Champagner-Fonds
denken, und stellt keine Fragen mehr.«
»Ihnen fehlen Ihre Töchter?«
»Wenn das Verhältnis gut ist, macht es Spaß mit ihnen, wenn nicht, ist es anstrengend. Wenn Ihnen die eigene Tochter sagt, Sie benähmen sich wie eine Bäuerin, dann schmerzt das. Ich habe mit der Trennung von meinem Mann gewartet, bis beide Mädchen mit ihrem Studium angefangen haben.«
»Dann leben Sie jetzt allein?«
»Ich probiere aus, was am Dasein als Single dran ist.«
»Und – geht das gut?«
»Wie lange leben Sie schon allein, Herr Achenbach? Oh, das geht mich nichts an, entschuldigen Sie, aber eine ganz andere Frage – was meinte Ihr Sohn damit, dass Herr Langer ziemlich daneben sei?«
Während sie auf die Terrasse zurückgingen, legte sich Philipp eine diplomatische Antwort zurecht. »Er scheint mir unter Druck zu stehen, und Thomas fühlt das. Sie sind immer gut miteinander ausgekommen, es ging zwischen ihnen fast familiär zu.«
»Herr Langer macht sich Sorgen, könnte ich mir denken. Es ist nicht leicht, eine Firma durch die Krise zu steuern«, sagte sie ausweichend. »Die Probleme sind vielschichtig.«
Sie griff nach ihrer Champagnerflöte, betrachtete dasleere Glas und lächelte, als Philipp es füllte. »Puh, so viel wie heute habe ich lange nicht getrunken, als wenn es was zu feiern gäbe – aber sagen Sie – ich hörte, Sie reisen demnächst in die Champagne? Was haben Sie dort vor? Wann fahren Sie?«
»Nächste Woche schon ...«
»Ach, so bald schon? Ich würde zu gerne mitkommen.«
Der Abend war kühl, Helena fröstelte, und Philipp legte ihr seine schönste Wolldecke um die Schultern. Als Thomas später nach Hause kam, saßen sie noch immer draußen, auch Philipp war inzwischen eingehüllt. Keiner hatte den Abend beenden wollen. Philipp spürte, dass sie sich wohl fühlte, und er war froh darüber.
»Es war schön bei Ihnen, bei euch«, sagte sie, als sie später ins Taxi stieg.
»Ich würde mich freuen, wenn Sie öfter zu uns kämen.« Hoffentlich ist das nicht zu viel, dachte Philipp und winkte ihr nach.
»Die kannst du wieder einladen«, meinte Thomas.
Philipps Ausführungen zur Expansion von France-Import gefielen Langer gar nicht. Verschlossen starrte er auf das Exposé vor sich, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Bei dieser Haltung, wusste Philipp, gab es kaum ein Durchkommen, Langer war unerreichbar.
Philipp schob selten etwas auf die lange Bank, auch wenn er sich vor der Antwort fürchtete, so wie heute, und sie ihn zu ungewollten Schritten zwang. Er ahnte, dass sie keine Übereinstimmung finden würden, und er hätte die Unterredung gern hinter sich gehabt. Einen derartig lähmenden Zustand, wie er bereits seit drei Wochen andauerte, hatte er in den Jahren bei France-Import noch nie erlebt. Wenn er sich an sein Jubiläumsgeschenk erinnerte, eine Sammlung der weltbesten Weine, von Petrus über Tignanello bis zumVega Sicilia, die er erst im letzten Herbst bekommen hatte, empfand er die Situation heute als geradezu feindlich. Ging es ausschließlich um das Wohl der Firma?
Die Gesprächseröffnung war nicht sehr vielversprechend, es war wie der erste Zug beim Schach mit dem Bauern. »Ich habe selbstverständlich darüber nachgedacht, und Sie werden es mir verzeihen, wenn ich Ihnen nicht zustimme! Sie begehen einen Fehler, Herr Achenbach, wenn Sie sich gegen das Wachstum stellen. Als Diplom-Betriebswirt sollten Sie das wissen: Die Kosten steigen unaufhörlich. Die Winzer erhöhen ihre Preise. Wir haben eine Inflation von zwei Prozent, inoffiziell, und sie wird durch die Staatsverschuldung weiter steigen ...«
»Das Wachstum ist für mich nicht die wichtigste Frage, obwohl wir langfristig ...«
» ... unsere Mitarbeiter fordern höhere Gehälter, über die Transportkosten muss ich Ihnen nichts sagen, Benzin, Maut ...«
»... die Ressourcen gehen uns aus«, wandte Philipp ein. »Die Rohstoffe werden knapp ...«
»... also muss unser Umsatz in Beziehung zu den steigenden Kosten ebenfalls steigen, um das Doppelte genau genommen, damit wir ...«
»... was ich meine ist, dass wir unseren Vorteil aufgeben, nämlich das, was uns von anderen Importeuren unterscheidet, unsere Kompetenz.«
Langer lächelte müde. »Kompetenz? Wer fragt danach? Entscheidend sind die Preise ...«
»Wollen wir demnächst in die Supermärkte verkaufen?«
»Wenn es den Bestand der Firma sichert, dann ja. Ich hätte nichts dagegen.«
»Dann legen wir uns
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