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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Todes. Die verlorene Seele wütete in dieser Nacht schlimmer, als Cazaril es je zuvor erlebt hatte. Unter dem Ansturm des Zorns schienen die letzten Reste von Dondos Verstand und seiner geistigen Gesundheit zu zersplittern. Cazaril konnte sich den Grund dafür denken, und daher grinste er, während er sich in Qualen auf dem Bett wälzte, während die fürchterlichen, pulsierenden Schmerzen in seinem Leib wühlten.
    Er verlor beinahe die Besinnung, zwang sich aber, dagegen anzukämpfen aus Angst, dass der aufgewühlte Dondo seinen Körper übernehmen könnte, während er noch am Leben war, und irgendeinen bösartigen Angriff auf Iselle und Bergon unternahm. So wand Cazaril sich auf dem Boden und würgte die Schreie und den Unrat hinab, die aus seinem Mund zu dringen drohten. Und er war sich nicht mehr sicher, wessen Worte es waren!
    Als der Angriff endete, lag Cazaril keuchend auf den kalten Brettern. Sein Nachthemd war zerknittert, seine Fingernägel eingerissen und blutig. Er hatte sich übergeben und lag mitten in der Lache des Erbrochenen. Er berührte seinen Bart und ertastete schaumigen Speichel um die Lippen. Sein Magen war zur üblichen, leichten Aufblähung zurückgekehrt – oder war diese groteske, ungeheure Ausbeulung nur ein Traum gewesen? Doch die gesamte Haut an seinem Bauch schmerzte und zuckte noch wie angerissene Muskeln nach einer übergroßen Belastung.
    So kann es nicht mehr lange weitergehen. Irgendetwas musste nachgeben – sein Körper, sein Verstand, sein Atem. Sein Glaube. Irgendetwas.
    Cazaril erhob sich und wischte den Boden sauber. Dann wusch er sich an seiner Schüssel und fand ein trockenes, sauberes Hemd als Ersatz für sein Nachtgewand. Anschließend glättete er die schweißnassen, zerwühlten Decken, entzündete sämtliche Kerzen im Raum und kroch zurück ins Bett. Dann lag er mit weit aufgerissenen Augen da und sog das Licht in sich ein.
     
    Schließlich verrieten ihm die Geräusche flüsternder Dienstboten und verstohlene Schritte auf der Galerie, dass der Palast erwachte. Er musste eingeschlummert sein, denn die Kerzen waren heruntergebrannt, und er erinnerte sich nicht, sie flackern gesehen zu haben. Graues Licht fiel durch den Türspalt und durch die Fensterläden.
    Es würde Morgengebete geben. Morgengebete – eine gute Idee, auch wenn der Gedanke, sich zu bewegen, Cazaril beinahe entmutigte. Er stand auf. Ganz langsam. Nun, sein Kater würde heute Morgen nicht der einzige in Taryoon sein. Auch wenn er nicht betrunken gewesen war.
    Anlässlich der Hochzeit hatte der Haushalt die Hoftrauer ausgesetzt. Unter den Gewändern, die ihm zur Verfügung gestellt worden waren, wählte Cazaril eines aus, das ihm gleichermaßen schlicht wie heiter erschien.
    Dann stieg er in den Innenhof hinunter, um dort auf die Sonne und die jungen Leute zu warten. Im Augenblick hatte der Regen zwar aufgehört, doch der Himmel war kalt und bewölkt. Cazaril wischte mit seinem Taschentuch den steinernen Brunnenrand trocken und setzte sich darauf. Er wechselte ein Lächeln und ein ›Guten Morgen‹ mit der alten Dienstbotin, die Bettwäsche vorübertrug. Eine Krähe stolzierte auf der anderen Seite des Innenhofs umher und suchte nach herabgefallenen Speiseresten. Cazaril und der Vogel musterten einander kurz mit schräg gelegten Köpfen, doch das Tier bekundete kein besonderes Interesse an ihm. Als er darüber nachdachte, war er über diese vogelhafte Gleichgültigkeit eher erleichtert als irgendetwas anderes.
    Schließlich schwangen oben auf der Galerie die Türen auf, auf die Cazaril gewartet hatte. Die schläfrigen baocischen Wachen, die sie flankierten, nahmen Haltung an. Weibliche Stimmen wurden laut, sowie die eines Mannes, leise und vergnügt. Bergon und Iselle erschienen, angekleidet für das Morgengebet; ihre Hand ruhte leicht auf seinem ausgestreckten Arm. Sie drehten sich um, stiegen Seite an Seite die Treppe hinunter und traten aus dem Schatten der Galerie.
    Nein … der Schalten folgte ihnen!
    Cazaril kniff die Augen zu und öffnete sie wieder. Ihm stockte der Atem.
    Die erstickende Wolke, die Iselle einhüllte, umschloss nun auch Bergon …
    Iselle lächelte ihrem Ehemann zu, und Bergon erwiderte ihr Lächeln. Gestern Nacht hatten sie aufgeregt und müde und ein wenig ängstlich gewirkt. An diesem Morgen sahen sie aus wie zwei glücklich Verliebte.
    Umhüllt von einer Schwärze, die um sie herum waberte wie Rauch um ein brennendes Schiff …
    Als sie näher kamen, sagte Iselle mit

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