Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
unterschrieben, aber ihre endgültige Unterwerfung würde den Weg nach Osten erleichtern. Außerdem werde ich mit den Latobrigen nördlich des Rhenus sprechen. Sie sollen uns nächstes Jahr mit Vorräten, Getreide, Speck und Erbsen, versorgen.“
Augustus nickte zustimmend.
„Dein Bruder Drusus wird mit der XXI Rapax und der XIII Gemenina in zwei Abteilungen über die Alpen ziehen, die sich bei Bratanium wieder vereinigen.“ Tiberius zeichnete die genannten Routen auf der Karte ein.
„Wo hast du die Winterquartiere eingeplant?“, fragte Augustus.
„Basilia für die Augusta! Dort kreuzen sich drei Versorgungsrouten und es gibt gutes Weideland für die Pferde. Das Wetter wird scheußlich sein, aber es kann ihnen nicht schaden. Da die Gallica das ganze Jahr hart gearbeitet hat, hole ich sie nach Lugdunum!“
„Es wäre vielleicht besser, auch die Gallica in Basilia überwintern zu lassen“, wandte Augustus ein. „Halte sie möglichst weit weg von Lugdunum. Ich hole die XVII und XVIII aus Aquitanien hierher. Die Stadt wird von Weinverkäufern und Huren nur so wimmeln. Wenn du deine Legionäre auch nur in die Nähe der Stadt ließest, wäre die ganze Ausbildung umsonst gewesen.“
„Willst du sie auch gegen die Vindelicer einsetzen?“ Tiberius fand den Aufwand übertrieben. Sechs Legionen mit Hilfstruppen gegen ein paar Bauern?
Doch Augustus schüttelte den Kopf: „Nein. Ich hole mir den Adler der fünften Legion zurück. Dazu werde ich mit diesen beiden und den beiden Legionen der Belgica sowie einigen
foederati
der Remer, der Treverer und der Ubier zum Rhenus ziehen und die Unterwerfung der Sugambrer verlangen.“
Tiberius pfiff durch die Zähne. Natürlich konnte Augustus den Adler nicht bei den Germanen lassen. Schon allein deshalb nicht, weil er mit großem Pomp die Adler von den Parthern zurückgeholt hatte und bei der Gelegenheit auch noch einmal daran erinnert hatte, dass einige dieser Adler von Marcus Antonius verloren worden waren.
Wenn aber Augustus nun persönlich die Armee anführte, bedeutete das zweierlei: Erstens war die Rückgabe auf diplomatischem Wege bereits eingefädelt, und zweitens gedachte sich Augustus gegenüber dem Senat in Szene zu setzen.
Seine nächsten Worte bestätigten diese Annahme: „Ich werde im Übrigen nicht alleine gehen, sondern mich von einer Reihe honoriger Männer begleiten lassen. Marcus Livius Drusus als Konsul und Marcus Lollius als Statthalter werden mich ebenso begleiten wie der designierte Konsul Marcus Licinius Crassus. Den Crassi stünde ein bisschen Ruhm wieder gut zu Gesicht. Du siehst, vor so viel
dignitas
und
autocratias
müssen die Germanen einfach weichen.“
Tiberius’ Gesicht hatte sich, während Augustus sprach, verdüstert: „Lollius. Jetzt haben wir gerade die Adler von den Parthern zurückerhalten, da verliert dieser Narr einen an die Germanen.“
„Militärisch ist diese Niederlage zu verschmerzen. Aber der Verlust des Adlers und der Centurionen, die zuvor gefangen und gekreuzigt wurden, haben die Moral der Alaudae angeschlagen.“ Augustus machte eine Pause. „Das ist weniger ein Feldzug als eine Demonstration für die Moral der Truppen. Merke dir eines: Die Moral deiner Männer ist das Wichtigste! Achte auf ihre Stimmungen und tu alles, um eine schlechte Stimmung zu vermeiden.“ Tiberius verzog sein Gesicht zu einem schiefen Lächeln.
IN • DER • XIX • AUGUSTA
Die Schikanen hatten aufgehört. Anscheinend hatte Vulso seinen ganzen Erfahrungs- und Einfallsreichtum zum Schikanieren der Rekruten ausgeschöpft und aufgegeben. Er ließ Lucius nun in Ruhe. Nur die Blicke, mit denen er ihn bedachte, waren immer noch voller Hass und Verachtung.
Während der letzten Tage der Grundausbildung lernte Lucius die Aufgaben der
immunes
und
principales
kennen.
Die
immunes
waren vom normalen Routinedienst befreite Soldaten, die eine spezielle Aufgabe bekamen. Sie waren keine Vorgesetzten und erhielten den gleichen Sold wie die anderen. Lucius arbeitete für Vulso als Schreiber und ging dem Waffenmeister zur Hand.
Dabei musste er sich die Vorträge der
principales
anhören. Die
principales
hatten Befehlsgewalt und bekamen höheren Sold. Zu ihnen gehörten der Signifer, der Feldzeichenträger, der außerdem die Kasse der Einheit verwaltete, und der Tesserarius, der die Parole ausgab und den Centurio bei Wach- und Innendiensten unterstützte.
„Eine letzte Nacht als Probatus!“, dachte Lucius, als er sorgfältig den Fensterladen schloss
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