Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
sie es getan hatten. Sonst hätte ich die Männer warnen und darauf vorbereiten können.“
„Ja, das wäre hilfreich gewesen“, bemerkte Hilarius trocken. „Und wo liest man solche Sachen?“
„Oh, in den Berichten der Geschichtsschreiber, Polybios oder Hero-dot zum Beispiel, oder auch in den Sagen. Da werfen Feldherren schon mal Feldzeichen unter die Feinde, um die Truppen zum Vormarsch zu animieren.“
„Das sind aber nur Sagen, Marcellus!“, kam der Einwand. „Es ist mehr als waghalsig, eine Sage einfach nachzuspielen. Würdest du dir etwa auch wie Scaevola die Hand verbrennen?“
Lucius lächelte schief. „Nein, das wohl nicht. Aber nicht nur in den Sagen wird davon erzählt. Auch Caesar beschreibt bei der Schilderung seiner Landung in Britannien, wie die Legionäre angesichts der Feinde auf den Schiffen blieben und sich nicht an Land trauten. Daraufhin sprang einer der Adlerträger auf und schrie: ‚Springt, Kameraden, wenn ihr den Adler nicht dem Feind ausliefern wollt!’ Alle folgten ihm.“
„Springt, Kameraden!“, wiederholte Mallius und stutzte. „Du hast das Gleiche gerufen!“
„Natürlich!“ Lucius grinste jetzt. „Was Caesar geholfen hat, kann uns doch auch helfen, oder?“
„Was für Zeiten!“, knurrte Hilarius und hielt ihm den leeren Becher hin. „Und was für ein scheußliches Gesöff! Du hast doch mal eine Amphore Falerner vom Legaten geschenkt bekommen?“
Die Legion ist ein Dorf, dachte Lucius, aber woher, beim Bacchus, wusste Hilarius das?
„Einen Schlauch, und der ist bereits leer!“, log Lucius, ohne mit der Wimper zu zucken. Um sich hier die Erinnerung wegzutrinken, würde er nicht den guten Wein verschwenden.
Die Legionen marschierten zuerst nach Westen, wandten sich dann nach Süden und überquerten den Danuvius. Es war nun Ende August und die Sonne brannte heiß vom Himmel. Jetzt waren die Wälder eigentlich willkommene Schattenspender, doch die Römer fühlten sich in ihnen nach wie vor unwohl. Es gab hier zahlreiche Insekten, einige Legionäre hatten schon mit Zeckenbissen zu kämpfen gehabt. Offenbar konnte der Biss dieser kleinen Biester sogar tödlich sein. Lucius hatte es bei einem der Männer aus dem Tross gesehen: Das Insekt hatte sich in seinem Nacken festgebissen und seine Kameraden hatten es entfernt. Zuerst hatte der Biss noch ein wenig geblutet und war ein bisschen entzündet gewesen. Dann war die Entzündung abgeklungen und alles schien überstanden. Aber plötzlich hatte der Mann Fieber bekommen, war ins Delirium gefallen und schließlich gestorben. Seitdem waren die Wälder den Römern noch verhasster als sonst.
Sie erreichten Basilia, wo mittlerweile auch die Gallica und die Hispania eingetroffen waren.
In den vergangenen fünf Monaten hatten sie die Raeter und Vindelicer unterworfen und eine Schlacht gegen die Germanen gewonnen. Jetzt würden sie vor dem Winter noch eine Reihe Verwaltungsaufgaben durchführen, und in der Provinz musste ein wenig aufgeräumt werden. Es gab immer noch einige Widerstandsnester in den Bergen.
Doch zunächst wurde noch einmal gefeiert, eine Belohnung für die Leistung der Legionäre und ein guter Anlass, dem Wein kräftig zuzusprechen. Zu Ehren des Augustus fand an den Kalenden des September ein großes Fest statt.
Am Morgen danach erwachten die Legionen mit einem kollektiven Kater. Nur die nötigsten Wachen, die Strafdienst hatten, versahen ihren Dienst. Die anderen waren bis zum Mittag vom Dienst befreit. Für den Nachmittag wurde dann Zeugdienst angesetzt und die Soldaten brachten ihre Ausrüstung in Ordnung.
Lucius nahm sich die Post vor, die in Basilia gelagert worden war. Als er mit Mallius zusammen die Empfänger sortierte, hatte er plötzlich einen Kloß im Hals.
„Der hier ist für Tertinius!“, sagte er mit belegter Stimme. Das Bild des jungen Legionärs stand ihm deutlich vor Augen.
Mallius nickte nur und zeigte auf einen Stapel Briefe, die er bereits aussortiert hatte. Für ihn war das Aussortieren der Briefe eines Toten bereits nur noch Routine.
Auch für Lucius waren Briefe dabei. Er überflog die Absender: ein Brief von seinem Vater, einer von Gaius, einer von Marcus. Von seinen Freunden waren ebenfalls Briefe gekommen. Da gab es einiges zu lesen.
Er öffnete den von seinem Vater zuerst. Gnaeus Marcellus hatte nur wenige Zeilen geschrieben. Er hoffte, dass Lucius bei guter Gesundheit sei und die Strapazen seines ersten Feldzuges gut überstanden habe.
„Ich habe schon gehört, dass du
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