Chamäleon-Zauber
gab, denn sonst…
Das Tor schien zu explodieren, und Bink hörte einen dumpfen Aufprall, als die Manticora auf den Boden rumste und sich wieder hochrappelte. Jetzt war sie aber wirklich wütend! Wenn es wirklich keinen Ausgang geben sollte…
Es gab einen. Die Herausforderung hatte darin bestanden, an dem Ungeheuer vorbeizukommen, nicht darin, es umzubringen.
Kein Mensch konnte ein solches Wesen mit einem Messer töten. Bink glitt durch das Gittertor, als die Manticora zu spät durch die Halle gestürmt kam, wobei von ihrem Schwanz Holzsplitter abfielen.
Jetzt war Bink im eigentlichen Schloß. Es war ziemlich dunkel und dumpf, und von menschlichen Bewohnern fehlte fast jede Spur. Wo war nur der Gute Magier?
Wenn das Geplänkel mit der Manticora noch nicht ausgereicht haben sollte, dann mußte Bink sich irgendwie anders bemerkbar machen. Er blickte sich um und entdeckte einen Strick, der von der Decke herabhing. Er zog kräftig daran und trat zurück, für den Fall, daß ihm sonst etwas auf den Kopf fiel. Diesem herrlichen Schloß traute er nicht besonders.
Eine Glocke ertönte: DONG-DONG, DONG-DONG.
Ein verrunzelter alter Elf kam herein. »Wen soll ich anmelden?«
»Bink vom Norddorf.«
»Drink von was?«
»Bink! B-I-N-K.«
Der Elf musterte ihn eindringlich. »Was wünscht Euer Meister
Bink?«
»Ich bin Bink! Ich suche magisches Talent.«
»Und was könnt Ihr dem Magier für seine unschätzbare Zeit als Gegenleistung bieten?«
»Das übliche: einen Jahresdienst.« Dann, leiser: »Das ist zwar Wucher, aber ich bin davon abhängig. Euer Meister schröpft die Leute ganz schön.«
Der Elf dachte nach. »Der Magier ist im Augenblick beschäftigt. Könnt Ihr vielleicht morgen wiederkommen?«
»Morgen wiederkommen!« explodierte Bink und dachte daran, was das Hippocampus und die Manticora mit ihm anstellen würden, wenn sie dazu noch einmal die Gelegenheit bekommen
sollten. »Will der alte Raffke nun mit mir ein Geschäft machen oder nicht?«
Der Elf blickte ihn mürrisch an. »Na gut, wenn Ihr das so seht… Dann folgt mir nach oben.«
Bink schritt hinter dem kleinen Mann her, eine Wendeltreppe empor. Je höher sie kamen, um so heller wurde das Innere des Schlosses, um so ausgeschmückter und wohnlicher.
Schließlich führte der Elf ihn in ein Studierzimmer voller Papiere. Er setzte sich hinter einen großen hölzernen Schreibtisch. »Also gut, Bink vom Norddorf. Du bist durch die Verteidigungsanlagen dieses Schlosses gedrungen. Weshalb meinst du nun, daß deine Dienste eine angemessene Entschädigung für die Zeit wären, die der alte Raffke auf dich verschwenden soll?«
Bink wollte wütend antworten, doch dann begriff er, daß dies der Gute Magier Humfrey selbst war. Er war verloren!
Jetzt konnte er nur noch offen antworten, bevor er hinausgeworfen wurde. »Ich bin kräftig und kann arbeiten. Das müssen Sie entscheiden, ob es sich für Sie lohnt oder nicht.«
»Du bist ein Schweinskopf und hast zweifellos einen geradezu bizarren Appetit. Wahrscheinlich kostest du mich schon an Verpflegung mehr, als du mir jemals einbringen würdest.«
Bink zuckte mit den Schultern, weil er wußte, daß es zwecklos war, sich über solche Punkte zu streiten. Damit würde er den Magier nur noch mehr aufbringen. Er war in die letzte Falle hineingelaufen: die Falle der Arroganz.
»Vielleicht könntest du Bücher schleppen und mir beim Lesen die Seiten umblättern. Kannst du lesen?«
»Etwas«, sagte Bink. Er war ein ganz guter Schüler des Zentaurenlehrers gewesen, aber das lag schon Jahre zurück.
»Beleidigen kannst du einen offensichtlich auch ganz gut. Vielleicht könntest du ja Eindringlinge beschwatzen, mich nicht mit ihren kleinkarierten Problemchen zu belämmern.«
»Vielleicht«, stimmte Bink grimmig zu. Offensichtlich war er ganz schön durchgerasselt. Und das so kurz vorm Ziel!
»Na, dann komm, wir brauchen ja nicht den ganzen Tag zu vertun«, bellte Humfrey und sprang von seinem Stuhl hoch. Jetzt merkte Bink, daß er kein wirklicher Elf war, sondern ein sehr kleiner Mann. Natürlich konnte ein Elf, der ein magisches Wesen war, nicht auch noch Magier sein. Das hatte ihn auch verwirrt, obwohl er diese Prämisse zunehmend bezweifelte. Xanth konfrontierte ihn mit immer neuen Spielarten der Magie, die er vorher nicht für möglich gehalten hatte.
Der Magier hatte sein Angebot also angenommen. Bink folgte ihm ins Nebenzimmer. Es war ein Labor, dessen Regale zum Bersten voll mit magischen Utensilien
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