Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
‚Centurio!“, antwortete an seiner Stelle Drusillus.
„Äh, ja!“, stammelte auch Lucius.
Valens ging jetzt zu Varus und erklärte ihm etwas, wobei er auf Lucius zeigte. Varus’ Gesicht zeigte zunächst Verwirrung, die aber bald einem schelmischen Lächeln wich. „Gut, gut!“
Varus trat näher und setzte dabei eine Miene auf, wie man sie von einem gütigen Großvater erwarten durfte.
„Ja, meine Lieben, ich habe gehört, dass ihr zu keinem harten Dienst mehr fähig seid, weil ihr euch für das Imperium aufgeopfert habt. Aber Rom ist gütig und es freut euch bestimmt zu hören, dass Augustus für euch sorgen wird!“
Die acht starrten verblüfft zu Varus hinauf. Der Legat sprach direkt zu ihnen, das war ihnen noch nie widerfahren, und dann auch noch in einer Art und Weise, als ob sie noch mit den Nüssen spielten. Der Arbeitseifer rund um sie herum erlahmte wieder. Selbst Hilarius und Vitellius vergaßen, ihre Männer anzutreiben, die betont nicht zuhörten, aber trotzdem versuchten, alle Geräusche zu vermeiden, die das Gespräch hätten übertönen können.
Dies war aber gar nicht nötig, denn Varus fuhr mit lauter Stimme fort: „Nach diesem Feldzug werdet ihr zur III Augusta versetzt, wo ihr dann die restlichen zehn oder fünfzehn Jahre eurer Dienstzeit sicher und ruhig ableisten könnt!“
Das blanke Entsetzen erschien auf den Gesichtern der acht angesprochenen Legionäre. Sie sollten nach Africa geschickt werden? Sie sollten dahin, wo die Garamanten lebten? Und das noch die nächsten zehn Jahre? Den Rest ihrer Dienstzeit in Africa nur noch Kamele bewachen und Schakale vertreiben? Ausgerechnet jetzt, da jeder Legionär davon sprach, dass es in den nächsten Jahren große Kriege an Rhenus und Danuvius geben würde? Hier würde es Ruhm und Beute geben, in Africa nur den Hitzschlag!
Petilius beendete das entsetzte Schweigen: „Bei Mars Stator, aber … aber … Legat …!“ Es klang beinahe flehend.
„Du brauchst mir nicht zu danken!“, säuselte Varus und winkte huldvoll. „Das ist doch selbstverständlich!“
Er stolzierte mit Valens und Quirinius im Schlepptau davon. Valens zeigte seine bekannte unergründliche Miene, Quirinius zwinkerte Lucius im Vorbeigehen zu und sah dann wieder teilnahmslos an ihm vorbei.
Lucius fühlt sich wie ein Riese. „So!“, sagte er gedehnt und hätte am liebsten laut gelacht. „Jetzt lass die Männer in Ruhe weiterarbeiten, Optio, und sei nicht mehr so hart zu ihnen!“
Er ging weiter entlang der Reihen arbeitender Männer und auch Drusillus nahm seinen Kontrollgang wieder auf. Die acht starrten fassungslos hinter ihnen her. Dann hackten sie wie die Berserker auf den Boden ein, als wäre dieser ein Ungeheuer, das es zu erschlagen gelte.
Lucius lächelte, als er an diese Begebenheit dachte, und beugte sich wieder über seinen Tagesplan. Er musste kontrollieren, ob die durch die Ausfälle bedingten Änderungen in der Wacheinteilung vorgenommen worden waren. Dann gab es noch einige Schreibarbeiten zu erledigen. Die Verlustliste, die Verpflegungsanforderungen und … Ach, bei Plutos Arsch! RUHETAG, wenn er diesen Ausdruck schon hörte, bekam er Mordgedanken.
Plötzlich erschien vor seinem inneren Auge der junge Brigant, den er getötet hatte. War es ein Fehler gewesen, diesen Jungen zu töten? Er hätte ihn vermutlich niemals so nahe an sich heranlassen dürfen, dass er ihn anfassen konnte. Aber er war doch nur ein Kind gewesen. Allerdings ein Kind, das durch sein Gebaren die Sicherheit der ganzen Unternehmung gefährdet hatte. Und doch …
„Unsinn!“, fauchte Lucius so laut, dass Ajax erschrocken zusammenfuhr. Verstimmt knallte Lucius das Geschirr auf den Tisch. Wie ein altes Weib oder ein Philosoph benahm er sich. Jammerte wegen zu viel Arbeit und grämte sich um einen toten Feind. Der war schließlich selbst schuld. Wer seinen Wächter angriff, musste mit dem Tod rechnen. Er schüttelte energisch das Bild des sterbenden Jungen ab, das sich derart in seine Erinnerung eingebrannt hatte, erhob sich steifbeinig, nickte Ajax kurz zu und bedeutete ihm, dass er abräumen konnte.
Beim Jupiter, wie er mal wieder stank! Als ob er sich im Schweinekoben gewälzt hätte. Seine Tunica starrte vor Dreck und seinen Mantel konnte man in die Ecke stellen, wo er von selbst stehen würde. Und hinten juckte und brannte es. Nach Tagen ohne die Reinigung mit dem Afterschwamm, anstatt dessen nur Blätter zur Verfügung standen, war auch dort eine gründliche Waschung
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