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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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als alles was er bisher durchleben musste. Und wenn sich Luzifer deinen Mike aneignet, um ihn gegen Aiden einzusetzen, dann…“
    „Das kann er nicht!“, unterbrach ich Rafaels Redeschwall, überrascht darüber, dass Gabriel ihm tatsächlich etwas vorenthalten hatte.
    „Nicht?“, fragte der Erzengel verunsichert nach. Seine Miene zeigte ehrliches Erstaunen. Ich nickte bedächtig, überlegte, ob und wie ich es ihm erklären sollte.
    „Luzifer kann Mike nicht gegen Aiden einsetzen.“, antwortete ich schließlich schlicht, ohne Rafael mitzuteilen, warum genau dies der Fall war. Doch der Engel schien auch so zu verstehen.
    „Vielleicht kann er ihn nicht aktiv einsetzen – aber dafür umso besser passiv. Und dann wird ihm vielleicht auch dein Werk auffallen, was dein Ende bedeuten würde. Du musst vorsichtig sein, obwohl du nun nichts mehr verändern kannst.“
    Ich stutzte, erkannte schließlich, dass er Recht hatte. Diesen Aspekt hatte ich nie bedacht, doch er barg genug Potential, Aiden völlig zugrunde zu richten. Ich biss mir auf die Unterlippe, dachte nach.
    „Ich kann dir nicht weiter helfen. Es kann sein, dass du richtig gehandelt hast – aber es ist zu gefährlich und ich darf mir eigentlich kein Urteil erlauben, das wäre Blasphemie. Daher werde ich dich nicht unterstützen, wenn es darauf ankommen sollte. Nur, damit du weißt, wie ich zu dir stehe.“, meinte Rafael nach einiger Zeit stillen Beisammenseins. Der Engel sah unglücklich aus, seine Augen ähnelten tiefen Winterseen. Kalt, grau, undurchdringlich tief. Ich sah ihm in die Augen, nickte dann. Ich war ihm dankbar für seine Worte, zeigten sie mir doch, dass er mich trotz allem nicht dafür verurteilte, was ich tat.
    „Bitte verzeih mir.“, flüsterte er zum Abschied, bevor er sich mit Flügeln, die für Menschenaugen unsichtbar waren, emporschwang.

22. Kapitel
     
     
    Mai 1994 - Aiden
     
     
    Ein Versprechen nicht einlösen zu können, fühlte sich schrecklich an. Ein Versprechen nicht einlösen zu können, das man der Person gegeben hatte, die einem alles bedeutete, fühlte sich noch schrecklicher an. Doch am furchtbarsten war es immer noch, selber der Grund zu sein, warum man die Beteuerung nicht einlösen konnte, obwohl man es doch wollte. Wenn der eigene Körper zu schwach war, der eigene Wille zu unstet, um die Kraft dafür aufzubringen, für die Erfüllung des gegebenen Wortes zu kämpfen.
    Natürlich hatte ich gewusst, dass es schwer werden würde, mit dem Koksen aufzuhören. Obwohl ich noch nicht allzu lange abhängig von dem Stoff war, konnte ich bereits nach so kurzer Zeit nicht mehr ohne. Zuallererst hatte ich versucht, meinen Verbrauch herunterzufahren und wirklich nur darauf zurückzugreifen, wenn ich am Wochenende ungestört war oder eine grausame Erinnerung mich quälte und ich Vergessen suchte.
    Soweit war diese Methode auch erfolgreich. Ich fühlte mich die Woche über tatsächlich „clean“, wenn ich bei Burger King arbeitete und mich dadurch gut ablenken konnte – ich war stolz, etwas erreicht zu haben. Doch es war nur ein Scheinerfolg, denn ich spürte, wie das Verlangen, wieder zum Koks zu greifen, immer stärker wurde. Und der Gedanke, dass ich bald wieder Stoff besorgen konnte um zu konsumieren, beruhigte mich nur wenig. Trotz dass ich meine Schwäche und Abhängigkeit zu hassen begonnen hatte, da mir nun erst wirklich auffiel, wie erbärmlich ich doch war, betrachtete ich das Koks als meine Eintrittskarte in eine Welt, in der ich den Problemen entfliehen konnte.
    Ich wusste, dass ich mit dem Stoff immer eine Möglichkeit in der Hinterhand hatte, um einerseits zu vergessen, andererseits aber auch mein Leben, sollte es je wieder so schlimm werden wie vor einem knappen Jahr, zu beenden. Im Moment kam das für mich zwar nicht mehr in Frage, aber das bloße Wissen gab mir eine trügerisch-provozierende Sicherheit.
    Mein Verlangen, damit aufzuhören und auf diese Sicherheiten zu verzichten, war dementsprechend sehr klein. Ich verzichtete darauf, in der Nähe anderer Menschen zu koksen und zog mich meist irgendwohin zurück, wo ich allein war. Doch einmal erwischte mich Mike, wie ich mir gerade eine Linie gezogen hatte und anschließend mit hektischem Blick in einer Ecke meines völlig zugemüllten Zimmers saß.
    Ich hatte keine Ahnung, wo er hergekommen war und wie er es geschafft hatte, ohne zu klingeln und mich dadurch zu warnen, das Haus zu betreten, zumal meiner Erinnerung nach außer mir niemand zu Hause sein

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