Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Stelle auf der Karte, die jenseits des Rhenus lag. „Hier liegt ein Oppidum mit dem Namen Curia. Hier werden die Kelten ihr Heer versammeln, um ihren Hauptort zu schützen. Vorher wird uns kein großes Heer von Kelten gegenüberstehen, aber wir müssen jederzeit mit Überfällen aus dem Hinterhalt rechnen. Bereitet eure Männer entsprechend vor! Mars wird uns den Sieg schenken!“
Varus beendete seine Ansprache und die Centurionen stießen Rufe der Zustimmung aus. Erregtes Stimmengewirr erfüllte das Forum und die Männer kehrten zu ihren Einheiten zurück.
Als am nächsten Morgen die Trompeter zum Wecken bliesen, lag Lucius schon eine ganze Weile wach. Er war viel zu aufgeregt, um schlafen zu können. Bevor noch der letzte Trompetenstoß verklungen war, war er bereits aufgesprungen und hatte seine Tunica gegürtet. Er brachte kaum einen Bissen von den Resten des Brotes und des Moretums herunter. Er warf das angebissene Stück Brot auf den Teller zurück und begann seine Waffen anzulegen. Dabei hatte er das Gefühl, diese Handgriffe zum ersten Mal bewusst zu tun. Die dicke, rote Wolltunica überziehen, die ein wenig kratzig war, die
caligae
, die genagelten Sandalen des Legionärs, besonders sorgfältig schnüren. Er erinnerte sich an das erste Mal, als er dieses Soldatenschuhwerk getragen hatte. Damals hatte er sie zu locker geschnürt und dauernd Steine unter dem Fuß gehabt. Ajax, der mittlerweile eingetroffen war, half ihm beim Anlegen des Kettenhemdes. Er schnallte seinen mit Nieten besetzten Gürtel um und befestigte links den Dolch. Dann hängte er sich sein Schwert um, so dass es rechts an der Hüfte hing. Die Beinschienen ließ er weg. Sie waren mehr ein Zeichen seines Ranges als ein Schutz und beim Marsch im Gelände oder beim Klettern im Gebirge äußerst hinderlich und unbequem. Ajax reichte ihm seinen Helm und seinen Mantel. Den Helm stellte er zunächst auf den Tisch und warf sich den Mantel über, den er mit einer Spange befestigte.
Das Scutum, der große Legionärsschild, blieb eingepackt, da bis Vindonissa und Turicum nicht mit Kampfhandlungen zu rechnen war und der Schild in seiner Lederhülle vor Feuchtigkeit geschützt war. Er überlegte, ob er etwas vergessen hatte. Schließlich befahl er Ajax, den Rest seiner Ausrüstung einzupacken und auf sein Maultier zu verladen. Er klemmte sich den Helm unter den Arm und verließ sein Zimmer, um sich bei Hilarius zu melden. Überall im Lager rumorte es. Legionäre räumten ihre Unterkünfte und verluden ihre Habseligkeiten auf die Maultiere.
VAE • VICTIS!
Eine Auxiliareinheit marschierte in lockerer Formation zur Aufklärung voraus. Dahinter folgte eine Legionskohorte als Vorhut. An der Spitze der Kolonne marschierten die Legionäre mit den Werkzeugen zum Lagerbau und die Pioniere, damit sie schnell bei notwendigen Arbeiten zur Hand waren. In der Mitte des Zuges ritt der Legat mit seiner Prätorianerwache, den hundertzwanzig Legionsreitern und der 1. Kohorte mit dem Geschützpark. Hinter den Wagen mit den Geschützen folgten die restlichen Kohorten mit den Versorgungswagen. Flankiert wurden sie von weiteren Auxiliareinheiten. Die restlichen Auxiliareinheiten bildeten den Abschluss der Kolonne. Ihnen folgte eine Legionskohorte als Nachhut. Eine fünf Meilen lange Kolonne wand sich so die Straße von Basilia nach Vindonissa entlang. Hinter Vindonissa teilte sich die Legion auf, so wie Varus es angekündigt hatte.
„
Pergite!
Vorwärts, Marsch!“ wurde in den nächsten Tagen der meistgehörte und manchmal auch meistgehasste Befehl. Stur und stumpf marschierte die Legion los. Die Männer in den Kolonnen atmeten den aufgewirbelten Staub ein und mussten aufpassen, nicht in die Ausscheidungen der Maultiere zu treten. Ab und zu stockte die Kolonne und kam zum Stehen. Dann standen die Männer geduldig in der Sonne und warteten, bis es weiterging. Sie tauschten Mutmaßungen aus, wer oder was für die Unterbrechung verantwortlich sein könnte, und warfen einander Scherzworte zu. Alle schienen gelassen zu sein, nur Lucius horchte und lauerte auf das Signal: „
Ad arma!
Zu den Waffen!“ Aber nach einer Weile folgte nur wieder der Ruf: „
Pergite!
“, und die Männer setzten sich erneut in Bewegung. Sie pfiffen und sangen Lieder. Doch als sie den ersten Wald durchquerten, wurden sie merklich still.
Der Staub ließ nach, aber dafür schienen die Bäume bedrohlich und einengend. Die Legionäre warfen besorgte Blicke über die Schulter auf den dunklen,
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