schließlich hatten sie den ganzen Winter über Briefkontakt gehalten.
Tiberius hatte sich entschieden, den Winter bei den Legionen in Basilia zu verbringen, weil es ihm vor den langen Winterabenden in Lugdunum graute. Augustus war nicht nach Rom zurückgekehrt, und so war eine Reihe hochgestellter Persönlichkeiten ebenfalls nach Lugdunum gekommen, um dort zu überwintern. Auch Julia, die Tochter des Princeps, weilte mit ihren beiden Söhnen Gaius und Lucius dort. Diese waren, obwohl Agrippas Kinder, im vergangenen Jahr von Augustus adoptiert worden und waren damit zugleich seine Söhne und seine Enkel.
Als sie noch Agrippas Söhne waren, hatten zahlreiche Senatoren sie öffentlich als echte Römer gelobt, um sie hinter vorgehaltener Hand als die „Brut eines Bauern“ zu bezeichnen. Jetzt, da sie die Söhne des Princeps waren, der wiederum ein Adoptivsohn eines Juliers war, überschlugen sich die Senatoren förmlich. Dem kleinen Gaius, gerade mal vier Jahre alt, wurden nur die besten Eigenschaften nachgesagt, und selbst an dem noch nicht einmal zweijährigen Lucius konnte man schon außergewöhnliche Fähigkeiten entdecken.
Augustus war ganz vernarrt in seine Enkel und freute sich über die kleinen Streiche, die Gaius seiner Umgebung spielte. Tiberius hielt Gaius für einen verzogenen Bengel, dem eine Tracht Prügel guttun würde. Als „der verzogene Bengel“ einige Wachstafeln über eine Kerze gehalten und so Material- und Anforderungslisten vernichtet hatte, setzte Tiberius diesen Gedanken in die Tat um und versetzte Gaius eine Ohrfeige. Der kleine Diktator, wie ihn Tiberius im Stillen auch nannte, setzte sich auf den Hosenboden und brüllte das ganze Haus zusammen. Seine Mutter Julia tröstete ihn und machte ihm gleichzeitig energisch klar, dass das Büro von Onkel Tiberius kein Spielplatz war und dass er in Zukunft in diesem Raum nichts zu suchen hätte. Augustus hingegen war außer sich über diese Brutalität gegenüber seinem armen Enkel und machte Tiberius eine fürchterliche Szene.
Das Geschrei der beiden so unterschiedlichen Männer war im ganzen Haus zu hören, und dieser Streit war der Tropfen, der bei dem Claudier das Fass zum Überlaufen gebracht
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