Chalions Fluch
weiterbringen. Chalion-Ibra, verbesserte er sich in Gedanken und lächelte, während Foix ihm aufs Pferd half.
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P
alli hatte Ferda vorausgaloppieren lassen, während Cazaril am Straßenrand verweilte und mit Königin Sara sprach. So kam es, dass der Majordomus des Zangres und eine Reihe von Dienern schon bereit standen und die Reisegruppe aus Taryoon begrüßten, als diese auf dem Schlosshof einritt. Die Reitknechte halfen Cazaril vom Pferd, und der Majordomus verneigte sich vor ihm. Cazaril reckte sich vorsichtig und fragte erwartungsvoll: »Sind Königin Iselle und Prinz Bergon drinnen?«
»Nein, Herr. Vor kurzem erst sind sie zum Tempel gegangen, zur feierlichen Amtseinführung von Lord dy Yarrin und Prinz Bergon.«
Wie erwartet hatte die neue Königin dy Yarrin zum Großmeister des Ritterordens der Tochter bestimmt. Die Ernennung von Bergon zum Großmeister des Sohnes war nach Cazarils Ansicht ein brillanter Zug, um dem königlichen Haus wieder die unmittelbare Kontrolle über diese wichtige militärische Abteilung zu verschaffen und zugleich einen Zankapfel zwischen den Mächtigen Chalions zu beseitigen. Iselle war selbst auf diese Idee gekommen, als sie vor ihrem und Bergons Aufbruch von Taryoon diese Angelegenheit besprochen hatten. Es gab keine ehrenvolle Möglichkeit, dem treuen dy Yarrin jenes Amt vorzuenthalten, das er so leidenschaftlich begehrte. Doch Cazaril wies daraufhin, dass dy Yarrin nicht mehr der Jüngste war. In absehbarer Zeit würde das Supremat über den Orden der Tochter wieder an das Königshaus zurückfallen.
»Ah!«, rief Palli aus. »Heute ist das? Ist die Zeremonie denn noch im Gange?«
»Ich nehme es an.«
»Wenn ich mich beeile, bekomme ich vielleicht noch etwas davon mit. Cazaril, kann ich dich in der sicheren Obhut dieses Herrn zurücklassen? Herr Majordomus, sorgt dafür, dass er sich ein wenig ausruht. Von seinen kürzlich erlittenen Verletzungen hat er sich nicht annähernd so gut erholt, wie er Euch glauben machen wird!«
Palli wendete sein Pferd und bedachte Cazaril mit einem fröhlichen Abschiedsgruß. »Ich komme zurück und erzähl dir alles, sobald die Zeremonie vorüber ist.« Mit seinem kleinen Gefolge trabte er zurück durchs Tor.
Stallburschen und Dienstboten schafften eilig die übrig gebliebenen Pferde und das Gepäck beiseite. Würdevoll, wie er hoffte, schlug Cazaril den helfend vorgestreckten Arm des Majordomus aus. Zumindest bis zu den Treppen wollte er aus eigener Kraft gehen. Doch als er aufs Hauptgebäude zuhielt, rief der Majordomus ihn zurück.
»Eure Räumlichkeiten wurden auf Anweisung Ihrer Majestät in Ias’ Turm verlegt«, erklärte er. »Dort seid Ihr der Königin und dem Prinzen näher.«
»Oh.« Das hörte sich gut an. Gut gelaunt folgte Cazaril dem Majordomus in den dritten Stock, wo Prinz Bergon und seine Höflinge aus Ibra ihren Wohnsitz genommen hatten. Bergon hatte allerdings einen anderen Schlafraum für sich ausgesucht als denjenigen, in dem Orico kurz zuvor verstorben war. Nicht, wie man Cazaril zu verstehen gab, dass der Prinz dort schlafen würde … Iselle war einfach in die Gemächer der früheren Königin gezogen, im Stockwerk darüber. Der Majordomus führte Cazaril zu dem für ihn vorgesehenen Gemach, ganz in der Nähe von Bergons Räumlichkeiten. Irgendjemand hatte Cazarils Truhe und die wenigen Besitztümer aus seinem früheren Gemach hierher gebracht, und eine vollständige Garnitur neuer Kleidung lag für das abendliche Bankett bereit. Cazaril ließ sich von den Dienstboten Wasser zum Waschen bringen; dann scheuchte er sie fort und legte sich hin, um auszuruhen.
Im Bett hielt er es ungefähr zehn Minuten aus. Dann stand er wieder auf und schlenderte unschlüssig die Treppe hinauf, um einen Blick in seine neuen Arbeitsräume zu werfen. Ein Zimmermädchen erkannte ihn und machte einen Knicks, als er vorüberging. Cazaril steckte seine Nase in den Raum, in dem Sara ihren Schreiber untergebracht hatte. Wie erwartet, lagen hier die Aufzeichnungen, Bücher und Listen aus dem früheren Haushalt der Prinzessin, dazu eine große Anzahl neuerer Unterlagen. Nicht erwartet hatte Cazaril allerdings den gepflegten, dunkelhaarigen Burschen, der um die dreißig Jahre alt zu sein schien und an einem breiten Schreibpult saß. Er trug die graue Robe und die karminroten Schulterborten eines Geistlichen des Vaters und kritzelte Zahlen in eines von Cazarils eigenen Kassenbüchern. Geöffnete Briefe lagen neben seiner linken
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