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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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Wettbewerb. Die ganz Großen sind genau wie alle anderen, ob sie Wein oder Waschmaschinen verkaufen. Aber ich habe es nie bereut, BWL studiert zu haben, das hat mir geholfen, ich habe die geschäftliche Seite nie außer Acht gelassen. Du solltest, statt eine Lehre zu machen, bessernach Geisenheim gehen und Önologie studieren. Ich besorge dir bei einem Winzer, den ich kenne, für die Semesterferien ein Praktikum.«
    »Musst du schon wieder den Übervater raushängen und deine Beziehungen spielen lassen? Ich habe meine Fühler längst ausgestreckt.«
    »Ich wusste nicht, dass du welche hast.« Die Suche nach einem Praktikumsplatz schien Philipp als Anknüpfungspunkt für das nächste Gespräch mit Helena Schilling geeignet. Er konnte sie zum Essen einladen, und sie konnten gemeinsam erörtern, abwägen, spekulieren, selbst wenn Thomas bereits wusste, wo er die Lehre absolvieren würde, würde das Thema nicht an den Haaren herbeigezogen wirken.
    Während Philipp und Thomas die Vor- und Nachteile einer Lehre gegenüber dem Studium diskutierten und ob Thomas das Praktikum besser am Oberrhein oder an der Mosel machte, räumten sie die Küche auf und deckten den Tisch vor dem Fenster. Philipp hatte nach dem Kauf das Haus nach seinen Vorstellungen umbauen lassen und besonderen Wert auf die Küche gelegt. Sie musste modern sein, ergonomisch richtig, kurze Wege aufweisen, und sie musste so eingerichtet sein, dass man hier mit mindestens drei Personen bequem essen konnte, ohne von herumstehenden Küchengeräten oder Mülleimern eingeschränkt zu werden. Und obwohl es nur wenige Schritte bis ins Esszimmer waren, kam auch in der Küche ein weißes Leinentuch auf den Tisch.
    Gutes Essen und der passende Wein, heute der Rest vom Koch-Champagner, besänftigten Philipp, und er fragte sich, ob er zu schnell auf Thomas’ Vorstellungen eingegangen war. Andererseits hatte er selten Blödsinn gemacht. Und wenn Thomas ihm vertraute, wieso sollte er dann nicht auf seine Entscheidung bauen?
    Thomas erklärte sich bereit, die wichtigsten Informationen über den Fonds zusammenzutragen, wozu auch einsogenannter Musterprospekt gehörte, um zu beurteilen, ob die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren. Thomas sollte sich auch an die BaFin wenden, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die habe zwar in der Finanzkrise auch versagt, wie er meinte, genau wie alle Regierungsstellen und Landesbanken. Er war überzeugt, dass da nur Dummköpfe und Ignoranten arbeiteten und kaltgestellte Politiker. Aber zumindest würde ein derartiger Kontakt nicht schaden, wie Philipp meinte. Man konnte lernen, sich nicht oder nicht so sehr betrügen zu lassen, und dann gab es noch das World Wide Web.
    »Wir können uns ja gleich vor den Rechner hocken«, meinte Thomas, aber Philipp war nicht danach zumute. Morgen war auch noch ein Tag. Das Essen hatte auf Philipp wie ein Abschiedsessen gewirkt. Der Gedanke kam ihm erst, als er sich im Bett schlaflos von einer Seite auf die andere wälzte. Aber es eine Henkersmahlzeit zu nennen wäre überzogen, und doch   ...? Als ihm das Gespräch mit Langer in den Sinn kam, war es mit der Nachtruhe endgültig vorbei, und er saß bis vier Uhr früh vor dem Fernsehgerät und zog sich Schwachsinn rein, bis ihm die Augen zufielen.
     
    Beim Rasieren am Morgen fand er sich alt. Er ließ die Hand mit der Klinge sinken. Konnten Augen altern? Gemeinhin alterte alles drum herum, die Augen blieben gleich, sie verloren höchstens an Glanz, was wohl mit dem Feuer zusammenhing, das in einem Menschen loderte, unauffällig schwelte oder langsam erlosch. Jetzt aber sah er sich selbst in die Augen, er meinte, dass das Grau seiner Iris verblasste – erst seit gestern? Und er entdeckte noch mehr graue Haare an den Schläfen als zuvor. Wann zeigten sich die ersten Altersflecken? Waren eher blasse oder doch dunkle Typen wie er davon betroffen? Er betrachtete seine Handrücken. Tränensäcke unter den Augen zeigten sich erst im Ansatz, seine Mundwinkel wiesen noch nicht nach unten, lediglich dieLachfalten hatten sich tiefer eingegraben. Philipp trat einen Schritt vom Waschbecken zurück, noch immer die Hälfte des Rasierschaums im Gesicht, und betrachtete seinen Körper. Zu viel Wein macht dick, dachte er, ich bin nachlässig, ich muss mehr auf mein Gewicht achten und darauf, nicht zu viel zu trinken. An zwei Tagen pro Woche, wenn es sich einrichten ließ, rührte er neuerdings keinen Tropfen an. Den Reisen, wo er sich täglich zum

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