Champagnerkuesschen
wirklich schwer nachzuvollziehen für Außenstehende.
„Äh ... du hast dich doch wohl nicht in diesen drögen Mann von einem Arzt verliebt?“, frage ich.
„Der Arzt, der Harald behandelt hat, war schwul?“, fragt Katja entgeistert.
Ich schüttele den Kopf. „Keine Ahnung!“
„Nicht der Arzt, Dummerchen“, entgegnet Harald. „Der Pfleger!“
Ich schnappe erstaunt nach Luft. „Der Pfleger?!“
„Genau der!“, nickt Harald. Seine Wangen scheinen vor Aufregung zu glühen.
„Ich fasse es nicht. Da nimmt man dich einmal mit ins Krankenhaus und schon triffst du deine große Liebe“, sage ich.
„Das erklärt alles“, bemerkt Katja und grinst.
„Was?“, fragen Harald und ich wie aus einem Munde.
„Na, dass uns der Typ in der Wunderbar angesprochen hat.“
„Ihr habt meinen Wolfi in der Wunderbar getroffen?“ Jetzt sieht Harald ernsthaft verwirrt aus.
Ich nicke. „Ja, wir waren gerade dabei, deinen Toyboy zu beruhigen, als uns Wolfi angesprochen hat und wissen wollte, wie es dir gehe.“
„Wie süüüß!“, kreischt Harald begeistert. „Wir gehen in die gleichen Klubs. Wir leiben die gleiche Musik. Wir ...“
„Und habt ihr euch schon getroffen?“, unterbricht Katja Haralds Anflug von Euphorie.
„Nein, aber morgen. Wolfgang hat Frühdienst, und ich bin bis mittags ausgebucht im Salon. Er hat gesagt, er holt mich nach der Arbeit in der BOX ab. Stellt euch vor: Er will sehen, was ich so mache und wie mein Salon aussieht! Anschließend gehen wir bei Timilein einen Happen essen.“ Harald klimpert mit den Wimpern. Das kann er ehrlich gesagt besser als so manche Frau.
„Na, das hört sich nach einem richtigen Date an“, sage ich.
Harald nickt. „Ich bin aufgeregt wie ein Teenager vor seinem ersten Petting!“ Er kichert. „Ist das nicht herrlich?“
„Und denk immer dran“, sagt Katja und hebt mahnend den Zeigefinger. „Falls ihr Sex haben solltet, gleich von Anfang an ehrlich miteinander sein.“ Katja verschränkt die Arme vor der Brust.
Harald kaut geräuschvoll eine Möhre.
„Äh, was meinst du damit?“, frage ich.
„Na, das liegt doch wohl auf der Hand. Wenn man mit einem Mann das erste Mal ins Bett geht, sollte man gleich klarstellen, welche sexuellen Vorlieben man hat. Zurückhaltung ist da nicht angesagt, sonst endet man damit, dass der Typ glaubt, dass du, nur weil er dir seine Zunge ins Ohr steckt, einen Orgasmus hast.“ Katja kichert. Harald verzieht das Gesicht.
Ich bin auch immer viel zu zurückhaltend in der ersten Phase des Kennenlernens. Ich werde gerne entdeckt. Den Körper des anderen erforschen und dabei seine Vorlieben kennenzulernen, reizt mich mehr. Dafür gehe ich gerne das Risiko des ein oder anderen vorgetäuschten Orgasmus ein.
„Liebelein, es ist mir völlig egal, was Wolfgang mit mir macht ... Hauptsache, er macht was!“ Haralds Gesicht leuchtet auf.
„Weißes Pony! Weißes Pony!“, kreischen Katja und ich gleichzeitig.
9. Julias Facebook-Status: Hunger!!!!
Die restliche Woche ist wie im Flug vergangen. Frau Bogner hat noch dreimal angerufen, um mir letzte Änderungen durchzugeben. Ich bin mit den Nerven völlig am Ende. Dazu kommt das ständige Hungergefühl, was auch nicht gerade zu meiner Entspannung beiträgt. Wenn ich mich sonst schlecht gefühlt habe, habe ich einfach eine Tafel Schokolade gegessen oder mir ein Stückchen leckeren Kuchen aus der Konditorei um die Ecke geholt.
Schokolade beruhigt die Nerven, das steht sogar bei Harry Potter! Anstatt leckere Schokolade zu naschen, knabbere ich jetzt an einer Möhre und komme mir vor wie ein Kaninchen. Aber das Schlimmste an der Sache ist, dass ich seit vorgestern kein Gramm mehr abgenommen habe. Die Anzeige der Waage bleibt bei 65,8 kg stehen, als sei sie dort festgefroren. Das ist besonders frustrierend, da ich mich extra durch einen Rohkosttag gequält habe, von dem alle behaupteten, er würde wie ein Katalysator wirken und ich dadurch noch schneller abnehmen würde. Also habe ich mir unter Katjas strengem Blick, einen appetitlich aussehenden Gemüseteller mit Möhre, Gurken und Paprika zurecht geschnippelt. Das Auge isst schließlich mit.
Möhren sind ja ganz okay. Allerdings die in Scheiben geschnittene Gurke schmeckte wie Spucke. Die Paprika habe ich daraufhin gar nicht mehr angefasst. Wären Katja und Harald nicht dabei gewesen, hätte ich mir heimlich ein Nutella-Brot geschmiert. Ich bin eben ein schwacher Mensch. Jedenfalls war mein Rohkosttag ein Griff ins Klo. Ich
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