Chamäleon-Zauber
machen. Aber wir müssen ihn einfangen, damit ihm ein gerechter Prozeß gemacht wird. Er hat das Gesetz Xanths gebrochen und muß sofort in Gewahrsam genommen werden. Es würde uns nichts nutzen, wenn wir Chamäleon retteten, während Xanth in Gefahr ist, von einem machtgierigen Eroberer unterdrückt zu werden.«
Bink wollte noch so viel sagen, aber Humfrey gab ihm keine Gelegenheit mehr dazu. Wahrscheinlich war er ja auch wirklich naiv. Sobald der Böse Magier Zeit genug zum Nachdenken gehabt hatte, würde er sich wohl wieder eines anderen besinnen. Er stellte eine große Bedrohung für Xanth dar. Und doch wußte Bink auch, daß Trent das Duell gewonnen hatte, so daß er selbst, als der Verlierer, sich nicht mehr in die Angelegenheiten des Magiers einmischen durfte. Er hoffte, daß Trent entkommen würde.
Humfrey führte ihn in den Keller des Schlosses, wo er etwas Flüssigkeit aus einem Faß zapfte. Er träufelte einen Tropfen davon auf Binks Flügel, der sofort heilte. Den Rest gab er in eine kleine Flasche und steckte sie in seine Jackentasche.
Dann ging der Gute Magier an einen Schrank und holte einen Plüschteppisch hervor. Er rollte ihn aus und setzte sich mit gekreuzten Beinen darauf. »Los, komm schon drauf, du Spatzenhirn!« bellte er. »Da draußen gehst du nur verloren, besonders wenn Iris sich wieder am Wetterbericht zu schaffen macht!«
Verblüfft stelzte Bink auf den Teppich und stellte sich mit dem Gesicht zum Magier auf. Der Teppich erhob sich, und Bink breitete erschreckt seine Flügel aus. Er krallte sich am Teppich fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Das war also ein fliegender Teppich!
Das Ding schwenkte im Gleitflug durch ein Tor und ging sofort in größere Höhe. Als es sich stabilisiert hatte, beschleunigte es. Bink, der mit dem Rücken zur Flugrichtung stand, mußte die Flügel eng anlegen und sich mit seinen Krallen tief in die Wolle bohren, um nicht vom Wind davongeweht zu werden. Er sah, wie das Schloß hinter ihnen immer kleiner wurde.
»Das ist nur so ein Gerät, das ich anstelle eines Jahresdienstes angenommen habe«, erklärte Humfrey im Plauderton. Er nieste. »Ist schon einige Jahre her. Hab’ nie viel Gebrauch davon gemacht. Ist bloß ein Staubfänger. Aber das hier ist ja wohl ein Notfall.« Er blickte Bink kopfschüttelnd an. »Du behauptest tatsächlich, daß der Böse Magier dich nur verwandelt hat, damit du schneller bei mir bist? Du brauchst nur einmal den Schnabel zu senken, wenn du ja sagen willst, und zweimal für nein.«
Bink nickte einmal.
»Aber Chamäleon hat er erstochen?«
Wieder ein Nicken. Aber das war ja nur ein Teil des Ganzen.
»Er wollte sie nicht wirklich erstechen? Weil er eigentlich dich erstechen wollte und sie dazwischengetreten ist?«
Wieder mußte Bink mit Ja antworten. Was für eine belastende Aussage!
Humfrey schüttelte wieder den Kopf. »Es ist leicht, alles zu bedauern, nachdem man einen Fehler begangen hat. Allerdings war er früher, als ich ihn noch kannte, ein Mann, dem Mitleid durchaus nicht fremd gewesen ist. Trotzdem, ich glaube kaum, daß er jemals ruhen wird, bevor er sein Ziel erreicht hat. Und solange er am Leben ist und sich in Xanth aufhält, müssen wir immer in Ungewißheit leben. Das ist ein schwieriger Fall. Man wird alles gründlich untersuchen und erforschen müssen.«
Eine solche Untersuchung würde Trents sicheren Tod bedeuten. Der alte König würde darauf erpicht sein, diese große Bedrohung seiner schwächer werdenden Macht auszuschalten.
»Und Trent weiß auch, was passieren wird, wenn die Behörden ihn erwischen sollten?«
Das wußte Trent mit Sicherheit. Bink nickte wieder einmal.
»Und du – willst du auch, daß er stirbt?«
Nein. Bink schüttelte energisch den Kopf.
»Oder ins Exil geschickt wird?«
Darüber mußte er einen Augenblick nachdenken. Dann
schüttelte er wieder den Kopf.
»Natürlich nicht. Du brauchst ihn ja auch, damit er dich wieder in einen Menschen verwandelt. Dadurch hat er möglicherweise ein Druckmittel, das ihm einen Verhandlungsvorteil verschafft. Vielleicht lassen sie ihm sein Leben als Gegenleistung für derartige Dienste. Aber danach wird er mit ziemlicher Sicherheit entweder ins Exil geschickt – oder geblendet!«
Geblendet! Aber dann begriff Bink die schreckliche Logik hinter diesem Gedankengang. Wenn er erst einmal blind war, dann konnte Trent niemanden mehr verwandeln, da er seine Opfer dafür ja sehen mußte. Doch was für ein entsetzliches
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