Chaplins Katze, Clintons Kater
friedvoller Gemeinschaft mit Pluto, seinem »Lieblingstier und Spielgefährten«. Aber nach einigen Jahren bewirkt »der Teufel Alkohol« eine radikale Veränderung in Plutos Herrchen.
Täglich wird er »launischer, reizbarer und rücksichtsloser gegen die Gefühle anderer«. Er vernachlässigt seine anderen Tiere – den Hund, die Kaninchen und den Affen. »Doch meine Krankheit gewann immer mehr Gewalt über mich – denn welche Krankheit ist dem Alkohol zu vergleichen! –, und mit der Zeit bekam auch Pluto, der nun alt und daher etwas mürrisch wurde, die Folgen meiner schlechten Laune zu spüren.« Die Grausamkeiten nehmen überhand und wir wollen die Sache kurz machen, wenn die Geschichte auch im Vergleich zu den Grausamkeiten, die Katzen in alten Zeiten und en masse zu erleiden hatten, vergleichsweise milde ist, ganz zu schweigen von den Grausamkeiten, die auch heute, in unseren ach so aufgeklärten Zeiten, satanische Kulte Katzen noch antun. Jedenfalls packt der betrunkene Ich-Erzähler eines Tages Pluto beim Kragen und sticht ihm mit dem
Taschenmesser ein Auge aus und erhängt ihn bald darauf.
Aber die Gerechtigkeit siegt auf geheimnisvolle Weise und unerbittlich. Sie erscheint in Gestalt einer zweiten Katze –
einer schwarzen Katze natürlich, mit einem weißen Fleck, der an die Form eines Galgens erinnert –, was das Ende des Erzählers vorausahnen lässt. Beim Versuch, diese Katze zu erschlagen, fällt ihm seine Frau in den Arm und er tötet sie.
Diese Katzengeschichte lebt auch in der Kunst weiter: Eine Ausgabe von 1895 ist wunderbar von Aubrey Beardsley illustriert. 1934 wurde die Geschichte von Universal Pictures verfilmt. Die Rolle des Mörders spielte Bela Lugosi (der Schäferhunde hatte).
Poe trank unmäßig, und sein Tod im Alter von vierzig Jahren trat ein, »nachdem er sich dazu hatte hinreißen lassen, zu viel Alkohol zu sich zu nehmen«. Selbst in nüchternem Zustand war wohl sein Hirn alles andere als normal, eher ein Tummelplatz der seltsamsten Halluzinationen und Gedanken über die finstersten Verbrechen. »Ich wurde wahnsinnig«, schrieb er einmal, »mit Zwischenspielen Grauen erregender Normalität.«
Er hatte eine buntscheckige Ahnenreihe. Seine Eltern (eine irisch-italienisch-normannisch-schottische Mischung) waren beide Schauspieler und starben, als er noch sehr klein war. Er wurde von reichen Verwandten adoptiert, deren Freundlichkeit er kaum ertragen konnte. Sie ermöglichten ihm eine gute Schulbildung, zunächst in England, dann auf einer amerikanischen Privatschule und schließlich ein Jahr an der Universität von Virginia. Aber Poe hatte eine
Auseinandersetzung mit seinem Ziehvater, lief von zu Hause fort und ging zum Militär. Sein Ziehvater verzieh ihm und rettete ihn aus dem Soldatenleben.
Wie Byron (und dann doch ganz anders) ging er 1830 nach Europa, um für die Freiheit Griechenlands zu kämpfen.
Stattdessen zog er dann aber ein ganzes Jahr ziellos durch Europa, kam nach Russland, geriet dort in Schwierigkeiten und landete im Gefängnis. Der amerikanische Konsul erwirkte seine Freilassung und er wurde nach Amerika abgeschoben, wo er – ausgerechnet – in die Militärakademie von West Point eintrat. Dort hielt er es immerhin zehn Monate lang aus, ehe er wegen »Ungehorsams und Vernachlässigung seiner Pflichten«
von der Akademie verwiesen wurde. Er beschloss, sich von nun an ausschließlich dem Schreiben zu widmen. Um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nahm er
Redakteursposten an, konnte es aber wegen seiner »unsteten Lebensgewohnheiten«
– Trinken und unglückliche
Liebesgeschichten – nirgends lang aushalten.
Es gab eigentlich zwei Poes. Diejenigen, die er liebte (zumeist Frauen), beschrieben ihn als »sanft, liebevoll, zuvorkommend und hingebungsvoll«. Andere, die ihm zufällig im falschen Augenblick über den Weg gelaufen waren oder die er kritisch sah, fanden ihn »reizbar, arrogant, egozentrisch, finster, aufmüpfig und prinzipienlos«.
Frauen waren für Poe der Inbegriff der Schönheit, Güte, Reinheit und Liebe. Nach dem Tod der armen Virginia stürzte er sich in einige romantische Abenteuer. Die Gedichte, die er diesen Frauen schrieb, sind in »Anfällen platonischen Liebeswahns« entstanden.
Sarah Helen Whitman, eine dieser Frauen, verlobte sich in Poes Todesjahr mit ihm. Für sie schrieb er: ›An Helen‹ mit den unvergesslichen Zeilen:
Deine Schönheit ist für mich
Wie einstmals Ufer von Nizea
Deine Aura von Najaden brachte
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