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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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Schauen Sie, die Flaschen wurden bewegt, das Tor aufgeschlossen, und da sind Schleifspuren am Boden, als wären Kisten   ...«
    »Sie scheinen wirklich von der Steuerbehörde zu kommen!« Touraines Blick war so böse wie seine Stimme. »Sie haben allerdings recht«, meinte er einlenkend. »Sie sind ein guter Beobachter. Die Flaschen wurden bewegt, ja. Sehen Sie, dass jede zweite Reihe Flaschen auf einer dünnen Holzleiste liegt? Ja? Wenn Sie sich wirklich auskennen, sollten Sie wissen, dass die Flaschen unter sechs Bar Druck stehen, dreimal mehr als ein Autoreifen. Es platzt schon mal die eine oder andere. Es waren mehrere, das Glas hatte Lufteinschlüsse und platzte, der Stapel hätte instabil werden können, also haben wir ihn umgeschichtet. So ist das.«
    So viel hatte Touraine bisher noch nie an einem Stück geredet. Was er sagte, klang plausibel, aber es räumte Philipps Verdacht nicht aus.
    »Wo liegen die Flaschen der anderen Fonds?«
    Touraine atmete heftig, um Philipp merken zu lassen, dass er sich bemühte, die Fassung zu wahren. »Ich bin nicht verpflichtet, Ihnen das auch noch zu zeigen. Wenn es Sie beruhigt, gehen wir auf dem Rückweg daran vorbei.« Er sah sich um und blieb nach einigen Schritten vor einer Abzweigung weiterer Tunnel stehen, die mit Flaschen gefüllt waren. »Hier! Hier liegen die Engländer! Und da drüben«, er zeigte auf einen ebensolchen Tunnel, »da liegen die Holländer.«
    Für Philipp erschloss sich das nicht. Für ihn gab es keinenAnhaltspunkt, bis auf die Schiefertafeln, und aus ihrer Beschriftung wurde er nicht schlau. Es gab weder ein B für Belgien noch ein NL für die Niederlande.
    »Sie bringen zum Arbeiten Ihre eigenen Leute mit?«
    Touraine befand sich bereits auf dem Rückweg, verärgert wandte er sich um. »Wer hat das erzählt?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    Es dauerte einige Sekunden, bis sich Touraine zur ersten diplomatischen Antwort des Tages durchrang: »Eigentlich nicht. Wer war es denn?« Er rang sich sogar ein Lächeln ab.
    »Ist das nicht gleichgültig, wenn es keine Rolle spielt?«

9
    Madame Louise Dillon-Lescure gefiel Philipp auf den ersten Blick. Es war nicht unbedingt das schulterlange dunkelblonde Haar. Es waren auch nicht die lebhaften dunklen Augen, die jeden direkt ansahen, mit dem sie sprach. Es war auch nicht der ausdrucksstarke Mund – sie bewegte die dezent geschminkten Lippen beim Sprechen sehr akzentuiert, und ihr Französisch klang dadurch geradezu bühnenreif. Das alles war es natürlich auch, was ihren Reiz ausmachte, aber in erster Linie war es ihre Haltung. Wer sie auch nur von Weitem sah, zweifelte nicht daran, dass sie in diesem Betrieb das Sagen hatte. In einer anderen, vergangenen Epoche hätte Philipp sie der Aristokratie zugerechnet, keiner verkommenen Klasse, sondern einer, die sich bemühen musste, da ihr bewusst war, dass ihre Zeit abgelaufen war. Da Philipp diese Frau als äußerst attraktiv empfand, ließ er sich von ihr nicht über Gebühr beeindrucken und musste auch nicht konkurrieren. Bei Louise Dillon-Lescure glaubte er schnell zu wissen, woran er war. Und außerdem war sie äußerst charmant.
    Als er die Gruppe, in deren Mitte sie als einzige Frau das Wort führte, fast erreicht hatte, sah sie ihm fragend entgegen, direkt und offen, und er schaute auf die gleiche Weise zurück. Die Umstehenden folgten dem Blick und fragten sich, wem er gelten mochte. Madame und Philipp lösten die Spannung mit einem mehr als freundlichen Lächeln   – Philippwar, als seien sie sich einig. Im anderen Fall hätten beide Abstand zu wahren gewusst. Was Philipp diese Situation nicht zur Gänze auskosten ließ, wie den letzten Schluck eines guten Weins, von dem man wegen des Aufbruchs weggerufen wird, war das Aufblitzen der Erinnerung an Helena. In diesem Moment hatte er das Gefühl, sie zu hintergehen.
    »Sie ist beim Degorgieren«, hatte die Assistentin von Madame Louise, wie man sie nannte, bei seinem Eintreffen gesagt. »Eine Maschine ist ausgefallen. Die Monteure sind gekommen, und Madame kümmert sich in solchen Fällen selbst um den Schaden. Sie wird schwerlich Zeit für Sie erübrigen können.«
    Das war Philipp gewohnt. Mal herrschte schlechtes Wetter, mal war der Winzer aufgehalten worden, das Gespräch wurde verschoben, denn eine Lieferung musste über Nacht komplettiert werden, dann fiel der Strom aus, oder die Etiketten kamen nicht rechtzeitig aus der Druckerei – und dann gab es noch die unendliche Reihe menschlicher

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