Champagnerkuesschen
gar nicht fassen, dass ich der Überbringer dieser schrecklichen Nachricht sein soll!“ Er fasst sich mit der Hand an die Brust.
„Welche Nachricht?“ Langsam bekomme ich es mit der Angst zu tun. Mein Herz zieht sich krampfhaft zusammen. Bilder von Benni, wie er blutend zwischen Flugzeugtrümmerteilen am Boden liegt, um ihn herum die Leichen anderer Passagiere. Ich schlucke.
„Oh Gott, oh Gott, oh Gott! Ich bringe es nicht übers Herz, es ihr zu sagen“, jammert Harald. Sein Atem geht mittlerweile stoßweise. Er kramt hektisch in seinem Herrenhandtäschchen.
„Harald, wenn du nicht gleich sagst, was los ist, drehe ich dir eigenhändig den Hals um“, droht Katja.
Harald, der alte Hypochonder, hebt die linke Hand, mit der rechten zieht er sein Asthmaspray hervor und hält es sich vor den Mund. Eigentlich hat Harald kein Asthma, aber seit dem Nusskuchen-Zwischenfall ist er von dem Wahn befallen , Asthma zu haben. Wahrscheinlich hat ihm der Arzt das Rezept nur mitgegeben, damit er Harald endlich los war.
„ Benni hat sich von Julia getrennt“, keucht er heiser. Eine dicke Träne läuft ihm die Wange herunter. „Dabei waren sie so ein schönes Pärchen!“ Katjas Gesicht ist ein einziges Fragezeichen.
Ich breche in schallendes Gelächter aus. Harald sieht mich an, als überlege er, woher er so schnell wie möglich eine Zwangsjacke organisiert bekommt.
„Julia, ist alles okay mit dir?“, fragt mich Katja besorgt. Sie legt mir die Hand auf die Schulter, was bei mir erneut ein hysterisches Kichern zur Folge hat.
„Oh Gott, ich habe gewusst, sie würde es nicht verkraften“, stöhnt Harald. „Aber dass sie derart durchdrehen könnte, hatte ich nicht vermutet. Katja, was sollen wir jetzt tun? Die Arme dreht völlig durch!“
„Alles okay!“, lache ich und klatsche mit den Händen auf meine Schenkel. Katja und Harald zucken zusammen, als ob ich den Abzug eines Revolvers gezogen hätte. „Ich bin weder verrückt noch bin ich von Benni getrennt!“
„Das ist typisch für Menschen in diesen Situationen“, erklärt Harald ernst. „Abwehrhaltung und Verneinung! Das kennt man doch aus den ganzen Filmen: Wenn der Mann stirbt, will es die Ehefrau nicht glauben. Genau so ist es gerade bei Julia.“
Katja nickt mit zusammengepressten Lippen.
„Nein, ich bin nicht verrückt“, wiederhole ich.
„Aber, Liebelein ...“ Harald streichelt mir mit seiner haarigen Hand übers Gesicht. „Ich habe es mit meinen eigenen Augen im Fernsehen gesehen. Du musst jetzt tapfer sein und der Wahrheit ins Auge blicken.“
„Das gibt ‘s doch nicht “, sagt Katja erschrocken und sieht mich an.
„Okay, bevor ihr völlig in Panik ausbrecht, kläre ich euch lieber auf.“ Ich lasse mich auf unser Sofa fallen. „Das haben die sich vom Sender alles aus den Fingern gesaugt! Ihr hättet mich heute Morgen mal sehen sollen. Ich habe fast keine Luft mehr bekommen, als ich den Fernseher angeschaltet habe und die Benni in diesem Bericht über Deutschlands begehrteste Junggesellen erwähnt haben“, kläre ich die beiden auf. „Ich habe Benni am Telefon total zusammengeschissen. Ihr wärt stolz auf mich gewesen.“
„Du willst also sage n, dass das alles großer Blödsinn ist?“ Katja sieht mich mit großen Augen an.
Ich nicke. „Erstunken und erlogen. Jedes einzelne Wort! Benni hat kein Interview gegeben, und da haben die vom Sender einfach etwas erfunden. Benni wollte mich ... uns nur schützen!“, erkläre ich. „Aber ich finde es toll, wie ihr euch um mich Sorgen macht.“ Ich lege meine Hand auf Haralds Schulter.
„Sie hat davon gewusst?“ Harald erwacht aus seiner Starre.
Ich nicke. „Ja, aber ich hatte die Sache schon wieder vergessen. Als du eben durch die Haustür gestürmt bist, dachte ich, Benni sei mit dem Flieger abgestürzt.“
„Okay, das erklärt alles“, sagt Katja erleichtert.
Harald sieht uns mit Unschuldsmiene an. „Ach Göttle, bin ich froh!“
„Also auf den Schreck muss ich erst mal was trinken!“, sage ich.
„Denk an deine Diät!“, ermahnt mich Katja und macht den Moment kaputt.
„Sie macht Diät?“ Harald mustert mich mit seinen kleinen Schweinsäuglein.
„Das habe ich dir doch schon vor Tagen erzählt“, antworte ich. „So hörst du mir also zu!“
Er deutet warnend mit dem Zeigefinger auf meinen Haarmopp. „Nicht so vorlaut, meine Liebe, sonst vergesse ich, dass ich ihr Friseur bin!“
Harald mustert mich vom Scheitel bis zur Fußsohle.
„Wieso, was ist denn mit
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