Champagnerkuesschen
langsam wird sie mir damit echt unheimlich.
„Trotzdem gewinnt jede Woche jemand im Lotto!“, murre ich.
„Sieh es doch mal so: Die Dinger sind gebaut, um in der Luft zu bleiben. Ich als Ingenieurin kann dir versichern ...“
„Du bist Wirtschaftsingenieurin und kein Flugzeugbauer“, widerspreche ich ihr. „Und noch dazu schwanger.“
„Was willst du damit sagen?“ Katja tippt mit den Fußspitzen gegen den Boden.
„Dass du nicht zurechnungsfähig bist. Sieh dich doch mal an, du fängst wegen jeder Kleinigkeit an zu heulen.“
„Stimmt“, sagt Katja. „Ich habe ja auch einen kleinen Russen im Bauch und echte Möpse in Körbchengröße C! Das kriegt man nicht einfach so.“ Katja strahlt übers ganze Gesicht.
„Meinst du jetzt die Möpse oder den kleinen Russen?“ Ich stupse Katja in die Seite, und wir fangen beide an zu lachen.
„Soll ich dir nicht wenigstens beim Packen helfen“, schlägt Katja vor.
„Schon erledigt“, verkünde ich.
„Wirklich?“ Katja sieht mich ungläubig an.
Ich nicke. „Bis auf das Kleid für heute Abend ist alles gepackt.“
„Du wirst atemberaubend darin aussehen.“
Ich nicke traurig. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, zum Medienball zu gehen, aber Andreas hat darauf bestanden, dass ich ihn begleite. Wir sind jetzt richtige Freunde geworden, Andreas und ich. Nicht so Freunde wie Harald und ich, aber fast.
„Wenn ich es mir recht überlege, habe ich keine Lust zu feiern“, sage ich.
„Jedes Mal, wenn du zu einem großen Event eingeladen bist, willst du auf einmal nicht mehr dorthin.“
Ich zucke mit den Schultern. „Ich wollte mit Benni zum Medienball.“
„Aber Benni hat sich seit mehr als zwei Wochen nicht mehr bei dir gemeldet. Also entspann dich und genieße deinen letzten Abend in Hamburg. Es gibt schlimmere Schicksale, als Andreas Neumann auf den Medienball zu begleiten.“ Sie kichert. „Und morgen früh gehst du auf große Reise. Wenn du dann in zwei Wochen braun gebrannt wieder in Hamburg landest, sieht die Welt schon wieder anders aus.“
Ich nicke.
„Komm. Ich helfe dir beim Anziehen. Es wäre doch schade, wenn deine ganzen Diätanstrengungen unbeachtet blieben.“
„Du hast es tatsächlich geschafft!“, jubelt Katja. „Das Kleid passt perfekt. Du siehst toll aus.“
Kritisch betrachte ich mein Spiegelbild. Tatsächlich sitzt das Kleid wie angegossen. Ich bin zwar noch immer keine Gazelle, aber die Speckrolle um meine Taille ist fast verschwunden. Außerdem hat Katja mit meinem Make-up ein kleines Wunder vollbracht. Meine in letzter Zeit eher müden Augen strahlen fast unnatürlich blau und sind riesengroß. Selbst meine ansonsten störrischen Haare liegen dank meines gestrigen Besuches bei Harald in weichen Wellen um meinen Kopf.
Katja reicht mir ein Glas Rotwein. „Hier, zur Beruhigung. Und hör auf, dich im Spiegel anzustarren wie ein verschrecktes Reh.“
Ich greife nach dem Glas und nehme einen tiefen Schluck. Ah ... das tut gut.
„Und mach dir keine Sorgen. Benni ist nicht auf dem Ball, es kann also nichts schiefgehen.“
„Aber Arianne wird da sein“, gebe ich zu bedenken.
„Na und. Dann lass sie doch.“
Ich nehme noch einen Schluck Rotwein. „Und was mache ich, wenn sie mich anspricht?“
„Pumbi, wir reden hier von dem Medienball. Da werden so viele Leute anwesend sein, die merkt gar nicht, dass du auch da bist.“ Sie schenkt mir etwas Rotwein nach. „Ich beneide dich. Während ich mich langsam in einen Brutkasten verwandele, gehst du mit Promis feiern, um am nächsten Tag in die Wärme zu fliegen und dich mal richtig verwöhnen zu lassen. Du bist ein echter Glückspilz, weißt du das!“
„Hey, finde den Fehler im Bild. Ich bin nicht wie du! Erstens, ich sehe nicht aus wie ein Star. Zweitens, ich habe Flugangst“, bringe ich Katja auf den Boden der Tatsachen zurück. Seit sie schwanger ist, hat Katja so eine verklärte Sicht der Dinge. Bevor Katja schwanger wurde, hat sie nur Thriller gelesen, in denen das Blut literweise floss. Neuerdings klammert sie sich beim Tatort an Sergej und liest Nicholas Sparks. Was Hormone so alles mit einem machen, ist wirklich erschreckend.
„Egal, du wirst es genießen. Glaub mir!“
Ich stelle das leere Glas ab und ziehe meine schwarzen Pumps an. Die Dinger schmerzen schon beim Ansehen, angezogen sind sie eine reine Qual. Mit der Clutch unter dem Arm stöckele ich in Richtung Haustür.
„Pumbi!“, ruft mir Katja hinterher, als ich unter größter
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