Chancen, Risiken, Folgen 3
Folter. Schleppend verrinnt das Abendessen, quälend langsam das folgende Programm. Ich sitze neben ihm und meine Finger wollen stets zu ihm rüber, irgendetwas von ihm berühren, und sei es nur der Stoff seiner Hose, doch ich traue mich nicht.
Nach einem Drink, diesmal in dem Nachtclub ‚Prestige‘, der im Stil der Goldenen Zwanzigerjahre eingerichtet ist, ist es endlich soweit: Agnes verabschiedet sich und Bernhard gähnt.
„Wollen wir auch schlafen gehen?“, frage ich hoffnungsvoll.
Er nickt, springt auf und zwei Minuten später befinden wir uns in der Kabine, wo es Bernhard ist, der wie ein Verhungerter über mich herfällt.
In dieser Nacht verpasst er mir den besten Blowjob meines Lebens. Ich kann mich nicht überwinden, es ihm mit gleicher Münze zu vergelten, doch es scheint ihn nicht zu stören, dass ich nur meine Hand zum Einsatz bringe.
„Morgen landen wir wieder in Santa Cruz.“ Agnes seufzt und greift nach einem Brötchen. „Echt schade, es fing gerade an, richtig gut zu werden.“
Daran, dass diese Kreuzfahrt bald ein Ende hat, habe ich überhaupt nicht mehr gedacht und nun schwebt es wie ein Damoklesschwert über mir. Was wird danach sein? Bernhard hat einen Partner, der auf ihn wartet, ich habe nichts mehr. Mein Blick wandert zu Simone, die ein paar Tische weiter mit ihrem Lover flirtet. Nein, ich vermisse sie nicht.
Der Tag vergeht wie schon die davor mit ein wenig Tennis, Faulenzen und den üblichen Mahlzeiten. Ich kann heute alles nicht richtig genießen und muss immer wieder daran denken, dass morgen alles vorbei ist. Nach dem Mittagessen fällt das Schäferstündchen von Bernhard und mir vielleicht deshalb ins Wasser, ich bin einfach nicht in Stimmung.
Es bleibt bei ein paar sanften Küssen, während wir Händchen haltend auf dem Bett liegen. Ich würde Bernhard so gerne fragen, wie es weitergeht, ob es weitergeht, ob sein Partner denn damit einverstanden ist, dass er fremdgeht, doch ich bringe es nicht übers Herz.
Dass er wie ich in Hamburg wohnt, lässt mich hoffen, dass wir uns wieder begegnen werden, doch unter welchen Umständen? Als platonische Freunde?
Die Furcht vor der anstehenden Trennung macht mein Herz ganz schwer und lässt mich den Rest des Tages wie im Nebel erleben. Auch Bernhard wird von Stunde zu Stunde stiller. Agnes’ Blick wandert immer wieder nachdenklich von ihm zu mir, doch sie tut so, als wäre alles in Ordnung.
Die Abschiedsshow an diesem Abend nehme ich kaum wahr, nur der Mann neben mir fesselt meine Aufmerksamkeit. Ich streichle ihn heimlich mit Blicken, präge mir sein Gesicht ein, fühle in Gedanken seine Küsse, seine Hände auf mir. Es kommt mir fast vor wie eine Beerdigung, vielleicht ist es das auch. Ich begrabe meine aufkeimende Liebe und alle Hoffnungen, klappe den Sargdeckel zu, doch dieser springt immer wieder auf.
Als die Show endlich vorbei ist, steht Bernhard auf, schaut auf mich runter und murmelt: „Ich geh schon mal schlafen. Bis später.“
Verwundert gucke ich ihm hinterher, wechsle einen Blick mit Agnes, die die Achseln zuckt.
„Ich bin mit Simone im ‚Prestige‘ verabredet. Magst du mitkommen?“
Traurig schüttle ich den Kopf, wünsche ihr viel Spaß und verlasse den Saal. Durch die leeren Gänge laufe ich bis zum Hinterdeck.
Ich stehe an der Reling und glotze nach unten. Die Gischt spritzt hoch, dort, wo die Schiffsschraube sie aufwühlt. Etwas Ruhe kehrt in mir ein, doch ich weiß noch immer nicht, wie ich diesem wahnsinnig bohrenden Schmerz in meinem Inneren begegnen soll. Bernhard ist vergeben, das hat er mir gleich zu Anfang gesagt, dennoch hat er mein Herz an sich gerissen und im Sturm erobert. Wie konnte er nur?
Klar, ich habe es ihm leicht gemacht, ihn beinahe dazu gezwungen. War ich es doch, der unseren ersten sexuellen Kontakt forciert hat. Ich könnte mich dafür jetzt ohrfeigen, aber solche Ideen sind natürlich sinnlos. Ich seufze tief und der Wunsch, mich in eine Ecke zu verkriechen und laut loszuheulen, wird immer stärker.
„Cord? Alles klar bei dir?“
Agnes’ Stimme reißt mich aus den trübsinnigen Betrachtungen. Sie tritt neben mich, schaut runter und schlingt erschauernd die Arme um ihren Oberkörper.
„Du willst da aber nicht runterspringen, oder?“
Ertappt. Ich schweige, was soll ich auch sagen?
„Warum bist du nicht bei Bernhard?“, fragt sie leise.
Ich zucke mit den Schultern.
„Du liebst ihn doch, nicht wahr?“
Nach einem Moment des Überlegens nicke
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