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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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du aufhörst. Bitte!“
    Ich erstarrte völlig. Seine Worte trieben mir Tränen in die Augen. Noch nie hatten mich Worte so intensiv berührt, wie es Mikes in diesem Moment taten. Und er steigerte diese Wirkung sogar noch.
    „Du brauchst sie nicht. Du bist stärker. Und du hast mich.“
    Als ich den Inhalt seiner gewisperten Worte realisierte, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie flossen nass von meinen Wangen und tropften auf Mikes Shirt, das ich angezogen hatte, obwohl es mir zu groß war.
    „Oh Gott, Mike!“, brachte ich atemlos heraus.
    Ich wusste nicht, warum ich heulte. Ob es aus Trauer war, aus Erleichterung, aus Rührung, aus Freude. Es war mir auch egal, dass ich schon wieder weinte wie ein Mädchen. Vielleicht tat ich es auch, weil ich mich jetzt wieder an die seltsame Vision erinnerte – wie Mike mit mir sprach, mich anschrie, mich verwirrte. Und wie er mich bat, mit dem Konsumieren von Drogen aufzuhören. Gestern hatte ich ihm keine explizite Antwort gegeben. Heute würde ich nicht darum herum kommen. Ich musste, sonst würde ich den Schwarzhaarigen, der mir sanft die Tränen wegstrich und mich vorsichtig auf die Lippen küsste, verletzen.
    Mein lautloses Weinen steigerte sich in ein immer noch stummes Schluchzen, meine Schultern bebten und ich schlang die Arme um Mikes Körper, um mich festzuhalten. Er tat es mir nach. Umfasste mich, wärmte mich. Und noch immer berührten sich unsere Lippen, noch immer waren wir in unserem Kuss gefangen.
    Ich wusste nicht, wie lange dieser Zustand anhielt.
    Doch schließlich trennten wir uns wieder ein Stück voneinander, unsere Blicke fest ineinander verhakt.
    Schließlich rang ich mir die Worte ab, die er hören wollte, wohl wissend, dass er sich immer durchsetzen würde. Und genau deswegen konnte ich es auch durchaus schaffen, aufzuhören zu koksen, obwohl ich noch große Zweifel diesbezüglich hatte.
    „Ich werde es versuchen – aber ob ich es schaffen kann, ob ich stark genug bin – das weiß ich nicht.“
    „Du wirst es schaffen“, beschwor Mike schlicht, sah mich überzeugt an.
    Und seltsamerweise wollte ich ihm sogar glauben.

21. Kapitel
     
     
    Mai 1994 - Michael
     
     
    Aiden hatte Mike ein Versprechen gegeben, das zu erfüllen sehr schwer werden würde. Das Versprechen, mit dem Koksen aufzuhören. Einen Entzug durchzuziehen, selbstständig, aus eigenem Antrieb. Ein nobler Plan – doch fast nicht zu verwirklichen. Nicht ohne Hilfe – das musste Aiden auch erkennen.
    Tage, Wochen und Monate verstrichen, ohne dass Aiden es länger als eine Woche schaffte, dem Stoff fernzubleiben. Jeder Versuch endete in einem Rückfall, weil der abhängige Jugendliche einfach nicht von dem Koks wegkam, immer und immer wieder mit dem Stoff konfrontiert wurde – Aufhören war somit unmöglich.
    Mike jedoch, der selber nie in einer vergleichbaren Situation gewesen war, konnte nicht nachvollziehen, warum Aiden immer wieder zum Koks griff. Er verzweifelte, verlor langsam aber sicher die Geduld. Es sollte nicht lange dauern, bis Mike nicht mehr stillschweigend zusehen würde.
    Ich sah Probleme auf die beiden zukommen – doch diesmal konnte ich nicht mehr helfen, da sich meine eigene Situation ebenfalls zuspitzte.
    Es hatte verhältnismäßig lange gedauert, bis ich dem Nächsten der Erzengel begegnete. Diesmal war es Rafael, der mich mit seiner Anwesenheit beehrte – und schon nach wenigen Sekunden wusste ich, dass er bereits von Gabriel informiert worden war. Das war an sich schlecht, da es mir verdeutlichte, dass es mehr als einen Mitwisser gab – andererseits hoffte ich, dass Rafael und Gabriel ihr Wissen  nicht zu höheren Stellen weitergeleitet hatten.
    „Ich will dich warnen.“, waren die ersten Worte, die Rafael, der mir in Gestalt eines Punkers mit einem stacheligen Kamm blauer Haare erschien, an mich richtete, ohne jegliche Begrüßung. Ich sah ihn nur verwundert an, wusste nicht, auf was genau er hinauswollte.
    „Luzifer wird die Wette nicht verlieren wollen. Auf keinen Fall. Er weiß momentan noch nicht, warum seine Strategie nicht die Erfolge bringt die er erhofft, aber er wird es sicher herausfinden.“, erklärte Rafael, fing meine Aufmerksamkeit mit einem Blick ein, welcher mir sagte, dass ich ihm besser zuhören sollte. Genau das tat ich auch.
    „Er wird seine Strategie überdenken und ändern. Und du hast ihm die perfekte Waffe in die Hand gedrückt: diesen Mike. Aiden ist so von ihm abhängig, dass ein Verlust schlimmer wäre

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