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Charles

Charles

Titel: Charles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Macomber
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Richtung Bibliothek. Scott schwang sich auf sein Rad und fuhr hinterher, nachdem er Charles zugewinkt hatte.
    Als dieser ihnen nachblickte, krampfte sich sein Herz zusammen. Sawyer konnte sich wirklich glücklich schätzen, denn er bekam gleich zwei Kinder, wenn er Abbey heiratete.
    Sobald Charles wieder im Haus war, klingelte das Telefon. Es war Lanni, die ihm mitteilte, dass Sawyer zurück sei und sie jetzt das Büro verlassen könne. Charles holte sie kurz darauf von Catherine Fletchers Haus ab. Als er mit ihr die Straße entlangfuhr, die von Hard Luck Richtung Norden führte, fühlte er sich so unbeschwert wie schon lange nicht mehr.
    „Sie sagten, dass Ihr Großvater in dem Claim nach Gold gesucht habe“, meinte Lanni im Plauderton.
    Charles stellte zufrieden fest, dass sie sich umgezogen hatte und dem Anlass entsprechend Jeans, eine langärmelige Bluse und Boots trug. Er hatte zwar Insektenspray wegen der Mücken mitgenommen, aber damit konnte man die aufdringlichen Biester nur auf Distanz halten.
    „Mein Großvater Adam und seine Frau Anna haben sich Anfang der dreißiger Jahre in Hard Luck niedergelassen. Wie Tausende von Männern und Frauen vor ihnen kamen sie auf der Suche nach Gold.“ Es sollte nicht poetisch klingen, doch er hatte die Geschichte so oft gehört, dass er sie nun genauso erzählte wie damals seine Großmutter. „In den Minen bei Fairbanks hat man mit Baggern große Mengen Gold gefördert. Ich erinnere mich nicht mehr an die genaue Summe, aber innerhalb von vier oder fünf Jahren hat man mit einem Bagger Gold im Wert von mehr als zehn Millionen Dollar gefördert. Und zu der Zeit betrug der Preis für eine Unze fünfunddreißig Dollar.“
    „Man sollte annehmen, dass das reicht.“
    „Mein Großvater wurde vom Goldrausch gepackt, als er auf einem dieser Bagger arbeitete. Aber er war davon überzeugt, dass die Hauptader weiter nördlich lag. Er hoffte, eines Tages das große Geld zu machen.“
    „Und hat er es geschafft?“
    Charles seufzte. „Er hat etwas Gold gefunden, aber nie die große Ader, von der er geträumt hatte. Allerdings hat er etwas anderes gefunden, das viel mehr wert war. Er hat eine Stadt gegründet und eine Gemeinde geschaffen, die stetig gewachsen ist. Ohne es zu wollen, hat mein Großvater das Leben von Generationen nachhaltig beeinflusst.“ Er machte eine Pause und fragte sich, ob er noch mehr erzählen sollte. „Ich glaube, dass die Goldader, von der er geträumt hat, existiert. Doch jetzt wird einer seiner Nachkommen sie finden.“
    Als die Straße endete und sie durch die Tundra fuhren, verlangsamte Charles das Tempo. Es handelte sich um eine unbefestigte Piste, die selbst er kaum erkannte. Schließlich fuhr er nur zweioder dreimal im Jahr zu dem Claim.
    Bald war das Geräusch von fließendem Wasser zu hören. Lanni blickte ihn fragend an.
    „Das ist der Koyukuk“, erklärte er.
    „Koyukuk“, wiederholte sie. „Das klingt, als würde man sich räuspern.“
    Charles lachte. „Ich glaube, es ist ein Wort aus der Sprache der Athapasken. Sie haben wahrscheinlich noch nie davon gehört, aber es ist der drittlängste Fluss in Alaska. Er ist über fünfhundertfünfzig Meilen lang.“
    „Der längste ist wohl der Yukon.“
    „Stimmt. Er ist dreimal so lang.“
    „Ganz schön beeindruckend.“
    Charles warf ihr einen Seitenblick zu. Er hatte das Gefühl, als wüsste sie das alles bereits. „Ein indianischer Freund von mir lebt hier in der Nähe. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn wir mal bei ihm vorbeischauen. Fred ist Trapper, und ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen.“
    „Von mir aus gern“, erwiderte sie.
    Er lächelte ihr zu. Für ihn war es etwas ganz Natürliches, mit Lanni zusammen zu sein. Als er am Morgen mit ihr gesprochen hatte, war er furchtbar nervös gewesen. Das war mittlerweile nicht mehr der Fall.
    Bald darauf erreichten sie Fred Susitnas Blockhaus, ein verwittertes Gebäude, das im Gebüsch versteckt lag. Über die halbe Vorderseite erstreckte sich eine Veranda mit einem Blechdach, und an der Dachkante hingen an Haken mehrere Laternen.
    Kaum hatte Charles den Motor abgestellt, tauchte Fred schon auf. Er hatte ein wettergegerbtes Gesicht und lächelte strahlend. Charles kam bereits seit Jahren gelegentlich unangemeldet bei ihm vorbei, und sein Freund schien überhaupt nicht zu altern. Er konnte fünfzig oder auch sechzig sein.
    „Willkommen, mein Freund.“ Fred umarmte Charles, als wären seit seinem letzten Besuch nicht

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