Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Wall auf. Einen römischen Centurio hätte er nicht zufriedengestellt, ein Legionär hätte gelächelt. Für die Kelten aber war es eine außergewöhnliche Maßnahme. Sie waren stolz auf ihre Leistung.
Die Frauen, Kinder und Alten wurden aus dem Ort gebracht und über den Fluss gesetzt. Die Mauer wurde ausgebessert und erhöht. Merkwürdigerweise ließen die Römer sie gewähren. Schnell wie der Wind waren sie über die Briganten und Estionen hergefallen, und jetzt trödelten sie in Cambodunum herum. Als endlich dreitausend Cattenaten eintrafen und noch weitere Vorräte mitbrachten, wuchs die Zuversicht der Licaten. Sie waren bereit. Die Römer konnten kommen.
„Warum lässt du dir so viel Zeit, Tiberius?“, fragte Varus. „Wir trödeln jetzt schon eine Woche länger in Cambodunum herum als nötig. Mittlerweile sitzt das Heer der Licaten gut gesichert in Damasia, und wir müssen sie da mühsam herausholen.“
„Warum so kleingläubig, Publius Quinctilius?“, fragte Tiberius gelassen. „Dieses kleine Nest und diese mickrigen Befestigungen werden uns nicht lange aufhalten. Ich lasse mir Zeit, weil ich ein Exempel statuieren will. Die Stämme sollen sehen, dass sie keine Möglichkeit haben, zu gewinnen. Selbst wenn sie Zeit und Ort des Kampfes bestimmen können und so viel Zeit haben, wie sie wollen, sich auf den Kampf vorzubereiten! Du wirst sehen, es wird wie ein Manöver ablaufen. Wir werden ein paar Verluste haben, aber dafür wird es keine Aufstände mehr in unserem Rücken geben! Wir legen also hier in Ruhe ein Lager für die Kohorte an, die unseren Nachschubweg nach Brigantium sichert.“
„Eile mit Weile, würde Augustus jetzt sagen!“, bemerkte Varus lächelnd. „Sind die Männer nicht prächtig? Die Auslese des römischen Volkes!“ Die letzten Worte sagte er mit ironischem Unterton und Seitenblick auf einige Tribune, die auf dem Forum herumlungerten und Wein tranken.
„Zum Kriege zusammengekehrt, das Gerümpel des Landes!“, entgegnete Tiberius, der dem Blick gefolgt war, und fügte, als er Varus’ fragenden Blick sah, noch hinzu: „Homer!“ Er hielt dem Legaten eine Schriftrolle hin. „Übrigens sind mein Bruder und seine zwei Legionen nicht weit!“
Nach dem Abstecher zu den Norikern hatte Drusus seine beiden Legionen wieder vereinigt und marschierte nun nach Westen. Er hatte Tiberius einen Boten geschickt und erfahren, dass dieser die Estionen unterworfen hatte und sich anschickte, gegen die Licaten vorzurücken. Drusus’ Kundschafter hatten schon gemeldet, dass sich auch die übrigen vindelicischen Stämme sammelten.
Doch den Rucinaten und Cosuaneten blieb das plötzliche Auftauchen einer weiteren römischen Streitmacht in ihrem Rücken nicht verborgen und das Heer, das bereits am See der Licaten angekommen war, machte kehrt und marschierte eiligst nach Osten.
Die Augusta marschierte in Schlachtordnung auf, flankiert von den Helvetern und den Belgen. Mit lautem Geschrei strömten die Licaten aus Damasia heraus und stellten sich hinter dem Wall in Schlachtordnung auf. Sie bemerkten nicht, dass die Gallica hinter der Augusta ein Legionslager errichtete und dann nach Norden zog. Einige Meilen westlich vom See der Licaten lag ein weiterer kleiner See. Die Gallica marschierte direkt in die Enge zwischen den beiden Seen und errichtete dort ihr Lager. Dann wurden Gräben ausgehoben und der Durchgang nach Norden und Süden gesichert.
Als die Dämmerung hereinbrach, zog sich die Augusta geordnet ins Lager zurück. Die Licatier verbuchten dies als ersten kleinen Erfolg. Am nächsten Tag setzten die Römer ihre Bautätigkeit fort. Sabinus übernahm das Kommando über die Helveter und die Reiter. Sie schlossen die Lücke zwischen den beiden Legionslagern. Ahenobarbus zog mit dem Aufgebot der Belgen nach Süden und baute deren Lager südlich von Damasia auf, direkt am Ufer der Lica. Damit war der Ort von Westen und Norden her komplett abgeriegelt. Als Ausweg blieben nur noch die Wege nach Osten und über den See.
Am Abend zogen sich die Römer wieder geordnet in ihre Lager zurück, ohne auch nur einen Angriffsversuch gestartet zu haben.
Auch die Kelten zogen sich nach Damasia zurück. Der Ort war für so viele Krieger viel zu klein und die meisten verbrachten eine ungemütliche Nacht. Das provisorische Lager am Fluss stank schon bald bestialisch, da die Kelten keine Latrinen ausgehoben hatten.
Drei Tage lang marschierten die Kelten jeden Morgen in Schlachtordnung auf, drei Tage lang
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