Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Gallier. Als die Gallier unter Brennus Rom belagerten, war die Stadt bereit, sich freizukaufen. Brennus benutzte aber falsche Gewichte. Als sich die römischen Abgesandten beschwerten, warf er mit den Worten
Vae Victis!
sein Schwert auf die Waage.“ Lucius machte eine Pause. „Dies war uns auf jeden Fall eine Lehre.“
Ripanus verzog das Gesicht zu einer Grimasse: „Dass uns ausgerechnet ein Gallier diese Weisheit beibringen musste. Wie dumm von ihm!“ Sie lachten gequält.
Auch der sonst so harte Ripanus scheint sich nicht von dem Mitgefühl für die Gefangenen freimachen zu können, dachte Lucius. Auch dies ist der Krieg.
Am späten Nachmittag näherten sie sich dem Lagerplatz. Die Legionäre hatten bereits damit begonnen, das Lager zu errichten.
„Vorsichtig, Achtung!“, schrie plötzlich jemand hinter Lucius. Er fuhr herum und sah drei Gefangene weglaufen. Sie hatten die Unaufmerksamkeit der Wachen so kurz vor dem Ziel genutzt und waren losgelaufen. Sofort setzten einige Legionäre ihnen nach. Trotz ihrer schweren Waffen holten sie die an Händen und Füßen gefesselten Ausreißer mühelos ein.
Die drei Jünglinge, keiner älter als vierzehn, wehrten sich heftig mit bloßen Händen. Sie traten und schlugen um sich. Auch als sie niedergerungen waren, gaben sie keine Ruhe. Sie schrien, schnappten mit den Zähnen nach den Händen ihrer Häscher. Lucius kam hinzu und sah, dass die drei nur mühsam von den Männern gebändigt werden konnten.
„Bringt sie zur Räson!“, befahl er so barsch, wie es ihm möglich war, um seine Aufregung zu verbergen.
Die Legionäre hatten damit alle Hände voll zu tun. Lucius wurde sich bewusst, dass der Gefangenenzug angehalten hatte und alle die Szene beobachteten. Wenn die Gefangenen den Eindruck bekamen, dass sie mit drei Jünglingen nicht fertig wurden, würden sich die Schwierigkeiten häufen. Wut über diese drei dreckigen Barbaren überkam ihn. Erst plünderten sie jahrelang römisches Gebiet und jetzt, da sie die Quittung dafür bekamen, machten sie ihm auch noch Schwierigkeiten und gefährdeten seine Aufgabe!
Grob rissen die Legionäre einen der drei auf die Beine und schlugen zweimal gegen seinen Kopf. Der Barbar, nicht älter als dreizehn Jahre, trat wild um sich und schrie irgendetwas in seinem Kauderwelsch. Lucius verstand genug von dem Dialekt, um Flüche und Beschimpfungen zu erkennen. Er hatte genug von dem Geschrei und Gebrüll. Er holte mit seiner Vitis aus und hieb damit links und rechts auf die Schulter des Barbaren.
„Halt’s Maul und benimm dich, du Idiot!“, schrie er ihn im helvetischen Dialekt an, gleichgültig, ob ihn der andere verstand oder nicht.
Der Junge zeigte sich unbeeindruckt, rief den Fluch der Götter auf die Römer herab und bedachte sie weiter mit unflätigen Beschimpfungen. Als er Lucius zu allem Überfluss auch noch anspuckte, riss diesem der Geduldsfaden.
„Na warte!“, knurrte er und schlug dem Gefangenen den Stock quer über das Gesicht. Der Junge stieß einen schrillen Schrei aus, sein Kopf flog hintenüber und es knackte laut, als seine Nase brach. Die Legionäre ließen ihn los und er fiel blutüberströmt ins Gras.
Mit drohend erhobenem Stock wandte Lucius sich den beiden anderen zu. Sie gaben ihren Widerstand auf und ließen sich zurück zum Zug führen.
„Centurio!“, brüllte Albanus.
Der niedergeschlagene Junge war wieder aufgesprungen und stürzte sich mit einem Kriegsschrei auf Lucius. Der wirbelte herum und versuchte die Hände abzuwehren, die nach seinem Hals griffen. Albanus stieß den Jungen in die Seite, der strauchelte und wieder zu Boden fiel. Dabei griff er nach Lucius’ Schwertgurt und hielt sich daran fest. Lucius verlor das Gleichgewicht und fiel auf den Barbaren, der sich an ihm festklammerte. Ein Schlag traf ihn in seine Weichteile. Lucius zuckte vor Schmerz zusammen und glaubte für einen Moment, wieder in jener Gasse in Massilia zu sein. Höhnisches Gelächter ertönte aus dem Gefangenenzug. Aber schon waren die Legionäre da, rissen den Jungen weg und zerrten Lucius in die Höhe, der vor Wut schäumte.
„Du Bastard, du dreckiger, kleiner Barbar! Das wirst du büßen. Ich werde ein Exempel statuieren!“, knirschte er mit zusammengebissenen Zähnen.
Er zwang sich zur Ruhe, als er seinen Gladius zog und auf den Jungen zutrat, der von zwei Legionären festgehalten wurde.
„Es muss jedem Gefangenen klar sein, was ihm blüht, wenn er sich Rom widersetzt!“, verkündete Lucius laut.
Ihre
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