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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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herausgefunden, wie Ihr Euch selbst retten könnt? Vielleicht konnte man nur jeweils den anderen retten … »Nicht heute Abend. Morgen … oder später in der Woche. Es gibt da eine persönliche Angelegenheit, und ich würde mich freuen, wenn Ihr Euch darum kümmern könntet.«
    »Aber gewiss, gesegneter Herr. Ich stehe Euch zu Diensten.«
    Sie schlossen sich wieder der Gesellschaft an. Cazaril war erschöpft und sehnte sich nach seinem Bett, doch der Innenhof unter der Tür zu seinem Gemach war voller lärmender Feiernder. Einmal bat ihn eine atemlose Betriz zum Tanz, doch er entschuldigte sich mit einem Lächeln. Es fehlte ihr ohnehin nicht an Tanzpartnern. Sie sah ihn sehr oft an, während er bei der Wand saß, zuschaute und am verdünnten Wein nippte. Er litt keinen Mangel an Gesellschaft, denn eine ganze Reihe von Männern und Frauen begannen freundliche Gespräche mit ihm und suchten nach einer Anstellung am zukünftigen Hof der Königin. Er bedachte sie alle mit höflichen, aber unverbindlichen Antworten.
    Die Herren aus Ibra sammelten die Damen aus Chalion um sich, wie verschütteter Honig Ameisen anlockte. Sie sahen sehr glücklich dabei aus. Am späten Abend traf auch Lord dy Cembuer ein und vervollständigte ihre Gesellschaft. Die Ibraner tauschten Berichte von ihren jeweiligen Reisen aus und ernteten die Bewunderung und Begeisterung ihrer Zuhörer aus Chalion. Zu Cazarils Freude wurde Bergon als Held dieses romantischen Abenteuers hingestellt, und Iselle war wegen ihres Nachtrittes von Valenda nicht weniger zur Heldin geeignet. Cazaril war überzeugt, dass diese Geschichte – wie bei solch ansprechenden Legenden um Liebespaare nun einmal üblich – dy Jironals schwaches Märchen von der armen verrückten Iselle vernichtend schlagen würde. Und unsere Geschichte ist wahr!
    Schließlich kam die Stunde und die Zeremonie, auf die Cazaril gewartet hatte: Bergon und Iselle wurden hinauf in ihr Schlafgemach geleitet. Wie Cazaril erleichtert feststellte, hatte keiner der beiden so viel Alkohol zu sich genommen, um betrunken zu sein. Sein eigener Wein hatte seltsamerweise immer weniger Wasser enthalten, je weiter der Abend fortschritt, und so war er ein wenig sprachlos, als der Prinz und die Prinzessin ihn zur Treppe riefen, um dort die förmlichen Dankesküsse auf die Hände auszutauschen. Bewegt vollführte er die heiligen Gesten und äußerte die zuversichtlichsten Segenswünsche für das Paar. Der Dank und feierliche Fröhlichkeit, mit der die beiden seine Blicke erwiderten, brachten ihn in Verlegenheit.
    Lady dy Baocia hatte einen kleinen Chor zusammengestellt, um Gebete zu singen und das Paar damit auf seinem Weg die Treppen hinauf zu begleiten. Die kristallklaren Stimmen trugen dazu bei, dass die Ferkeleien auf ein überschaubares Maß beschränkt blieben. Doch Iselles Gesicht war rot, als sie und Bergon sich übers Geländer lehnten, lächelnd allen dankten und Blumen hinunterwarfen.
    Sie verschwanden in ihren von Kerzenlicht glänzenden Gemächern, und die Tür fiel hinter ihnen zu. Zwei von dy Baocias Offizieren bezogen Posten auf der Galerie, um die Ruhe des Paares zu schützen. Kurze Zeit später kamen sämtliche Kammerzofen und Dienstmädchen heraus, einschließlich Lady Betriz. Sie wurde sofort von Palli und dy Tagille für weitere Tänze in Beschlag genommen.
    Die Feiernden hatten offenbar vor, bis zum Morgengrauen durchzumachen, doch zu Cazarils Erleichterung rieselte unvermittelt ein feiner Sprühregen vom kälter werdenden Himmel und trieb die Musikanten und Tänzer vom Hof nach drinnen ins angrenzende Gebäude. Langsam stieg Cazaril die Stufen zu seiner eigenen Kammer hinauf, die von den Räumlichkeiten des Prinzen und der Prinzessin durch eine Ecke der Galerie getrennt war. Seine Hand lag schwer auf dem Geländer.
    Meine Pflicht ist erfüllt. Was nun?
    Er hatte kaum eine Vorstellung. Eine gewaltige, Furcht erregende Last schien von seinen Schultern genommen. Nun hing nur noch sein eigenes Leben an seinen Entscheidungen – und seinen Fehlern. Ich werde nichts bedauern. Ich werde nicht zurückschauen. Ein Augenblick des Gleichgewichts, auf der Schwelle zwischen Vergangenheit und Zukunft.
    Er würde wohl morgen beim Richter vorbeischauen. Die Gegenwart dieses Mannes konnte seine Einsamkeit vielleicht in wenig lindern.
     
    Ich bin nicht annähernd einsam genug, dachte er wenig später, als Dondos unzusammenhängendes, obszönes Gebrüll an sein Ohr brandete, freigesetzt von der Stunde seines

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