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Champion Jack Barron

Champion Jack Barron

Titel: Champion Jack Barron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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auf dem winzigen, schlecht fokussierten Schirm erschien, konnten sein wild gelocktes Haar und seine unergründlichen Augen doch die Dunkelheit um sie herum ein wenig erhellen.
    „Was wirst du heute abend in der Show bringen?“ fragte sie. Doch das sie, das diese Frage gestellt hatte, schien ihr in der Zeit einige Augenblicke voraus zu sein, Sara selbst wußte erst, was sie gefragt hatte, nachdem die Worte bereits ausgesprochen waren.
    „Komm schon, Baby, du weißt verdammt genau, was die Stunde geschlagen hat“, sagte Jack. „Bennie Howards wird heute abend seinen großen Auftritt haben.“
    „Das kannst du nicht tun“, hörte sie sich selbst sagen, als würde ein innerer Druck ihre Lippen und ihre Zunge zu genau dieser Wortkonfiguration zwingen – sie sagte sie nicht, sie sagten sich selbst:
    „Du mußt Howards aufhalten, was es auch kosten mag. Du mußt ihn aufhalten.“
    Jacks Gesicht verzerrte sich zu einem bösen Stirnrunzeln. „Um Himmels willen, es ist auch so schon beschissen genug!“ sagte er. „Laß mich in Ruhe, bitte, Sara!“
    Laß mich in Ruhe … laß mich in Ruhe … Die Worte beinhalteten eine erneute Anklage. Ja, ich bin es, die ihn belastet, dachte sie. Er macht alles nur, um mich zu schützen.
    „Ich werde es nicht zulassen“, hörte sie die seltsam verzerrten Worte ihrer eigenen Stimme. „Du tust das für mich, und ich werde es nicht zulassen. Es ist nicht richtig. Ich will nicht, daß du ganz Benedict Howards gehörst, nur damit ich leben kann. Das werde ich dir nicht antun.“
    „Erspar’ mir den Märtyrerscheiß, die Lage ist auch so schon beschissen genug“, sagte er, und sie spürte, er war nahe daran, sie wie einen Vip in Champion Jack Barron abzukanzeln. „Mach dich nicht selbst fertig, es wäre genau dasselbe, wenn ich alleine wäre. Ich will nicht sterben, das ist alles. Warum fällt es dir nur so verdammt schwer, das einzusehen?“
    Er lügt, dachte sie. Er lügt für mich, und ich liebe ihn dafür. Aber ich kann es nicht zulassen.
    „Du tust es für mich“, beharrte ihre mechanische innere Stimme. „Ich weiß das genau, und ich weiß auch, du lügst für mich. Und ich werde nicht zulassen, daß du das tust, Jack, ich werde das ganz einfach nicht zulassen.“
    „Was, zum Teufel, soll das?“ fragte er, und seine Stimme klang dünn und unreal und doch wieder, verstärkt duch den Vidphonkanal, auch realer als real.
    „Heroische Illusionen? Paß auf, Baby, du weißt doch genau, wie mir zumute ist und was ich für dich empfinde, aber komm mir deswegen nicht auf dumme Gedanken … niemand kann mir den Kopf waschen, nicht mal du.“
    „Nicht mal Benedict Howards?“
    Sogar auf dem winzigen Schirm des Vidphons konnte sie sehen, welchen Eindruck die häßlichen Worte, die sie selbst eigentlich gar nicht hatte aussprechen wollen, auf Jack hatten. „Nicht mal Howards – die Umstände, an denen liegt’s. Aber das bedeutet nicht, daß Bennie mich umkrempeln kann, ich sehe nur die Realitäten. Solltest du auch mal versuchen, Sara.“
    Sara ließ ihren Blick über den lebenden Lichterteppich der Stadt gleiten, diesem großen Körper der Menschheit, von dem auch sie ein unbekanntes Teilchen war, und die Schwärze darüber und darunter schien sie mit den Surfklängen des zeitlosen Meeres zu rufen, direkt aus den Tiefen der Ewigkeit … sie rief und versprach Vergessen und einen Ausweg … den einzigen Ausweg …
    „Hast du noch nie daran gedacht“, fragte sie, „daß es bessere Dinge gibt als die Wirklichkeit, klarer, reiner, wo niemand einen mit dem Tod oder dem Blut von Kindern, das in einem tropft, besudeln kann, oder mit sonstwas, das verrottet und schmutzig und bösartig ist …“
    „Gottverdammt!“ schnarrte Jack, „du bist stoned bis zum Rand! Du bist auf Acid ausgeflippt! Faß dich wieder, Sara, komm zu dir, Baby … Jesus H. Christus, wie konntest du nur so dumm sein, ausgerechnet jetzt Acid zu schlucken! Wo diese ganze Scheiße hier abläuft, du wußtest doch, daß es einen Horrortrip geben mußte. Warum, zum Teufel, hast du das getan?“
    Hier stehend, mit Jacks Bild in Schwarzweiß, ein Millionen Meilen entfernter Geist, schon seit Jahrtausenden auf dem Vidphonschirm, fragte sie sich nun ebenfalls, warum. Horrortrip, klar, tief in ihrem Innersten hatte sie auch gewußt, daß es einen Horrortrip geben würde. Aber was konnte schon schrecklicher sein als die Wirklichkeit? Schrecklicher als die Teile ermordeter Kinder in ihr, in Jack, während Benedict

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