Chaplins Katze, Clintons Kater
ihrer engsten Freunde war später der legendäre Benjamin Jowett vom Baliol College in Oxford, dem sie bei seiner Übersetzung von Platos
›Republik‹ half. (Gesittete Mädchen konnten früher Griechisch und hielten Katzen; allerdings gingen sie nicht gegen den Willen ihrer Familie auf die Krim.) Nach vielen Gesprächen mit Jowett veröffentlichte sie einen Artikel mit dem wunderbar zeitgemäßen Titel »Was wird im Jahr 1999 unsere Religion sein?«.
Es ist eigentlich nicht fair, sich so ausschließlich auf Nightingales Tierliebe zu konzentrieren, denn ihre unglaubliche Energie und ihre Persönlichkeit und ihr trauriges Schicksal sind allein schon überaus bemerkenswert. Aber ihre enge Beziehung zu den Katzen taucht so oft in ihren Schriften auf – so wie zum Beispiel in dem Brief an eine Freundin, in dem sie schreibt, sie habe ein Geschenk »mit dem stolzen Dankesschnurren« empfangen, »wie es sonst nur der beste Fisch einer Katze entlocken kann«.
Ihre Mutter, die sie während einer ihrer vielen Krankheiten besuchte, beschrieb die Szene: »Im Zimmer befanden sich mehrere Katzen, eine lag Florence auf der Schulter.«
Einmal waren die Kinder ihres guten Freundes, des Dichters Arthur Hugh Clough, bei ihr zu Besuch, und Nightingale beschrieb in einem Brief an die Frau des Dichters den Besuch einer der Söhne in ihrem Zimmer:
Er kam mich in seinem Flanellmorgenmantel besuchen.
Niemand hatte mich auf seine Königliche Hoheit vorbereitet.
Er saß ganz aufrecht da, sagte aber kein Wort, weder Gutes noch Schlechtes. „Die Katzen stürzten sich auf ihn. Er streckte seine Hand mit herablassender Würde aus und streichelte sie… und sie reagierten mit unterwürfiger Dankbarkeit, waren von der jungen Majestät offensichtlich beeindruckt…
Nicht nur die Katzen hatten es Nightingale angetan. 1849
unternahm sie eine Reise nach Ägypten, die eigentlich als unterhaltsames Abenteuer geplant war. Sie war aber ständig angespannt und stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
Ihre geheimen Ängste notierte sie in ihrem Tagebuch.
Linderung verschaffte ihr nur die Gesellschaft von Tieren. Am Nil fand sie zwei kleine Chamäleons, die auf ihrem Bett schliefen. Sie konnte sie nicht behalten und schrieb, wie schwer ihr der Abschied fiel, »weil ihre Gesellschaft so angenehm war«. Die nächsten Gefährten auf dieser Reise waren eine Zikade namens Plato und zwei Schildkröten, Mr und Mrs Hill, die nach zwei Athener Missionaren benannt waren.
In Athen rettete sie in der Nähe des Parthenons auch eine kleine Eule vor ein paar griechischen Jungen. Die Eule, die sie Athena nannte, war begreiflicherweise ziemlich wütend, und den Erzählungen einer guten Freundin zufolge, musste Florence Hypnose anwenden, ehe Athena in einen Käfig zu bekommen war. Aber dann wurde sie sehr anhänglich und reiste überallhin in der Manteltasche ihres Frauchens mit.
In Prag hat Athena Plato gefressen. So ist das Leben. Auch Athena lebte nicht ewig. Fünf Jahre später, als Nightingale gerade zu ihrer berühmten Krim-Mission aufbrechen wollte, vergaß man Athena auf dem Speicher und sie starb. Als man Nightingale das leblose Tier reichte, brach sie in Tränen aus –
die einzigen Gefühle, die sie am Vorabend dieser sensationellen Abreise zeigte.
»Armes kleines Tier«, hörte ihre Schwester sie sagen.
»Seltsam, wie sehr ich dich geliebt habe.«
Florence verfügte über die hervorragende Begabung, Tiere zu hypnotisieren, und konnte zu ihnen viel intensivere Beziehungen aufbauen als zu Menschen. Sie versuchte ganz bewusst, Menschen aus ihrem Leben auszugrenzen und mit ihnen Liebe, Ehe, sogar Freundschaft. Als sie und ihre Familie und ein treuer Verehrer (den sie verschmähte) nach Oxford zogen, beschreibt sie eine Begegnung mit einem Bärenjungen im Haus des berühmten Naturforschers Professor Buckland vom Christ Church College. In seinem Zuhause liefen die Tiere frei herum und Florence lud einen drei Monate alten Bären ein, das Mittagessen mit ihnen einzunehmen.
Er kletterte wie ein Eichhörnchen auf die Butter auf dem Tisch zu… die ihm zu Kopfe stieg und ihn ziemlich frech machte. Mr Buckland setzte seinen Doktorhut auf und zog seinen Talar an und schalt den Bären aus. Da wurde er gewalttätig und musste in Schimpf und Schande aus dem Zimmer entfernt werden.
Als wir herauskamen, stürmte er immer noch auf den Hinterbeinen hin und her und heulte wild – gestikulierte und schimpfte. Ich redete mit ihm, aber Papa zog mich weg, weil er
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