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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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als Sinnbild für oder Trittstein zu den tieferen Geheimnissen.«
    »Ha! Wie auch immer, ich begehre alles an ihr. Nase und Lippen und Füße und alles dazwischen – und auch ihre Seele, denn ohne die Seele wäre ihr Körper reglos und kalt und lehmartig, und er würde verfaulen und wäre überhaupt kein Objekt der Begierde mehr!«
    »Ah!« Palli fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Mein Freund, du hast kein Verständnis für Romantik.«
    »Ich versichere dir, ich verstehe gar nichts mehr. Ich bin herrlich verwirrt!« Er ließ sich in die Kissen zurücksinken und lachte leise.
    Palli schnaubte, beugte sich nach vorn und nahm ein Stück Papier vom Stapel, das einzige, auf dem bisher etwas geschrieben stand. Er überflog es und hob die Brauen. »Was ist das denn? Hier geht es ja gar nicht um die Nasen irgendwelcher Damen …« Plötzlich wirkte er ernüchtert. Sein Blick glitt zurück an den Anfang der Seite und dann ein weiteres Mal die Zeilen nach unten. »Offen gestanden kann ich nicht sagen, um war es hier geht. Ich weiß nur, dass es mir eine Gänsehaut verursacht …«
    »Ach, das. Das ist nichts. Ich habe versucht … aber es war nicht …« Cazaril wedelte hilflos mit den Händen und legte sie schließlich an die Stirn. »Das war nicht das, was ich gesehen habe.« Erklärend fügte er hinzu: »Ich hatte gehofft, dass die Poesie den Worten einen größeren Gehalt verleihen kann, sodass sie in einem Gedicht auf beiden Seiten dieser Mauer zwischen den Welten Bestand haben könnten, so wie Menschen. Bislang aber habe ich nur Papier verschwendet. Es taugt bloß dazu, ein Feuer damit anzuzünden …«
    »Hm«, sagte Palli. Unauffällig faltete er das Blatt zusammen und verstaute es in seinem Mantel.
    »Ich werde es weiter versuchen«, seufzte Cazaril. »Vielleicht bekomme ich es eines Tages richtig hin. Außerdem muss ich Loblieder auf die Materie schreiben. Auf Vögel. Auf Steine. Das würde der Herrin gefallen, glaube ich.«
    »Um Sie näher heranzulocken?«
    »Vielleicht.«
    »Eine gefährliche Sache, diese Poesie. Ich für meinen Teil halte mich weiterhin an Taten.«
    Cazaril grinste ihn an. »Auch eine Tat kann ein Gebet sein, mein verehrter Kapitelherr.«
    Flüstern und unterdrücktes Kichern erklangen vom Ende der Galerie. Cazaril schaute auf und sah einige Dienstmädchen und junge Hausdiener, die hinter den geschnitzten Geländern kauerten und von dort zu ihm herabsahen. Palli folgte seinem Blick. Ein Mädchen richtete sich mutig auf und winkte ihnen zu. Cazaril winkte liebenswürdig zurück. Das Kichern wurde zu einem Lachen, und die Frauen huschten davon. Palli kratzte sich am Ohr und bedachte Cazaril mit einem ironisch forschenden Blick.
    »Den ganzen Morgen schon schleichen die Leute herein, um den Ort zu sehen, an dem der unglückliche dy Jironal niedergestreckt wurde«, erklärte Cazaril. »Wenn er nicht aufpasst, wird Lord dy Baocia seinen hübschen neuen Innenhof verlieren und in eine Pilgerstätte verwandelt finden.«
    Palli räusperte sich. »Sie schleichen herein, um dich zu sehen, Caz. Einige Dienstboten des Herzogs verlangen sogar Eintritt dafür und organisieren das Kommen und Gehen im Palast. Ich wusste nicht recht, ob ich dieses Geschäft unterbinden sollte oder nicht. Aber wenn sie dich belästigen, werde ich …« Er bewegte sich, als wolle er sich erheben.
    »O nein, lass sie. Ich habe den Bediensteten des Palasts viel zusätzliche Arbeit bereitet. Sollen sie ruhig ein wenig Gewinn machen.«
    Palli schnaubte, zuckte dann aber mit den Schultern. »Und du bist dir immer noch sicher, dass du kein Fieber hast?«
    »Zuerst nicht, bis der Arzt mich schließlich etwas essen ließ, wenn auch nicht genug. Ich glaube, ich bin auf dem Weg der Besserung.«
    »Das allein ist schon ein Wunder, das einen Vaida Eintritt wert ist.«
    »Ja. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Abschiedsgeschenk der Herrin war, mich wieder zurück in die Welt zu schicken, oder ob Sie nur zufällig jemanden brauchte, der von dieser Seite her das Tor für Sie offen hielt. Ordol hatte Recht – die Götter sind knauserig. Wie auch immer, es ist in Ordnung. Eines Tages werde ich Sie gewiss wiedersehen.« Er lehnte sich zurück und blickte zum Himmel, der das Blau der Herrin zeigte. Unwillkürlich hoben sich seine Mundwinkel!
    »Du warst der bodenständigste Bursche, den ich je gesehen habe, und jetzt grinst du die ganze Zeit. Caz, bist du sicher, dass Sie deine Seele richtig herum wieder eingesetzt hat?«
    Cazaril lachte auf.

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