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Champagnerkuesschen

Champagnerkuesschen

Titel: Champagnerkuesschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
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was für ein Haufen einfallsloser, langweiliger und völlig überbezahlter Redakteure wir sind.“
    Andreas lacht. „Ich dachte, die alte Hirsekorn hätte sich zur Ruhe gesetzt?“
    „Offiziell ja, aber das hindert sie nicht daran, immer wieder zu den Meetings aufzutauchen“, falle ich in sein Lachen ein. Der Rotwein steigt mir langsam zu Kopf.
    „Wie lange arbeitest du schon im Hirsekorn Verlag ?“
    „Seit knapp einem Jahr. Vorher war ich in Freiburg und habe für eine Gartenzeitschrift gearbeitet. Ganz schön armselig, ich weiß.“
    „Ehrlich gesagt würde ich es eher als beeindruckend bezeichnen. Ich meine, da hast du eine ganz schöne Karriere hingelegt.“
    „Ach was, ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn. Ich hatte wohl einfach Glück!“
    „Und bist du zufrieden?“
    Ich lache. „Wenn du mal von meiner strengen Chefin, dem schlechten Kaffee, meinem spießigen Kollegen Thomas, der trockenen Luft, meinem ständigem Hungergefühl und meiner Flugangst absiehst, habe ich eigentlich einen ganz coolen Job.“
    Oh Gott, was erzähle ich hier eigentlich? Ich darf keinen Wein mehr trinken – nach meiner diätbedingten Abstinenz wirkt das Zeug wie ein Wahrheitsserum. Noch ein Glas und ich vertraue ihm meine gesamten Passwörter an.
    Bis vor einem Jahr hatte ich für alle meine Konten nur ein Passwort. Johann hat mich deswegen immer ausgeschimpft. „Wenn einer dein Passwort rausbekommt, hat er Zugang zu deinen sämtlichen Konten!“ Also habe ich mir für jedes Konto ein anderes Passwort zugelegt, und, damit ich sie nicht alle vergesse, habe ich sie in meinen Planer geschrieben. So kann mir nichts mehr passieren!
    „Moment mal! Habe ich dich richtig verstanden? Du hast Flugangst?“
    „Na ja, nicht wirklich.“ Ich rutsche unruhig auf der Bank hin und her. „Vielleicht ein klitzekleines bisschen.“
    Das Lächeln, das seinen Dreitagebart teilt, ist absolut entwaffnend. „Du bist echt einmalig.“ Plötzlich hält er inne und streichelt mir mit seinem Daumen sanft über die Wange. Meine Haut prickelt leicht unter seiner Berührung.
    Die Buzzer fangen an zu brummen. Gott sei Dank! Noch eine Minute länger in seiner Nähe und ich hätte für nichts mehr garantieren können.
    „Ich geh mal unsere Pizzen holen“, sagt Andreas mit rauer Stimme.
    Während Andreas unser Essen holt, funken die Synapsen in meinem Kopf ohne Unterlass leise Hilferufe in den Weltraum. Was soll ich machen? Abhauen? Nein, ich bin doch kein Feigling. Außerdem habe ich mich seit Tagen nicht mehr so gut gefühlt. Mein Selbstwertgefühl hat jedenfalls heute Abend einen riesigen Schub bekommen und ist in der Punkteskala von eins auf acht gestiegen. Ein bisschen Selbstzweifel bleiben bei mir immer, egal, wie gut ich mich fühle. Dafür weist mein äußeres Erscheinungsbild zu viele Mängel auf. Die lassen sich nicht einfach mit Komplimenten wegreden.
    „Die Pizza sieht klasse aus!“
    Andreas jongliert mit den beiden Tellern in der Hand zwischen den Bänken hindurch. Bei dem Anblick der saftigen, dampfenden Pizza läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Ich kann es kaum fassen – eine ganze Pizza für mich alleine! Wahrscheinlich erleidet mein Magen nach dem ganzen Grünzeug der letzten Wochen einen Kollaps – aber das ist mir egal.
    Ich nehme ein Stück und beiße herzhaft hinein.
    „Mmh!“, rutscht es mir heraus.
    „Du magst Pizza“, sagt Andreas. Sein Lächeln ist nach wie vor zauberhaft.
    Ich nicke. „IschliebePizza.“ Ich folge seinem amüsierten Blick. „Tschuldigung!“ Schuldbewusst halte ich die Hand vor den Mund.
    „Macht nichts“, winkt Andreas ab. „Endlich mal eine Frau mit gesundem Appetit. Die meisten Frauen, die ich kenne, geben vor, nach einem Teller grünem Salat pappsatt zu sein.“
    Vielleicht sollte ich ihm ein paar schreckliche Sachen über mich sagen, damit er mich nicht mehr so ansieht, wie er mich ansieht. Diese blauen Augen sind einfach anbetungswürdig und verursachen mir weiche Knie.
    „Ich bin schrecklich naiv“, platze ich heraus.
    „Was?“ Andreas sieht mich irritiert an.
    „Ja, ich bin schrecklich naiv und mache lauter blöde Sachen“, nicke ich.
    Andreas leckt sich mit der Zunge über seine Oberlippe. Eine hübsche Zunge. „Was denn zum Beispiel?“
    „Na, ich ... ich sollte eigentlich gar nicht hier sein, schließlich habe ich einen Freund, aber ich habe mir gerade überlegt, wie sich deine Lippen wohl anfühlen.“ Scheiße! Ich senke hastig meinen Kopf, damit er nicht sieht, wie

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