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Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Pollmann
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der Vereidigung vergangen. Die neuen Legionäre waren auf die Centurien verteilt worden, einige waren mit neu ernannten Centurionen zur Gallica abmarschiert und das Lager war zur alten Routine zurückgekehrt.
    Das ganze Lager? Nein, Lucius nicht! Er hatte den Befehl bekommen, sich bereitzuhalten und auf weitere Befehle zu warten. So hielt er sich die meiste Zeit in der Nähe seines Quartiers auf. Seine Versuche, mit den anderen Centurionen ins Gespräch zu kommen, waren kläglich gescheitert. Sie beantworteten seine Fragen nur, wenn sie mussten. Ansonsten fuhren sie in ihren Tätigkeiten fort, als ob er sie gar nicht angesprochen hätte. So nahm er seine Cena immer allein ein. Wenn er gedacht hatte, mit der Vereidigung wären alle Widerstände überwunden, so musste er feststellen, dass er sich getäuscht hatte.
    Lucius gab sich keinen Illusionen mehr hin. Die altgedienten Offiziere würden ihn nie als einen der Ihren akzeptieren. Er war ohne Einheit, ohne Kommando, ohne Freunde – der einsamste Mensch unter den Tausenden im Lager. Während der Ausbildung war es sein Ziel gewesen, die vier Monate bis zur Vereidigung zu überstehen. Und jetzt? Das Triumphgefühl, das ihn auf der Vereidigung erfüllt hatte, war verflogen. Stattdessen fragte er sich wieder einmal: Habe ich die richtige Entscheidung getroffen?
    Dennoch zwang er sich jeden Abend dazu, sein Essen vor dem Quartier einzunehmen. Jeder, der vorbeikam, sollte sehen, dass sich Lucius Marcellus nicht unterkriegen ließ.
    Ein Legionär näherte sich, blieb vor ihm stehen und grüßte. Lucius grüßte zurück.
    „Centurio Marcellus?“
    Lucius nickte wortlos. Wie sollte er mit dem Mund voller Erbsenbrei und Speck auch antworten? „Du sollst mich zum Primipilus begleiten.“
    Lucius seufzte, stellte sein Essen beiseite und erhob sich. Obwohl sein Herz raste, tat er nach außen gleichgültig, als ob er jeden Tag zum Ersten Speer befohlen wurde.
    „Woran hast du mich erkannt?“, fragte Lucius, als sie durch das Lager gingen.
    Der Legionär sah ihn von der Seite an und lächelte schief: „Ich sollte einfach nach dem jüngsten Centurio Ausschau halten, den ich finden konnte.“
    Sie erreichten das Forum und Lucius wollte sich automatisch nach links wenden, zur Baracke der ersten Centurie, aber der Legionär hielt ihn am Arm fest und zeigte auf das Haus des Feldherrn.
    Zum Haus des Feldherrn? Lucius sah an sich herunter. Wenn er das gewusst hätte, hätte er noch schnell eine saubere Tunica und sein
sagum
, seinen Soldatenmantel, angelegt. Der Feldherr war schließlich kein Geringerer als Tiberius Claudius Nero, der Stiefsohn des Augustus und Schwiegersohn des Agrippa.
    Der Legionär, der ihn begleitete, teilte den Wachen an der Tür mit, dass Centurio Marcellus zum Primipilus befohlen worden sei, der sich gerade beim Legaten aufhielt, zeigte dann schweigend auf die Tür und verschwand. Lucius klopfte zaghaft an und trat ein. Direkt neben der Tür stand eine weitere Wache und sah ihn finster an.
    „Centurio Marcellus soll sich beim Primipilus melden!“, hauchte Lucius leise.
    Die Wache nickte und wies ihn stumm an zu warten. Lucius’ Vater hatte Tiberius in den Osten begleitet und sein Bruder Marcus kannte Vipsania, dessen Frau, schon seit sie ein kleines Kind war. Bei einem gesellschaftlichen Treffen hätte Tiberius ihn als Sohn eines Klienten von Marcus Agrippa begrüßt und seine Anwesenheit zur Kenntnis genommen. Auch wenn Lucius als Plebejer und Sohn eines frisch ernannten Ritters gesellschaftlich nicht auf einer Stufe mit einem patrizischen Claudier stand, hätten die Sitten und Gepflogenheiten der Ahnen es verlangt, dass Tiberius mit ihm ein paar Worte gewechselt hätte.
    Als Feldherr jedoch warf er dem gerade eingetretenen Centurio einen nichtssagenden Blick zu. Dann vertiefte er sich wieder in das Gespräch mit dem Mann neben ihm. Lucius blieb neben der Tür stehen und nutzte die Gelegenheit, dass keiner Notiz von ihm nahm, um sich umzusehen.
    Der Raum war spartanisch eingerichtet: ein Schreibtisch, ein Regal mit Schriftrollen. Ein Feldbett war hinter die Tür geschoben und es gab einige schlichte Stühle. Kein Pomp und Prunk, keine kostbaren Möbel oder Clinen. An der Wand hing eine Landkarte. Der große blaue Klecks in der Mitte muss der Lacus Venetus sein, dachte Lucius bei sich. Rund um den See waren mit Kreuzen einige Punkte markiert und zahlreiche Pfeile zeigten Richtungen an.
    In der Mitte stand ein großer Tisch, der mit Schriftrollen, Tafeln

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