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Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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vorsichtig zu machen. Er setzte sich auf eine Hügelspitze, nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß sich dort keine Juckameisen befanden, obwohl es hier doch einen Nadelkaktus gab. Er ging sehr vorsichtig auf ihn zu, da er nicht wußte, ob er von einem Zauber gezähmt worden war. »Freund«, sagte er, und um sicherzugehen, träufelte er ein paar Tropfen Wasser auf den Boden, damit seine Wurzeln es kosten konnten. Offenbar war alles in Ordnung, denn der Kaktus schleuderte seine Nadeln nicht auf ihn ab. Selbst wilde Dinge reagierten häufig auf ganz gewöhnliche Höflichkeit und auf Respekt, den man ihnen entgegenbrachte.
    Er holte das Mittagessen hervor, das seine Mutter ihm liebevoll eingepackt hatte. Er hatte Verpflegung für zwei Tage, genug, um ihn unter gewöhnlichen Umständen bis zum Schloß des Magiers zu bringen. Nicht, daß die Dinge in Xanth jemals gewöhnlich wären! Er hoffte darauf, es dadurch zu strecken, daß er über Nacht bei irgendeinem freundlichen Bauern blieb. Schließlich brauchte er auch Nahrung für die Rückreise, und der Gedanke, die Nacht im Freien zu verbringen, behagte ihm ohnehin nicht. In der Nacht gab es besondere Magie, und die konnte äußerst häßlich sein. Er wollte nicht plötzlich mit einem Ghoul oder einem menschenfressenden Ungeheuer streiten müssen, da dieser Streit höchstwahrscheinlich darum gehen würde, wie mit seinen menschlichen Knochen zu verfahren sei: ob man sie lebend verspeisen solle, während das Mark noch frisch und lieblich war, oder ob man sie nach dem Tod erst eine Woche lang altern lassen solle. Andere Raubtiere – andere Geschmäcker.
    Er biß in das Kressmatosandwich. Er hörte ein Knacken und erschrak, doch es war nur ein Gewürzstengel. Bianca wußte wirklich, wie man belegte Brote machte.
    Ein Krümel fiel herab – und verschwand. Bink blickte um sich und sah eine Backenmaus, die eifrig kaute. Sie hatte den Krümel zehn Fuß weit fortgezaubert, um nicht zertreten zu werden. Bink lächelte: »Ich tu dir schon nichts, Bäckchen.«
    Dann hörte er Hufgeklapper. Entweder kam ein großes Tier heran oder ein berittener Mensch. Beides konnte Ärger bedeuten. Bink stopfte sich ein Stück Flügelkuhkäse in den Mund und sah vor seinem geistigen Auge, wie die Kuh hochflog, um in den Baumwipfeln zu äsen, nachdem man sie gemolken hatte. Er verschloß seinen Rucksack und hängte ihn wieder ein. Er nahm seinen langen Stab in beide Hände. Vielleicht mußte er kämpfen. Oder fortlaufen.
    Das Wesen, das nun bald ins Sichtfeld kam, war ein Zentaur, der Körper eines Pferds mit dem oberen Torso eines Mannes. Er war nackt, wie alle seiner Art, hatte muskulöse Flanken, breite Schultern und einen widerspenstigen Gesichtsausdruck.
    Bink hielt den Stab vor seinen Körper, um sich zu schützen, aber es war keine Angriffsgeste. Er hatte wenig Vertrauen in seine Fähigkeit, es mit diesem Wesen aufzunehmen, und fortlaufen war so gut wie sinnlos. Aber vielleicht war das Wesen ja trotz seines Aussehens gar nicht unfreundlich – oder es wußte nicht, daß Bink keine magischen Fähigkeiten besaß.
    Der Zentaur kam näher. Er hielt seinen Bogen mit eingelegtem Pfeil schußbereit. Er sah wirklich gewaltig aus. Bink hatte auf der Schule einen Heidenrespekt gegenüber Zentauren entwickelt. Doch dieser hier war offenbar kein älterer Gelehrter, sondern ein junger Krieger. »Du bist ein Eindringling«, sagte der Zentaur. »Mach, daß du hier wegkommst!«
    »Einen Moment mal«, sagte Bink. »Ich bin ein Reisender, der den öffentlichen Weg entlanggeht, darauf hat jeder ein Recht.«
    »Verschwinde«, wiederholte der Zentaur drohend und fuchtelte mit seinem Bogen.
    Bink war normalerweise ein gutmütiger Bursche, aber manchmal hatte er ein störrisches Wesen, das in Zeiten der Belastung zum Vorschein kam. Diese Reise war lebenswichtig für ihn. Dies war ein öffentlicher Pfad, und er war es langsam leid, sich magischen Bedrohungen beugen zu müssen. Der Zentaur war ein magisches Wesen, das es, nach allem, was man so hörte, in der Mundanen Welt außerhalb von Xanth nicht gab. Deshalb wurde Binks Wut gegen magische Fähigkeiten noch stärker angestachelt, und so tat er etwas Dummes.
    »Kau doch deinen Schweif durch!« schnappte er.
    Der Zentaur zuckte zusammen. Jetzt sah er noch stämmiger aus, waren seine Schultern noch breiter, sein Brustkorb noch gewölbter und sein Pferdekörper noch angespannter als zuvor. Offensichtlich war er es nicht gewohnt, daß man so mit ihm redete, und

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