Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
Göttern, Iselle! Ich denke, da sollten wir lieber mich in den Bottich tauchen.«
    »Außerdem«, wandte Bergon ein, »sprach die Göttin von einem Mann. So ist es doch, nicht wahr, Cazaril?«
    »Ah … so hat Lady Ista ihre Worte verstanden, ja.«
    »Die Geistlichen sagen, wenn die Götter den Männern ihre frommen Pflichten auferlegen, meinen sie damit die Frauen gleichermaßen«, murmelte Iselle. »Ihr könnt nicht beides haben. Wie dem auch sei, ich lebe schon seit sechzehn Jahren mit dem Fluch und wusste nichts davon. Irgendwie habe ich es überstanden.«
    Aber er ist jetzt schlimmer geworden. Stärker. Teidez’ Tod schien Cazaril ein gutes Beispiel für die Wirkungsweise des Fluchs zu sein, der die Stärken und Tugenden des Jungen zu einem furchtbaren Übel verkehrt und verdreht hatte. Und Iselle und Bergon hatten viele Stärken und Tugenden: Die Möglichkeiten für eine Verzerrung durch den Fluch waren gewaltig.
    Iselle und Bergon hielten über der Tischplatte hinweg ihre Hände. Mit der freien Hand rieb Iselle sich die Augen, drückte ihren Nasenrücken und schniefte.
    »Ob Fluch oder nicht«, sagte sie, »wir müssen O rico unsere pflichtgemäße Huldigung zukommen lassen, und zwar sofort, damit dy Jironal mich nicht der Auflehnung bezichtigen kann. Wenn ich nur bei Orico wäre! Ich könnte ihn von den Vorteilen dieser Heirat für Chalion überzeugen!«
    »Orico lässt sich sehr leicht überzeugen«, räumte Cazaril trocken ein. »Das Problem ist, ihn dazu zu bringen, dass er überzeugt bleibt.«
    »Ja, und ich vergesse nicht einen Augenblick, dass dy Jironal mit Orico in Cardegoss ist. Wenn der Kanzler die Neuigkeiten hört, könnte er Orico irgendwie dazu überreden, ein weiteres Mal die Bestimmungen seines Testaments zu ändern.«
    »Sorgt dafür, dass sich möglichst viele Herzöge Chalions Eurer Sache anschließen, Hoheit. Dann werden sie Euch vielleicht unterstützen, wenn es darum geht, sich später solchen Testamentsnachträgen zu widersetzen.«
    Iselle runzelte die Stirn. »Ich wünschte, wir könnten nach Cardegoss. Ich sollte an Oricos Seite sein, wenn er tatsächlich im Sterben liegt. Wir sollten in der Hauptstadt sein, wenn die Ereignisse sich zuspitzen.«
    Cazaril schwieg einen Augenblick; dann sagte er: »Das ist schwierig. Ihr dürft Euch nicht in dy Jironals Hände geben.«
    »Ich würde ja nicht alleine gehen.« Kurz blitzte ihr Lächeln auf, wie der Mondschein auf einer Klinge. »Doch wir sollten jede juristische Feinheit ebenso nutzen wie sämtliche taktischen Vorzüge. Es wäre gut, die Herren Chalions daran zu erinnern, dass alle rechtmäßige Gewalt des Kanzlers ihm vom König zufließt. Und nur von ihm.«
    Besorgt warf Bergon ein: »Ihr kennt den Mann besser als ich. Glaubt ihr, dy Jironal wird einfach abwarten, wenn er die Neuigkeiten erfährt?«
    »Je länger wir ihn dazu bringen können, umso besser. Wir erhalten mit jedem Tag mehr Unterstützung.«
    »Habt ihr irgendetwas über dy Jironals Gegenmaßnahmen erfahren?«, fragte Cazaril.
    »Bisher nicht«, sagte Bergon.
    »Lasst mich sofort wissen, wenn ihr etwas erfahrt.« Cazaril holte tief Luft, strich ein leeres Blatt Papier glatt und nahm eine Schreibfeder zur Hand. »Wie wollt ihr euch vorstellen …?«
     
    Das Aushändigen dieses politisch überlebenswichtigen Schreibens ist eine heikle Angelegenheit, überlegte Cazaril, als er den Hof unterhalb der königlichen Gemächer überquerte, das unterzeichnete und gesiegelte Dokument in der Hand. Es reichte nicht aus, den Brief in eine Kuriertasche zu werfen und im Galopp zur königlichen Kanzlei zu bringen. Das Schreiben musste einer Abordnung ranghoher Männer anvertraut werden, damit es das notwendige Gewicht erhielt und sichergestellt wurde, dass es tatsächlich Orico überbracht wurde und nicht dy Jironal. Vertrauenswürdige Männer mussten dem blinden, im Sterben liegenden König den Brief vorlesen und taktisch kluge Antworten auf jede Frage finden, die Orico zur überstürzten Heirat seiner Schwester stellen mochte. Am besten wären Edelleute und Geistliche geeignet – Vertreter beider Stände, entschied Cazaril. Iselles Onkel kannte gewiss geeignete Leute, die noch an diesem Abend reiten konnten.
    Cazaril beschleunigte seine Schritte und hielt nach einem Pagen oder Dienstboten Ausschau, der ihm sagen konnte, wo sich dy Baocia aufhielt.
    Unter dem gefliesten Torbogen, der in den Hof führte, traf er auf Palli und dy Baocia persönlich, die soeben eintraten. Beide trugen

Weitere Kostenlose Bücher