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Champion Jack Barron

Champion Jack Barron

Titel: Champion Jack Barron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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angetan hatte. Ich liebte diese Frau, daher werden Sie wohl entschuldigen, daß ich mehr als nur die Schuld als Ursache vermute. Sie erzählte mir, weshalb, nur wenige Augenblicke, bevor sie sprang. Sie wußte, daß er ewig so weitermachen würde, ewig leben, ewig morden, jeden kaufen, der ihm im Weg stand – oder ihn ermorden, bis … bis jemand verzweifelt genug oder dumm genug oder rechtschaffen genug sein würde, daß er sich einen Dreck um das ewige Leben scherte und es vom höchsten Berg herabschreien würde, was er tut. Sara Westerfeld starb, um mich zu dem zu überreden, was ich hier gerade tue. Sie starb für Sie alle! Wie gefällt euch das, ihr Wichser?“
    Barron sah sich selbst im milchigen Kristall der Legende eingeschlossen: das Studio, der Monitor, die Gestalten hinter der Kontrollkabine waren Dinge, die nicht existieren konnten. Was er gesagt hatte, war noch niemals in der Öffentlichkeit gesagt worden, nicht vor hundert Millionen Zuschauern. Was hier passierte, passierte normalerweise nicht einmal vor Kameras, man konnte sein Leben lang in die Röhre sehen, ohne jemals so etwas zu sehen zu bekommen.
    Aber es passierte doch, und er war derjenige, der es passieren ließ, und es war das einfachste Ding von der Welt. Geschichte, dachte er. Ich mache hier verdammte Geschichte – und es ist nichts weiter als Showbiz, nicht mehr und nicht weniger. Bilder hin und her schieben und Mythen machen …
    Er gab ein Fußsignal und gab Howards damit wieder den Viertelschirm, doch Howards war so erstarrt und still wie ein Foto, obwohl Vince auch seinen Ton wieder zugeschaltet hatte.
    „Nur zu, Howards“, sagte er, „Ihre große Chance ist gekommen, den Rest zu erzählen. Sagen Sie allen, warum Sie Sara Westerfeld unsterblich gemacht haben, und sagen Sie ihnen auch, wen Sie sonst noch unsterblich machten. Nur zu, die Zeit des Zurückschiagens ist gekommen, nicht wahr?“
    Howards blieb stumm, er schien nicht mal mehr zuzuhören. „30 Sekunden“ war auf der Anzeige zu sehen. Seine leeren Augen überblickten die öde Landschaft seines Inneren. Barron wußte, er hatte ihn vorbereitet, und er blutete bereits – und nach dem Werbespot würde er ihn vollends abmurksen.
    „Na gut“, verkündete Barron mit einer Stimme, so scharf wie eine Rasierklinge, „dann werd’ ich es ihnen eben erzählen!“ Er griff in seine Tasche und holte wieder dasselbe leere Papier hervor.
    „Seht ihr das, Leute? Das ist ein Gefriervertrag, aber ein ganz besonderer Gefriervertrag. Er besagt, daß der Klient von der Stiftung für Menschliche Unsterblichkeit unsterblich gemacht werden wird …“
    Er verstummte und schwenkte das Papier wie ein blutiges Banner vor der Kamera.
    „Das ist mein Vertrag“, sagte er.
    Und die Anzeige verkündete „Nicht mehr auf Sendung“.
     
    Der Werbespot begann, und Barron konnte hinter dem Fenster der Kontrollkabine die Verwirrung sehen, den Hauch des Todes, Vinces Gesicht schien zehn Jahre gealtert, als er heraussah, um dann über den Interkomkreis zu sagen:
    „Jack, was machst du …“
    „Laß mich auf Sendung, Vince“, sagte Barron.
    „Was, zum Teufel, geht hier vor? Bist du dir eigentlich im klaren darüber, was du tust?“
    Ob mir klar ist, was ich tue! dachte Barron. War mir vor heute nacht auch nur ein einziges Mal klar, was ich tat?
    „Laß mich nur auf Sendung, Vince“, wiederholte Barron. „Und sieh verdammt noch mal zu, daß Howards in der Leitung bleibt.“
    Gelardi zögerte, und Barron konnte den Schmerz in seinem Gesicht sehen, als er sagte: „Die Bosse der Sendeanstalt laufen Amok. Du hast ihnen die größte Verleumdungsklage der Geschichte an den Hals gehängt. Sie befahlen mir, dich abzuschalten. Tut mir leid …“
    „Das ist meine Show, Vince!“ brüllte Barron. „Und diesen Wichsern kannst du sagen, sie sollen verduften! Und du kannst ihnen auch sagen, daß jedes Wort, was ich gesagt habe, stimmt, und der einzige Weg, eine Verleumdungsklage zu vermeiden, ist es, mich auf Sendung zu lassen, damit ich es beweisen kann.“
    „Das ist ein verdammt schmutziges Geschäft“, meinte Gelardi, als die Anzeige auf „60 Sekunden“ umsprang.
    „Es ist eine verdammt schmutzige Welt“, korrigierte Barron und unterbrach die Interkomverbindung.
    Wie macht sich das für den alten Machtjunkie, dachte Barron. Benedict Howards hat völlig den Verstand verloren, und ich habe ihn auf meinem Grund und Boden gefangen, wo ich die Regeln mache, die ich jederzeit auch wieder verändern

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