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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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zu kurz oder der Kopf eingezogen, als würde Touraine sich vor etwas ducken.
    Ein Arbeiter um die Sechzig, mit Schiebermütze und blauer Latzhose kam von unten herauf und grüßte Touraine, der ihm ausweichen wollte, mit Handschlag, was dieser als äußerst aufdringlich empfand.
    »Schon wieder auf den Beinen, oder immer noch?«, fragte der Arbeiter und hielt auch Philipp die Hand hin. »Guten Tag, Monsieur. Neu hier?«
    »Ja«, sagte Philipp freundlich, »aus Köln.«
    Touraine murmelte irgendetwas von »viel Arbeit und langen Nächten«, ohne auf den Arbeiter weiter einzugehen, der stehen geblieben war, ihm den Weg versperrte und auf einen Kollegen wartete. Auch der begrüßte Touraine.
    »Wir wollen uns morgen im Bistro von Ludes zum Kartenspielen treffen. Haben Sie keine Lust mitzuspielen, Monsieur Touraine?«, fragte der Arbeiter mit der Schiebermütze, dessen große Nase Philipp an die des General de Gaulle erinnerte. »Oder spielen Sie nur um richtiges Geld?«
    Touraine wollte den Arbeiter zur Seite schieben, ein Wort gab das andere, und alle merkten, dass die Aufforderung zum Kartenspiel als Provokation gemeint war. Ludes, soerinnerte sich Philipp, war das Nachbardorf, es lag ebenfalls auf der Champagner-Straße. Raphaël Bérèche hieß ihr Winzer dort, ein eigenwilliger Mensch, der den Betrieb gerade an den Sohn übergab. Die Weinberge lagen in Ludes, aber Raphaël Bérèche wohnte ein wenig abseits in Le Craon de Ludes, wo der Wald begann. Sein Haus lag an einer sehr unübersichtlichen Straße. Philipp würde sie nicht vergessen. Vor dem Weingut stieg die Straße in einer engen Kurve steil an, und er hatte beim Verlassen des Weingutes fast einen schweren Unfall verursacht.
    Philipp sah den Arbeitern nach und begriff, was der Ältere der beiden eben gesagt hatte. Touraine befand sich bereits länger in der Champagne. Wieso hatte er sich dann verleugnen lassen?
    »Was hat er gemeint?«, fragte Philipp, »schon wieder auf den Beinen, oder immer noch?« Er ahnte, dass er Touraine mit dieser Frage in Verlegenheit bringen würde.
    »Was weiß ich, was den Leuten einfällt. Sie reden irgendwas, nur um zu reden. Die französischen Arbeiter kennen schon längst ihre Grenzen nicht mehr und machen sich mit jedem gemein.«
    Auf dem nächsten Treppenabsatz blieb Philipp stehen. »Der Verwalter fragte mich, ob mich ein gewisser Muller begleite, Michel Muller. Arbeiten Sie mit ihm zusammen? Ist das ein Deutscher oder ein Franzose?«
    Touraine zog den Kopf ein wie die Schildkröte, die man leicht an die Nase stupst. Er ging schneller, streckte die Hand nach dem Geländer aus und sprang die letzten Stufen fast hinunter.
    »Welcher Verwalter hat das gefragt? Ich kenne hier keinen Verwalter.« Er war auf der untersten Ebene angekommen.
    »Der Mann hinter dem Tresen, oben im Empfang.«
    »Hat der was zu sagen? Was haben Sie mit ihm geredet?« Touraine war stehen geblieben und sah Philipp entgegen, der sich beeilte nachzukommen.
    »Weshalb regen Sie sich auf? Ich habe ihn lediglich nach Ihnen gefragt und ob ich die Keller des Fonds sehen könnte.«
    »Ich kenne keinen Muller   ...«
    »Vielleicht heißt er Müller, Sie als Franzose kennen sicher die Probleme Ihrer Landsleute mit den Umlauten   ...«
    Touraine sah keine Veranlassung, Philipps Frage zu beantworten. Er öffnete die schwere Gittertür zu den Gewölbegängen und winkte ihm. Sie befanden sich tief in der Kreide. Im Hauptstollen, der einer Eingangshalle glich, stand eine Reihe von Wagen, ähnlich denen, die auf Flughäfen zum Transport von Koffern benutzt werden, daneben standen große, mit Flaschen gefüllte Drahtkörbe. Der Hauptgang war mit Ziegeln ausgemauert, die Gewölbedecke wie auch die Seitengänge bestanden aus purer Kreide. Glühbirnen an Drähten warfen ein rötliches Licht an die Wände, das sich in der Tiefe der Gänge in Schwärze verlor. Und in den Seitenstollen reichte das Licht nur bis zum ersten Flaschenstapel.
    Philipp suchte nach einem Plan, der ihm Aufschluss über dieses unterirdische Labyrinth gab, doch Touraine, der auch hier wusste, welche Lichtschalter betätigt werden mussten, um die Tiefen des Labyrinths auszuleuchten, forderte ihn barsch zum Weitergehen auf.
    »Durch Ihr spätes Erscheinen haben wir viel Zeit verloren!«
    Hinter der dritten Abzweigung verlor Philipp bereits die Orientierung. Alle Stollen sahen gleich aus, die Beleuchtung zeichnete die schwärzlichen und feucht glänzenden Wände weich, erleuchtete Nischen mit nur

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