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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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mit den Großen an, und der Fachhandel wird es uns übel nehmen, man wird uns auslisten   ...«
    »Wenn Sie immer in den unteren Rängen mitmischenwollen, Achenbach, würde ich Ihnen zustimmen, aber wir wollen weiter, wir müssen stärker werden, schneller wachsen als der Markt, wir brauchen ein strategisches Wachstum, das unsere Position langfristig sichert. Sonst werden wir geschluckt.«
    »Wissen Sie mehr als ich?« Philipp kam der Gedanke, dass es womöglich ein Übernahmeangebot gab und Langer sich wehrte.
    »Wir müssen wachsen, auf Gedeih und Verderb   ...«
    »...   bis zum Untergang?«
    »In der Krise ist der kleinste Fehler tödlich. Es geht nicht darum, was ich mir wünsche oder vorstelle, wir sind gezwungen.«
    »Also liegt es am System? Dann ist der Kapitalismus schuld?«
    »Wenn Sie es so sehen   ... Wir verkaufen schließlich Wein, um Profit zu machen, und nicht, um einen Bedarf zu erfüllen, wie es Ihr Sohn vielleicht gerade an der Universität lernt. Sie sollten sich mal wieder unsere Betriebsziele vergegenwärtigen. Die sind die Grundlage des Vertrags, den wir beide miteinander haben, nichts anderes.«
    Die Drohung war nicht zu überhören. Jedoch gab Philipp nicht klein bei.
    »Wachstum lässt sich nur über Kredit finanzieren. Ein vernünftiges, also konkurrenzfähiges Angebot italienischer und spanischer Weine kostet uns Zigtausende. Woher das Geld nehmen? Wir geben unsere Unabhängigkeit auf, Herr Langer.« Geradezu verzweifelt brachte Philipp seine Argumente vor. »Andere werden hier entscheiden und nicht mehr Sie! Das können Sie doch nicht wollen?«
    Langer stand auf, trat ans Fenster, drehte Philipp den Rücken zu und beobachtete einen Lastwagen, der an die Laderampe heranfuhr.
    »So ist es nun mal, mein lieber Achenbach. Am Wachstum Ihrer Gartenpflanzen können Sie sich erfreuen, wennSie pensioniert sind, das ist noch eine Weile hin. Bis dahin   ... ich habe das System nicht erfunden, aber wir müssen uns danach richten!«
    Der Hieb saß. Philipp begriff, er war gemeint. Einst hatte ein Headhunter ihm erklärt, bevor er bei France-Import begonnen hatte, weshalb er als Kandidat für eine Führungsposition abgelehnt worden war: »Sie sind zu früh mit zu wenig zufrieden. Unsere Wirtschaft braucht bissige Hunde, Herr Achenbach, die auf Beute aus sind. Nur so geht es voran.«
    Diese Mentalität war Philipp fremd. Er beobachtete Langer, bemerkte seine Anspannung, sah die hoch gezogenen Schultern, den eingezogenen Kopf. Das sah nur jemand, der ihn lange kannte, jedem anderen wäre es nicht aufgefallen.
    Als hätte er Philipps Blicke gespürt, drehte er sich um. »Wie lange werden Sie brauchen?« Langer fuhr fort, ohne Philipps Antwort abzuwarten. »Eine Woche müsste Ihnen eigentlich reichen.«
    Erstaunt hob Philipp den Kopf. »Sie meinen   ... in der Champagne? Woher soll ich das wissen? Es hängt davon ab, wie ich vorankomme und die Angelegenheit verstehe. Es ist ja nicht weit, und ich könnte, falls erforderlich   ...«
    »Sie brauchen von uns aus höchstens vier Stunden bis nach Reims – falls Sie nicht wieder das Fahrrad nehmen.« Es sollte witzig klingen, Philipp nahm es irritiert zur Kenntnis. »Wenn Sie wie üblich am Sonntag losfahren, könnten Sie Montag direkt loslegen – meine Sekretärin stattet Sie mit den nötigen Unterlagen und Adressen unserer Kontaktleute aus   ...«
    Sie wurden vom Läuten des Telefons unterbrochen. Langer wollte Philipp bedeuten, ihn für einen Moment allein zu lassen, es wäre das erste Mal gewesen, dass Langer ihn bei einem geschäftlichen Anruf hinausgeschickt hätte. Im letzten Moment wurde er sich der Brüskierung gewahr.
    So weit geht er dann doch nicht, dachte Philipp befremdet,während er seinen Chef weiter beobachtete. Wer oder was stellte Langer derartig unter Strom? Bislang hatte er ihm nie Vorschriften über die Dauer seiner Reisen gemacht. Er hatte sich stets auf ihn verlassen und hatte davon ausgehen können, dass bei derartigen Touren ein Achtstundentag außerhalb jeder Diskussion lag und Philipp genau zwischen Arbeit und Freizeit zu unterscheiden wusste.
    »Sie nerven, sie gehen mir, offen gesagt, auf den Wecker«, sagte Langer, nachdem er aufgelegt hatte, und notierte etwas in seinem Terminkalender.
    Es dauerte eine Sekunde, bis Philipp begriff, dass nicht er gemeint war. »Wer war das?«
    Langer sah Philipp an wie jemanden, dem man den Erfolg nicht gönnt, er behielt den bissigen Ton bei: »Bankiers – aber nichts von Bedeutung.«

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