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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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ja für jeden erwachsenen Europäer mindestens drei Flaschen da.« Wozu dann der Fonds?, fragte sich Philipp und folgte Pierre. Wer rechnete da noch mit einer Wertsteigerung? Man dürfte nur die herausragenden Jahrgänge einlagern, wie im Tour d’Argent, gleich gegenüber von Notre Dame. Im Keller des ältesten Restaurants von Paris lagen angeblich 450.000   Flaschen, darunter ein Champagner von 1788, ein Clos du Griffier. War der noch trinkbar? Die anderen sicher, glaubte er, man sollte es tun, sie genießen, sich damit die Birne begießen, eine riesige Fete veranstalten, ganz Europa dazu einladen und Verbrüderung feiern, statt weiter mit Kapitalanlagen andere ins Unglück zu stürzen. Philipp lächeltebei dem Gedanken an die Party vor sich hin, eine europaweite bacchantische Orgie würde ihm gefallen: drei Flaschen für jeden! Oben setzten sie sich an den Tisch mit Blick in den Garten und auf die Nackte in Schwarz. Jetzt würde sich zeigen, ob in Pierres Weinberg wirklich Leben war.
    Zuerst probierten sie den Rosé. Er hatte den Namen verdient. Die Pinot-noir-Trauben lagen zwei Tage auf der Maische, dann wurde gepresst und der Most vergoren. Es war ein wirklich fruchtiger Wein geworden, das Aroma roter Früchte war deutlich. Dann probierten sie einen Blanc de Blancs   – Chardonnay pur. In der Nase war er nicht so besonders, dafür aber im Mund: ein schönes Apfelaroma, sehr frisch, sehr lang im Geschmack, ein wenig grün noch, eine längere Lagerung würde ihn noch besser machen. Der Terre de Vertus war nicht so blumig wie die üblichen Chardonnays, dafür kamen die mineralischen Noten zum Ausdruck, und es trat wieder die Sensation von Kreide auf, die Philipp immer wieder verblüffte, auf die er wartete. Die Spitze von allem jedoch war der Grand Cru Extra Brut von fünfzig bis siebzig Jahre alten Rebstöcken. Es war ein ernsthafter und überzeugender Wein, sehr männlich und ausdrucksstark und beinahe voluminös. Das war ein Wein, der noch Jahre reifen konnte und sich entwickeln würde. Aber leider gab es nur kleine Mengen. Philipp war überzeugt, dass Langer sofort zustimmen würde, diese Champagner in ihr Angebot aufzunehmen. Zumindest hatte er in dieser Hinsicht den ansonsten verlorenen Vormittag sinnvoll nutzen können.
    Allmählich schälte sich der Sinn oder besser der Unsinn einer derartigen Kapitalanlage heraus – und der Gedanke, dass er der falsche Mann für die falsche Aufgabe war. Er suchte Wein, Langer suchte Geld.
    Beim Mittagessen meldete sich Touraine. Er würde in einer halben Stunde in Villers-Allerand auf ihn warten. Philipp bemühte sich, als der Ober die Kalbsroulade »nach Winzerart« brachte, seinen Unmut zu zügeln. »Ich bin südlichvon Épernay, bis zu Ihnen schaffe ich das in einer halben Stunde niemals.«
    »Dann habe ich eben weniger Zeit für Sie!«, sagte Touraine kurz angebunden.
    Der Mann war unverschämt. Glaubte er, dass auch Philipp nach seiner Pfeife tanzte? Es würde eine Freude werden, ihn zu treffen.
    »Wenn Ihr Mister Goodhouse mit uns arbeiten will, und so wurde es mir von Monsieur Langer in Köln jedenfalls berichtet, dann werden Sie sich nach mir richten. Ich bin frühestens in einer Stunde dort. Sie werden in Zukunft Ihr Zeitmanagement besser mit mir abstimmen!« Damit beendete er das Gespräch. So geht es nicht, mein Freund, dachte Philipp. Er blickte auf die Kalbsroulade, als hätte er Touraine vor sich, und nahm das Messer in die Hand.
    »Der Champagner wird der Tomaten-Rosmarin-Soße mit den Champignons erst kurz vor dem Servieren hinzugefügt«, sagte der Ober lächelnd, »das macht sie überaus leicht.«
    Leichtigkeit – das war es, was Philipp fehlte. So schwer wie dieser Touraine hatte ihm in Frankreich kaum jemand die Arbeit gemacht, höchstens in Paris. In Paris war alles schwierig, hektisch, anstrengend und unfreundlich. Er machte einen großen Bogen um die Hauptstadt. Diese Arbeit, aus der eine langfristige Zusammenarbeit werden sollte, stand unter einem schlechten Stern. Er war nicht der Junge, der sich hin und her schicken ließ.
     
    Touraine sah bei Sonnenschein genauso nichtssagend aus wie bei künstlicher Beleuchtung. Heute schien er müde zu sein und kniff nervös die Augen zusammen. Die Begrüßung frostig zu nennen war euphemistisch, sie lag weit unter arktischen Minusgraden. Es kam nicht einmal zu dem sogar mit den Kellerarbeitern üblichen Händedruck. Sie ersparten sich alle höflichen Floskeln und kamen zum Kern des Geschäfts.Philipp

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