Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
melodischer, vergnügter Stimme: »Guten Morgen, Lord Caz!«
    Bergon grinste und fragte: »Wollt Ihr Euch uns anschließen, Lord Cazaril? Wir haben manchen Anlass, heute Morgen gemeinsam unseren Dank auszusprechen, nicht wahr?«
    Um Cazarils Lippen spielte das Zerrbild eines Lächelns. »Ich … ich … einen Augenblick noch. Ich habe etwas auf meinem Gemach vergessen.«
    Er stemmte sich empor und eilte an ihnen vorbei und die Treppen hinauf. Dann drehte er sich um und schaute noch einmal von der Galerie hinunter, als das Paar den Innenhof verließ. Immer noch von den Schatten verfolgt.
    Cazaril schlug die Tür seines Gemachs hinter sich zu, stand schwer atmend da und kämpfte gegen die Tränen.
    Götter, was habe ich getan?
    Ich habe Iselle nicht erlöst. Ich habe Bergon verflucht!
     

 
26
     
     
    I
    n seiner Verzweiflung blieb Cazaril den ganzen Morgen in seinem Gemach. Am Nachmittag klopfte ein Page an und überbrachte die unwillkommene Botschaft, dass der Prinz und die Prinzessin ihn in ihren Räumlichkeiten zu sprechen wünschten. Cazaril überlegte, ob er eine Krankheit vorzuschützen sollte – obwohl er da gar nicht viel vorschützen musste. Nein, Iselle würde ihm dann gewiss Ärzte auf den Hals schicken, womöglich sogar ein ganzes Rudel. Er erinnerte sich an das letzte Mal, an Rojeras, und schauderte. Widerstrebend ordnete er seine Gewänder und schlurfte über die Galerie zur königlichen Suite.
    Die hohen Flügelfenster des Wohngemachs waren geöffnet und ließen das milde Frühlingslicht ins Innere. Iselle und Bergon erwarteten ihn. Noch immer trugen sie die festliche Kleidung, die sie zum Mittagsmahl im Palast des Grafen dy Huesta angelegt hatten. Sie saßen an der Ecke eines Tisches, auf dem Papiere, Pergamente und neue Schreibfedern lagen; ein dritter Stuhl stand einladend an der anderen Seite bereit. Ihre Köpfe, bernsteinfarben und braun, waren einander zugeneigt und in flüsterndem Gespräch vertieft. Der Schatten brodelte noch immer träge um sie herum, zäh wie heißer Teer.
    Beim Geräusch von Cazarils Schritten blickten sie zu ihm auf und lächelten. Er befeuchtete seine Lippen und verneigte sich mit maskenhaft starrem Gesicht.
    Iselle wies auf die Papiere. »Unsere nächste und wichtigste Aufgabe besteht darin, einen Brief an meinen Bruder Orico aufzusetzen. Wir müssen ihm berichten, was wir unternommen haben, und ihn unseres Gehorsams zu versichern. Ich finde, wir sollten auch Zusammenfassungen derjenigen Klauseln unseres Ehevertrages aufnehmen, die Chalion die größten Vorteile bringen. Das dürfte helfen, ihn zu versöhnen. Meint Ihr nicht auch?«
    Cazaril räusperte sich und schluckte.
    Bergon runzelte die Stirn. »Caz, Ihr seht so bleich aus! Ist alles in Ordnung? Bitte, setzt Euch doch.«
    Cazaril brachte ein knappes Kopfschütteln zu Stande. Wieder war er in Versuchung, sich in eine Lüge über irgendeine Krankheit zu flüchten – oder eine Halbwahrheit, denn inzwischen fühlte er sich krank genug. »Gar nichts ist in Ordnung«, flüsterte er und ließ sich vor dem Prinzen auf ein Knie nieder. »Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht. Es tut mir Leid. Es tut mir Leid!«
    Iselles erschrockenes Gesicht verschwamm vor seinen Augen. »Lord Caz …?«
    »Eure Heirat …« Er schluckte wieder und zwang dann seine steifen Lippen zum Weiterreden. »Eure Heirat hat nicht den Fluch von Iselle genommen, wie ich es erhofft hatte. Stattdessen hat er sich auf euch beide ausgebreitet!«
    » Was?«, stieß Bergon hervor.
    Tränen erstickten Cazarils Stimme: »Und nun weiß ich nicht mehr, was ich tun soll …«
    »Wie könnt Ihr das mit dem Schatten wissen?«, fragte Iselle eindringlich.
    »Ich kann es sehen! Ich kann es jetzt an euch beiden sehen. Wenn sich an dem Fluch überhaupt etwas geändert hat, dann ist er noch dunkler und dichter geworden. Noch erstickender.«
    Bestürzt öffnete Bergon den Mund. »Habe ich … haben wir etwas falsch gemacht?«
    »Nein, nein! Aber sowohl Sara wie auch Ista haben in das Haus von Chalion eingeheiratet, und damit auch in den Fluch. Ich dachte, es läge am Unterschied zwischen Mann und Frau, dass der Fluch irgendwie der männlichen Linie von Fonsas Erben folgt, gemeinsam mit dem Namen.«
    »Aber auch ich bin ein Erbe Fonsas«, sagte Iselle bedächtig. »Und Fleisch und Blut bedeuten mehr als nur Namen. Wenn zwei Menschen heiraten, heißt das nicht, dass der eine verschwindet und nur noch der andere übrig bleibt. Gibt es denn gar nichts, das wir tun

Weitere Kostenlose Bücher