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Champion Jack Barron

Champion Jack Barron

Titel: Champion Jack Barron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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innere Folter.
    „Nun, ich auch nicht“, sagte er und spürte gleichzeitig, wie sein Bewußtsein sich auf die sichere Distanz der Phosphorpünktchenersatzrealität zurückzog.
    „Es ist einfach nicht richtig … es ist ungerecht …“ murmelte sie und er spürte, wie ihre Haut zusammenschrumpfte, und ihre Augen waren so kalt und so unlesbar wie Stahlspiegel.
    „Richtig, schmichtig“, sagte er. Ihr Körper war jetzt ein Gewicht kalten, unrealen Fleisches, das sich obszön an ihn preßte. „Darauf läuft alles hinaus. Aber wir stecken mitten drin.“
    Und plötzlich war die Luft im Zimmer kalt, er spürte eine Gänsehaut auf seinem nackten Körper. Sie standen auf und kleideten sich an, ohne ein weiteres Wort zu wechseln. Wie Fremde.

 
19
     
    Sara Westerfeld schluckte die Kapsel, dann setzte sie sich auf die Couch und betrachtete die Dämmerung über Brooklyn, während sie darauf wartete, daß das Acid zu wirken begann. Sollten angeblich siebenhundert Miks sein, aber es liegt schon rum, seit ich wieder bei Jack bin, ich hätte auch nie im Leben daran gedacht, es zu nehmen, bis … bis …
    Ihr Körper zitterte, obwohl es warm war wie im Juni. Tatsächlich war es zu warm, stickig und feuchtwarm wie träge blubbernde Molasse unter ihrer Haut, wie krabbelnde feuchte Dinge in ihrem Körper …
    Sie stand auf, ging zur nächstgelegenen Wandkonsole, legte einen Schalter um, woraufhin sich die Glastür zum Dachgarten öffnete. Sie stellte den Thermostat auf 70° {19} und die Luftfeuchtigkeitskontrolle auf „mitteltrocken“, dann begann das Pumpensystem damit, kühle und trockene Luft hereinzupumpen, die durch die überall an der Decke verteilten Ventile einströmte.
    Sie ging zur Wand mit dem Kommunikationskomplex, stellte das Surf-Band auf Endlosbetrieb und schaltete die Lichtorgel nur auf Grün und Blau herunter, danach nahm sie wieder auf der Couch Platz und betrachtete von neuem die Dämmerung jenseits des Flusses. Sie glich nun einer gemalten Landschaft, die von der Glasscheibe des Dachgartens, von der wirbelnden blaugrünen Surfmusik-Big-Sur-Realität im Inneren getrennt wurde.
    Sara kämpfte gegen ihren eigenen Verstand an, sie erprobte den verschwimmenden Wirbel von Musik und Farben, sie versuchte, das LSD schneller wirken zu lassen. Gute Methode, einen Horrortrip zu bekommen, dachte sie, wenn man so darauf versessen ist, daß es reinhaut … Warum habe ich eigentlich Acid geschluckt, wo Jack bald auf Sendung geht und der Echsenmann Howards sicher in seiner knochenweißen Wurmhöhle hockt und ich blutende Dinge von ermordeten Kindern in mir habe …
    Eine schwärzliche Kälte durchströmte sie (fängt das Acid an zu wirken?), als sie sich daran erinnerte, wie gedankenlos sie das LSD genommen hatte, fast, als hätte das Acid sie genommen und nicht umgekehrt, wie ein Ding, das in ihrem Inneren darauf wartet, geboren zu werden oder zu sterben, ein Ding, mit dem ihr bewußter Verstand keinen Kontakt hatte, das mittels der Reflexe ihrer Arme hinausgriff, direkt, unter völliger Umgehung der Willenskraft, um die Kapsel zu ergreifen, den Schlüssel zu seiner Freisetzung, ein Ding mit eigenen Gründen und Zielen, das dem entsprechen konnte, was sie selbst als Sara kannte, oder auch nicht, ein blinder Kapitän, der das Schiff des Selbst auf die unbekannte Reise auf dem finsteren Meer des Inneren führte, und sie wußte, das Acid begann tatsächlich zu wirken.
    Blinde Angst begann sie zu überfluten, als die Sara in ihrem Inneren sie verspottete, sie daran erinnerte, daß es zu jeder Zeit Gründe gab, Acid zu nehmen, und daß manche davon bösartiger Natur sein konnten …
    Bösartig … das Wort hatte eine archaische, ketzerische Klang-Form, wie wirbelnde schwarze Bischofsroben. Marquis De Sade finstere Dinge aus europäischen Geschichtsbüchern … Bösartig … etwas Ominöses und Schlangenglattes im bösesten Sinne des Wortes, gräßlich und schleimig, aber irgendwie überholt … Bösartig … ein Wort mit knochenweißen Krokodilszähnen, wie das Lächeln von Benedict Howards in seinem knochenweißen Tempel der Todesgottmacht … Bösartig … nasse grüne Dinge unter feuchten Steinen im blaugrünen Mondlicht, die Leichen die Lebenssäfte aussaugten, den Leichen von geschlachteten Kindern, blutend und zerfetzt … Bösartig …
    Bösartig … das Wort hatte etwas merkwürdig Altmodisches, unausweichlich und ewig wie die klamme Dämmerung über endlosen Sümpfen … Bösartig …
    Bösartig … wie

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