Champagner-Fonds
Jahren an hundertfünfzig Tagen im Jahr begegnet war, bemerkte es.
»Wie wird der Champagner gelagert? Vor der endgültigen Dosage oder danach? Man kann ihn drei, fünf oder fünfzehn Jahre auf der Hefe lassen und die Flasche dann kopfüber auf den Korken stellen. Da findet dann kaum noch eine Veränderung statt. Aber er reift, rundet sich, findet eine Harmonie, die man bei einem jungen Champagner vermisst. Man kann ihn auch nach dem Degorgieren, wenn die abgestorbenen Hefen draußen sind, weiter lagern. Er wird dann so brillant und geschliffen wie ein alter Weißwein, aber meistens soll er innerhalb der nächsten drei Jahre getrunken werden.«
Langer wich aus. »So ist es, wer könnte in unserem Hause mehr darüber wissen als Sie. Ja, das sind Fragen, die von Fall zu Fall und von Champagner zu Champagner entschieden werden müssen, von Ihnen – oder von wem auch immer. Einiges eignet sich nicht zur Lagerung, das muss rasch verkauft werden, damit wir Einnahmen erzielen. Das muss von Fall zu Fall entschieden werden.«
Klang da die latente Drohung durch, dass er, sollte er sich gegen das Projekt entscheiden, ausgeklinkt würde?
»Wir entscheiden immer in Hinblick auf die aktuelle Marktlage, die Preise, das Verbraucherverhalten. Wir werden es dann so machen wie die Champagnerhäuser, die reagieren auch auf die jeweilige Situation. Solange der Champagner nicht degorgiert ist, steigt die Qualität.«
Das galt nach Philipps Ansicht nur für Jahrgangschampagner und Prestige Cuvées. Für die Ersten wurden ausschließlich Trauben eines hervorragenden Jahres verwendet, für die Zweiten zog man mehrere besonders gute und lange auf der Hefe gelagerte Jahrgänge heran. Aber er wollte eine fachliche Diskussion vermeiden, besonders bei einem so vagen Thema wie der Entwicklung von Wein. Wie viele musste man probiert haben, um ihre Entwicklung vorherzusagen? Oft war es lediglich eine Vermutung. Aber es gab noch andere Bedenken.
»Man darf die Flaschen auch erst kurz vor dem Verkauf etikettieren. In den feuchten Kellern würden die Etiketten verschimmeln. Dazu müssten wir in der Champagne sowohl über Lager wie auch über alle anderen Einrichtungen verfügen ...«
»Glauben Sie, dass man daran nicht gedacht hat, Herr Achenbach? Wie ich bereits sagte, verfügt der Fonds über entsprechende Keller. Es sind alle technischen Einrichtungen für die Weiterverarbeitung vorhanden. Wie das Ganze dort ausschaut, wie es harmoniert und ob es das tut, das zu beurteilen, mein lieber Achenbach, überlasse ich Ihnen. Sie werden mich umfassend informieren, und wir sehen weiter. Wann reisen Sie ab? Wie lange werden Sie brauchen? Sie wissen, dass da noch eine viel wichtigere Frage im Raum steht: die Erweiterung unserer Firma. Mit dem Italiensortiment beginnen wir. Ja – ganz richtig – unsere Firma! Bei der Tragweite der Entscheidungen habe ich mir etwas Besonderes ausgedacht.«
»Muss ich mir Sorgen machen?«
»Es liegt mir wirklich sehr am Herzen ...«, Langer fasste sich theatralisch an die Brust, »... nach so vielen Jahren, in denen wir geradezu freundschaftlich verbunden sind. Ich würde mich unendlich freuen, wenn Sie mein Teilhaber würden.« Er sah Phillip in die Augen und breitete die Arme aus, als wolle er ihn an seine Brust drücken. Bei den nächsten Worten blickte er wieder aufs Papier vor sich, als stünde dort die Höhe von Philipps Anteil vermerkt. »Über die Höhe Ihrer Beteiligung werden wir uns gemeinsam Gedanken machen, in jedem Geschäftsjahr ein bisschen mehr ...«
Da war nicht nur der Chief Executive Officer im Spiel, sogar als Teilhaber wollte ihn Langer, und Philipp wurde die Entwicklung unheimlich. »Wieso wollen Sie gerade mich als Partner?«
»Tja, da staunen Sie!« Langer nickte bedächtig. »Sie sind doch längst mein Partner. Und Menschen, die geradezuunentbehrlich für das Unternehmen sind wie für mich, muss man was bieten. Ja, so wichtig sind Sie mir ... nur um einen Gefallen möchte ich Sie bitten.« Langer stand auf und trat ans Fenster. »Lassen Sie endlich die Kinderei mit dem Fahrrad.«
Wie vor den Kopf geschlagen verließ Philipp Langers Büro. Gedankenverloren starrte er Helena Schilling an, er fand sie so wunderbar wie gestern; er war kurz davor, ihr das auch zu sagen, als ihm das Unsinnige seines Vorhabens bewusst wurde. Das Blut stieg ihm ins Gesicht und bis in beide Ohren.
»Was haben Sie?«, fragte Frau Schilling erschrocken, »ist Ihnen nicht wohl?« Auch sie schien
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