Chamäleon-Zauber
getötet wie möglich.
Er hätte weglaufen können, selbst dann noch, rief Bink. Er hätte Chamäleon von den Ungeheuern auffressen lassen können. Er wäre in den magischen Dschungel entkommen. Ihr hättet ihn niemals gefangen. Er ist ein guter Mensch geworden. Doch er wußte, daß er nicht dazu in der Lage war, diesen guten Menschen zu verteidigen. Chamäleon war natürlich zu dumm, um das zu tun, und Humfrey kannte nur einen Teil der Geschichte.
Schließlich zeigte der Spiegel noch, wie Roland eingetroffen war, der auf seine Weise genauso stark und imponierend aussah wie der Böse Magier, nur daß er ein paar Jahre älter war. Er war mit dem Rücken gegen Trent an diesen Ort gekommen – unmittelbar vor einer angreifenden zweiköpfigen Schlange, deren jeder Kopf einen Durchmesser von über einem Meter hatte. Roland, der nervös die Wildnis gemustert hatte, weil ihm ein naher Gewirrbaum einen Schreck eingejagt hatte, hatte weder den Magier noch die Schlange hinter sich bemerkt.
Der Spiegel gab wieder, wie Trent auf die Schlange zugelaufen war, sie am Schwanz herumgerissen hatte, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und wie er sie dann, als sie sich aufgestachelt auf ihn stürzen wollte, in eine weitere Raupe verwandelte. In eine zweiköpfige Raupe.
Roland hatte sich wirbelnd herumgedreht. Einen Augenblick lang hatten die beiden Männer einander in die Augen gesehen. Sie ähnelten sich sehr. Da hatte Roland geblinzelt, und Trent war auf der Stelle gelähmt worden. Die Lähmung war schneller gewesen als die Verwandlung.
Aber stimmte das denn wirklich? Trent hatte doch nicht einmal den Versuch gemacht, sich zu wehren, dachte Bink wütend. Er hätte meinen Vater anstelle der Schlange verwandeln können – oder er hätte einfach zusehen können, wie die Schlange Roland angriff.
»Haben die Ältesten genug gesehen?« fragte Humfrey sanft.
Und wenn ich den Thron um den Preis von Trents Leben bekommen könnte, ich würde ihn nicht annehmen, dachte Bink voller Zorn. Der Prozeß war eine Farce gewesen. Man hatte Trent nicht einmal gestattet, sich selbst zu verteidigen. Wollten sie ihn genauso loswerden wie Bink damals? Völlig gedankenlos, sturen Paragraphen folgend, ohne sich über die wahren Hintergründe Klarheit zu verschaffen?
Die Ältesten wechselten wieder ernste Blicke. Schließlich nickten sie.
Laßt ihn doch wenigstens etwas sagen! schrie Bink stumm.
»Dann ist es wohl das beste, den Zauber wieder zu lösen«, sagte Humfrey. »Bei der Urteilsverkündung muß er frei von Magie sein, so will es unser Brauch.«
Gott sei Dank!
Roland schnippte mit den Fingern. Trent rührte sich. »Ich danke Ihnen, ehrenwerte Älteste von Xanth«, sagte er höflich. »Sie haben mir einen fairen Prozeß gemacht, und ich erwarte bereitwillig Ihr Urteil.«
Trent verteidigte sich ja nicht einmal! Wie konnte der Böse Magier dieses schweigende, schrecklich einseitige Ritual nur widerspruchslos hinnehmen?
»Wir stellen fest, daß Sie die Exilbestimmungen verletzt haben«, sagte Roland. »Darauf steht die Todesstrafe. Aber wir befinden uns in einer recht einmaligen Lage, und Sie haben sich wesentlich verändert, seit wir Sie das letzte Mal gesehen haben. Sie waren schon immer mutig, intelligent und magisch stark. Jetzt zählen auch Treue, Ehre und Barmherzigkeit zu Ihren Eigenschaften. Es ist mir auch nicht entgangen, daß Sie das Leben meines Sohnes verschont haben, der Sie törichterweise herausgefordert hat, und ebenso, daß Sie seine Braut vor den Gefahren des Dschungels beschützt haben. Sie sind nicht unschuldig daran gewesen, aber das haben Sie wieder wettgemacht. Folglich erlassen wir Ihnen diese Strafe und gestatten Ihnen, in Xanth zu bleiben, allerdings unter zwei Bedingungen.«
Sie würden Trent also nicht töten. Bink hüpfte fast vor Freude. Doch dann begriff er, daß es Einschränkungen geben würde, um zu verhindern, daß Trent jemals den Thron erlangte. Humfrey hatte von Blendung gesprochen, um ihm das Zaubern zu verbieten. Bink konnte sich lebhaft vorstellen, was es bedeutete, ein Leben ohne Magie zu führen. Trent wäre dazu gezwungen, irgendeine körperliche Arbeit anzunehmen und sein Leben in Schande zu verbringen. Die Ältesten waren zwar fast alle ziemlich alt, aber deswegen keineswegs weich. Kein noch so gerissener Bürger haute sie mehr als einmal übers Ohr.
Trent verneigte sich. »Ich danke Ihnen aufrichtig, Älteste. Ich nehme Ihre Bedingungen an. Wie lauten Sie?«
»Erstens«, sagte Roland,
Weitere Kostenlose Bücher