Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
Entsetzen geworden waren, das sie gelähmt hatte, hatten sich die Legionäre voller Hass und Zorn in einen Blutrausch gesteigert und die wenigen Teutonen, die noch lebten, brutal niedergemetzelt. Viele waren bereits tot gewesen. Die teutonischen Frauen hatten zuvor nicht nur ihre Kinder getötet, sondern auch die fliehenden Männer erschlagen, bevor sie sich selbst umbrachten, um den Römern nicht in die Hände zu fallen.
Vitellius blieb stehen und sah auf Lucius herunter.
„Schwere Verletzungen?“
Der Arzt schüttelte den Kopf: „Ein Pfeil hat die Schulter getroffen, das ist die schwerste Wunde. Eine tiefe Schnittwunde am Arm, tut weh, ist aber kein Problem; eine Quetschung an der Seite, wo ihn ein Schwert getroffen hat. Es hat das Kettenhemd nicht durchschlagen, ist nicht schlimm, aber auch schmerzhaft.“
„Gut! Sieh zu, dass du ihn auf die Beine bringst!“
Vitellius ging zu seinen Männern hinüber. Lucius nahm seine Umgebung wie aus weiter Ferne wahr. Er erinnerte sich nun wieder daran: Er hatte gelesen, dass die Frauen der Teutonen ihre Kinder und Säuglinge bei Aquae Sextiae als Wurfgeschosse benutzt oder sie getötet hatten, damit sie nicht den Römern in die Hände fielen. Er hatte es damals nicht geglaubt. Natürlich waren auch den Römern Hingabe und Opferbereitschaft bekannt. In der römischen Geschichte gab es genug Beispiele für Männer und Frauen, die ihre Gesundheit und ihr Leben für Rom eingesetzt hatten.
Horatius, der mit zwei Getreuen die Brücke gegen das etruskische Heer gehalten hatte; Mucius Scaevola, der seine Hand verbrannt hatte, um zu beweisen, dass er die Folter nicht fürchtete; Cloelia, die mit ihren Freundinnen aus etruskischer Geiselhaft geflohen war. Und nicht zu vergessen Regulus, der Konsul, den die Punier mit Friedensangeboten nach Rom geschickt hatten. Dort hatte er zur Fortführung des Krieges geraten und war seinem Wort getreu zurück in die punische Gefangenschaft gegangen und dort ermordet worden.
Aber niemals wäre jemand auf die Idee gekommen, unschuldige Kinder als Waffen zu gebrauchen! Sich selbst zu opfern, ja, aber doch keine Kinder! Welch ein Wahnsinn war für solche Taten nötig! Das war so hassenswert wie die Punier, die ihre Kinder dem Baal geopfert hatten. Und genützt hatte es auch nichts, da Jupiter sich am Ende doch als stärker erwiesen hatte.
Die Legionäre sammelten die Waffen ein, versorgten ihre Verwundeten und töteten die verwundeten Feinde.
Plötzlich unterbrachen sie ihre Tätigkeit und sahen zu ihrem Feldherrn, der mit seinem Stab über das Schlachtfeld ritt. Lucius hörte, wie das Rufen begann, konnte es aber zunächst nicht verstehen. Es wurde lauter und lauter. Rhythmisch riefen die Männer immer wieder und wieder.
Jetzt verstand es auch Lucius: „Imperator, Imperator!“
Drusus durfte also bei seiner Rückkehr nach Rom einen Triumph feiern, die höchste Ehrung für einen Feldherrn, die Ausrufung zum Imperator. Varus ritt auf ihn zu und beglückwünschte ihn zu dem Sieg.
„Es war ein schwerer Kampf, aber dein Erscheinen auf dem rechten Flügel hat die Männer ermutigt, wieder vorzurücken!“
Drusus sah erschöpft aus, sein übermütiges Lächeln war verschwunden. „Härter als ich gedacht hatte! Leider ist es uns nur gelungen, diese eine Abteilung der Barbaren zu vernichten. Andere sind in die Wälder entkommen! Morgen werden wir anfangen sie aufzuspüren!“
Varus sah ihn entsetzt an: „Drusus, bist du von Sinnen? Du kannst den Germanen nicht weiter in die Wälder folgen!“
Auf Drusus’ Gesicht erschien ein verstockter Ausdruck. „Warum nicht? Wir müssen die einmal begonnene Arbeit beenden!“ Drusus wendete sein Pferd und ritt fort.
Beim Abendessen wurde er von den Tribunen beglückwünscht.
„Glückwunsch, Nero Claudius Drusus. Du wirst den ersten Triumph seit Marcus Agrippa feiern. Wie lange ist das her? Zehn Jahre, fünfzehn Jahre?“, sagte Scapula.
Drusus schüttelte den Kopf. „Es wird keinen Triumph geben. Wir leben leider nicht mehr wie in den glorreichen Zeiten der Republik, wo Feldherren von ihren Soldaten zum Imperator ausgerufen wurden. Dieser Feldzug findet unter den Zeichen und Auspizien meines Stiefvaters statt. Also kann nur er triumphieren.“
Die anderen sahen ihn entsetzt an. „Was sagst du da? Aber alle Feldzüge gegen die Cantabrer, die Raeter oder jetzt gegen die Germanen finden unter diesen Bedingungen statt. Heißt das, es wird kein Feldherr mehr einen Triumph feiern können?“
Drusus
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